Versmolder Kauffrau kritisiert: „Vermieter haben veraltete Vorstellungen“

Versmold. &bdquo;Heimat shoppen" lautet der Titel des Programms, mit dem die IHK den Einzelhandel in den Kommunen stärken will. Sie unterstützt Kaufleute und Stadt mit Werbemitteln, aber auch mit Beratung und der gemeinsamen Entwicklung von Aktionen. Der Startschuss soll beim Wurstträgermarkt am 8. und 9. Oktober fallen. Rückenwind, den die Händler immer noch dringend gebrauchen können. Bürgermeister Michael Meyer-Hermann empfing zum Pressegespräch im Rathaus – und wollte die Lage der Kaufleute gar nicht beschönigen: &bdquo;Der Einzelhandel hat durch Corona sehr gelitten, hinzu kommt schon seit Jahren die Online-Konkurrenz." Die Inflation habe das Problem der Kaufzurückhaltung noch verschärft – und schließlich komme in Versmold noch eine Sondersituation hinzu: &bdquo;Wir hatten in den vergangenen Jahren viel Bautätigkeit im Zentrum, das war auch nicht immer leicht für den Handel." Immerhin in diesem Punkt konnte Meyer-Hermann immerhin auch mit einer guten Nachricht aufwarten: &bdquo;Wir wollen bis Oktober mit der Innenstadt-Baustelle fertig sein. Dann wird die Stadt wieder von allen Seiten für das Einkaufen erreichbar sein." Gute Nachrichten für den Handel – darum ging es auch Marco Rieso, Referatsleiter Handel und Dienstleistung der IHK Ostwestfalen. Denn der habe für die Innenstädte eine enorm wichtige Funktion: &bdquo;Er schafft Arbeitsplätze und Erlebnisse vor Ort, unterstützt die Vereine, bringt sich bei Festen ein – zudem kommt das Einkaufen vor Ort der Umwelt zugute." Motivation für Aktionen fällt den Versmolder Händlern zunehmend schwer Die IHK freue sich, dass Versmold bei &bdquo;Heimat shoppen" mitmache. &bdquo;Das soll eine Kampagne für den stationären Handel sein, nicht gegen das Onlinegeschäft", betonte Rieso. Dabei gehe es nicht nur um einige Aktionen, die Aufmerksamkeit brächten. &bdquo;Heimatshoppen soll immer stattfinden. So vermeiden wir Leerstände. Und es ist ganz wichtig, Handel, Dienstleister und Gastronomie vor Ort zusammenzubringen. Sie befruchten sich gegenseitig." All diese Aussagen hätte Roi Dieckmann-Rose, Vorsitzende der Interessengemeinschaft Einkaufsstadt Versmold (IGEV) wohl noch am Tisch unterschrieben. Doch sie wies auch auf die schwierige Ausgangslage hin: &bdquo;Wir versuchen, durch Aktionen die Menschen aus Versmold und Umgebung in die Innenstädte hinein zu holen." Die vergangenen Jahre seien indes sehr schwer gewesen &bdquo;Da war natürlich die Corona-Pandemie, aber jetzt kommt noch die Energiekrise hinzu." Nach dem Ende der Corona-Beschränkungen habe noch so etwas wie Aufbruchsstimmung bei den Einzelhändlern geherrscht. &bdquo;Aber jetzt wird es zunehmend schwerer, sie zu motivieren. Aber unser Problem ist: Es wird nichts von allein", so Dieckmann-Rose. &bdquo;Die Leute halten ihr Geld zusammen. Umso wichtiger ist es, optimistisch in die Zukunft zu blicken und gemeinsam Aktionen zu starten", betonte Marco Rieso. Er schlug zum Beispiel vor, Stadtführungen in die inhabergeführten Geschäfte zu veranstalten und die Betreiber dort erzählen zu lassen. Dieckmann-Rose zeigte sich davon begeistert: &bdquo;Wir haben ja bei allen Problemen noch einen sehr vielfältigen Einzelhandel in Versmold." Auch wenn der Wegzug des Rewe vom Marktplatz in neuerlicher Schlag und durchaus spürbar sei. Kunden gingen mit den Versmolder Geschäften zu hart ins Gericht Bei allem Engagement nahm die IGEV-Vorsitzende aber auch die Versmolder in die Pflicht: &bdquo;Jahrelang wurde unser Sportgeschäft allenfalls mittelmäßig geschätzt. Aber kaum hat sich die Tür geschlossen, ist das Wehklagen groß." In ihrem eigenen Geschäft &bdquo;Schenken und Genießen" wiederum habe nach zwei Jahren ein Versmolder an der Theke gestanden und verwundert gefragt: &bdquo;Sie sind immer noch hier? Ja, dann fange ich jetzt an zu kaufen." Eigentlich eine bedenkliche Anekdote – Michael Meyer-Hermann versuchte sie dennoch mit Humor zu nehmen: &bdquo;Der Versmolder ist halt noch mehr Ostwestfale als Menschen anderswo." Immerhin, der kritische Kunde komme nun tatsächlich immer wieder, so Dieckmann-Rose. Und die IGEV-Chefin blieb bei ihrer klaren Kante – auch gegenüber den gewerblichen Vermietern. &bdquo;Manche haben noch Vorstellungen wie vor 30 Jahren. Die wollen unsanierte Immobilien ohne Abschlag vermieten. Motto: Kannst einziehen, Renovieren machst’e dann selbst." Solches Vorgehen sei überkommen und erhöhe die Gefahr von Leerständen. Und wenn die einmal bestünden, ergänzte Marco Rieso, &bdquo;sind sie schwer wieder zu beseitigen". Zum Einzelhandel gehörten &bdquo;Mut und Idealismus", schloss Dieckmann-Rose ihr leidenschaftliches Plädoyer. Und freute sich über den Rückenwind der IHK, der in den kommenden Monaten viel mehr als eine Plakatkampagne hervorbringen soll: nämlich zukunftsfähige Ideen.

Meistgelesen

Versmolds Zentrum auf dem Prüfstand: Experten-Fazit überrascht

Nachfolger gesucht: Versmolder Buchladen soll verkauft werden

Versmolder Einzelhandel startet beliebte Aktion im Weihnachtsgeschäft

Wurstträger-Markt in Versmold: Das sollten Sie wissen