Quietschende Reifen, laute Motoren: Versmold nimmt Autoposer ins Visier

Versmold. In einem gemeinsamen Antrag haben SPD und Bündnis 90/Die Grünen das Thema auf die Tagesordnung des Stadtrates setzen lassen. Normalerweise beraten zunächst die zuständigen Fachausschuss inhaltlich. Warum in diesem Fall ein anderer Weg gewählt worden war, erklärte SPD-Fraktionschef Patrick Schlüter mit der Dringlichkeit, die aus seiner Sicht bestehe. Denn das Problem zu schnell und rücksichtlos fahrender Verkehrsteilnehmer in der Innenstadt verschärfe sich zunehmend. "Wir haben jetzt eine sehr lange Pause, und deshalb ist es so wichtig, dass hier heute zu diskutieren", sagte er mit Blick auf die bevorstehende etwa zweimonatige Ferienzeit am Sitzungstisch. "Der Vorstand der IGEV teilt unsere Analyse", meinte Schlüter weiter und berichtete aus einem Gespräch. Ziel der Umgestaltung sei gewesen, die Aufenthaltsqualität in der Innenstadt zu verbessern. Dass der aufgewertete Rathausplatz nun belebt sei, darüber freuen sich SPD und Grüne. Problematisch ist ihrer Meinung nach der Straßenraum ohne erkennbare Grenze zwischen Fahrbahn und Gehwegbereich, was regelmäßig dazu führe, dass Autos im Begegnungsverkehr den Fußgängern ziemlich nahe kämen. "Viele Menschen, die zu Fuß oder mit dem Fahrrad unterwegs sind, teilen diese Einschätzung", so Patrick Schlüter. Ergänzend dazu meinte Henry Lucas Lohmann (FDP): "Wir dürfen auch die E-Bike-Fahrer nicht aus den Augen verlieren." SPD-Frau Corinna Lüker führte eine Situation an, die regelmäßig im Bereich des Kirchplatzes vorkomme. "Leute, die auf der Bank sitzen, müssen die Füße einziehen, weil Autos auf den Gehweg ausweichen." Ein Zustand, den SPD und Grüne nicht hinnehmen möchten, und Lösungen fordern, den Verkehr zu beruhigen. Das Büro der Grünen liegt mitten in der Innenstadt; von dort aus haben die Mitglieder gute Sicht aufs Verkehrsgeschehen auf der Münsterstraße. "Wir sehen dringenden Handlungsbedarf", untermauerte Hans Kahre, wenngleich der Rat nicht der richtige Rahmen sei, Einzelheiten oder Maßnahmen zu diskutieren. Ordnungsamt und Polizei haben Auge auf Autoposer Abends, aber auch tagsüber würden inzwischen Geschwindigkeiten gefahren, "die wir vorher in keinster Weise hatten", so Hans Kahre. Gerade in den Abendstunden sei zu beobachten, dass Wagen mit quietschenden Reifen vom Rathausplatz Richtung Marktplatz losführen. Tatsächlich scheint der Bereich rund ums Rathaus beliebter Treffpunkt zu sein, das eigene Auto zur Schau zu stellen. Das bestätigte Bürgermeister Meyer-Hermann, der von Autoposern sprach: "Wir haben das zusammen mit der Polizei auf dem Schirm." Ordnungsamtsleiter Sven Rabaschus berichtete, dass man diesbezüglich bereits Bußgelder verhängt habe, weil durchdrehende Reifen die Fahrbahn verschmutzten. Auch laufenden Motoren gehe der Ordnungsamtsaußendienst nach. Gerade freitags und samstags sei dieses Phänomen in der Innenstadt zu beobachten. "Wir können aber nicht überall sein", sagte Sven Rabaschus. Kaufleute beschweren sich über Dauerparker Neben der Geschwindigkeit führten SPD und Grüne ein weiteres "massives Problem" an: die Dauerparker. Laut IGEV würden viele Stellplätze durch Anwohner und Mitarbeitende viel zu lange belegt werden. Patrick Schlüter forderte deshalb "eine höhere Kontrollfrequenz". Das Ordnungsamt kontrolliere "im Rahmen seiner Möglichkeiten", informierte Sven Rabaschus. Zum Ende des Jahres sei personell wieder mehr möglich, stellte er eine Besserung in Aussicht. Dass, wie von der IGEV geschildert, gar keine Knöllchen mehr verteilt werden, sei nicht richtig. "Wenn wir nicht regelmäßig kontrollieren können, dann können wir auch zur Tempo-7-Zone zurück", meinte Patrick Schlüter. Seinerzeit war sie aufgegeben worden, weil Parkraumbewirtschaft und Spielstraße der Straßenverkehrsordnung widersprechen. Seitdem gilt Tempo 10 in der Kernstadt, weil man unbedingt die Parkscheiben-Pflicht im öffentlichen Straßenraum beibehalten wollte. Geschwindigkeitsmessung in der Innenstadt geplant Von der Kaufmannschaft IGEV war in dem Gespräch mit SPD und Grünen der Vorschlag geäußert worden, mit sogenannten Berliner Kissen auf der Fahrbahn die Durchfahrt unattraktiv zu machen und Temposünder auszubremsen. Blumenkübel erfüllen diesen Zweck bereits vor der Gaststätte Zur Tulpe; dort sind Autos zumindest im Begegnungsverkehr zum Anhalten gezwungen. Über konkrete Maßnahmen wurden jetzt in der Ratssitzung noch nicht gesprochen. Bürgermeister Meyer-Hermann bot an, dass die Verwaltung kurzfristig Geschwindigkeitsmessungen vornehmen könne. So erhalte man belastbare Zahlen dazu, wie viele Fahrzeuge tatsächlich zu schnell unterwegs seien und ob sich die Situation seit der Umgestaltung wie geschildert wirklich verschlechtert habe. "Dass sich Einzelne nicht an die Geschwindigkeit halten, war vorher auch schon so", so der Verwaltungschef. "Wenn es ein Problem gibt, sollten wir uns auf den Weg machen und zunächst valide Zahlen haben", sagte CDU-Fraktionschef Ulrich Wesolowski. Für ihn sei das ein normaler Prozess, und er sehe das erstmal "unaufgeregt". Eins war ihm wichtig zu betonen: "Ich warne davor, eine Diskussion über Sperrung oder Einbahnstraße zu führen."

Meistgelesen

Versmolder Grüne geben bei der Kontroverse um die Münsterstraße nicht auf

Heftiger Streit: Versmolds kritische Finanzlage erhitzt die Gemüter

Wer erkennt Anzeichen von Radikalisierung? Stadt Versmold nimmt Stellung

Warum in NRW immer wieder Straßenparkplätze wegfallen