Erster Storch landet in Versmold - Wetter versetzt ihn in bedrohliche Lage

Der dramatische Wintereinbruch hat den Storch und andere Zugvögel kalt erwischt. Die dicke Schneedecke macht ihnen zu schaffen. Manche Tiere treten bereits wieder den Rückzug gen Süden an.

Früher Gast: Ende vergangener Woche thronte der erste Storch auf dem Horst im Bruch. Da war von Schnee noch keine Spur. | © Bernhard Walter

Tasja Klusmeyer
10.02.2021 | 10.02.2021, 19:38

Versmold. Der Gast hoch oben auf dem Storchenhorst an der Wiesenstraße hat selbst Bernhard Walter überrascht. Am Freitagmittag bekam der Leiter der Biologischen Station Gütersloh/Bielefeld den ersten Weißstorch des Jahres im Versmolder Naturschutzgebiet vor die Linse. „Ziemlich früh im Jahr", kommentiert Walter in seiner Mail an die HK-Redaktion. Er fügt noch an: „Ich hoffe mal, er wird den Wintereinbruch gut überstehen."

Nach dem extremen Schneefällen vom Wochenende ist diese Sorge am Dienstag nicht weniger geworden. Im Telefonat sagt Bernhard Walter, dass nicht die eisigen Temperaturen das Problem für den Vogel seien, sondern vielmehr die geschlossene Schneedecke. „Wenn er nicht genügend zu Fressen findet, kann er die Körpertemperatur nicht halten", erklärt der Experte. „Das Nahrungsangebot ist zurzeit mau."

Wieso ist der Storch überhaupt schon in Versmold gelandet?

Warum der Storch überhaupt so früh im Bruch gelandet ist, erklärt sich Bernhard Walter mit verändertem Zugverhalten der Tiere. „Viele fliegen nicht mehr so weit in ihre Überwinterungsgebiete." Während die sogenannte Ostzieher über den Bosporus bis nach Afrika flögen, hielten sich die Westzieher in Frankreich oder Spanien auf.

Von dort ist es nicht mehr ganz so weit bis zu den Brutplätzen in Deutschland. Wird es etwas milder, wie im Januar, begeben sich die Vögel auf die Reise. Zur Gruppe der Westzieher gehören die Storche aus dem Kreis Gütersloh. Das ist anhand der Ringablesung zu erkennen.

Kleinvögel haben es besonders schwer

Die Zahl der Störche im Versmolder Naturschutzgebiet hat in den vergangenen Jahren jedenfalls zugenommen. 2018 zog das erste Mal auf dem Horst ein Paar seine Jungen groß, was viele Passanten faszinierte. Die frühe Rückkehr von Meister Adebar blieb auch in der Bevölkerung nicht unbemerkt. Nun bleibt abzuwarten, wie das Tier das Winterwetter verkraftet.

Bernhard Walter macht sich auch um andere Bruch-Bewohner Gedanken. Um Kleinvögel beispielsweise. „Kalte Nächte bei minus 15 Grad machen sie ein- oder zweimal mit", sagt er. Fänden sie zu wenig Futter und könnten sie deshalb ihre Körpertemperatur nicht halten, wird die Situation zur Gefahr.

Viele Vögel machen sich wieder auf den Rückweg in wärmere Gebiete

Einige Vögel veranlasst der Wintereinbruch zum Rückzug. So beobachte Bernhard Walter am Dienstag etwa 60 Kraniche, die über Borgholzhausen hinwegzogen. Der Leiter der Biologischen Station vermutet, dass sich der Schwarm bereits in der Region rund um den Dümmer aufgehalten hatte und sich dann angesichts der Kälte wieder auf Richtung Süd-Westen in wärmere Gefilde gemacht hat. Der relativ milde Januar zog die Vögel an; „die kalten Nächte treiben sie wieder weg", so Walter. Die Kraniche nutzten das gute Zugwetter am Dienstag. „Sie müssen nicht gegen den Wind ankämpfen", sagt Walter mit Blick auf strahlend blauen Winterhimmel und Sonnenschein.

Einige Wasservögel machen es den Kranichen nach, lotst ihr Navi sie jedoch eher Richtung Niederlande. In Versmold hielt sich zuletzt ein großer Trupp von 800 Blessgänsen auf, außerhalb vom Bruch etwa weitere 400 Saatgänse. Auch diese Tiere dürften sich, vermutet Bernhard Walter, angesichts der dicken Schneedecke auf die Reise begeben. Dorthin, wo das Nahrungsangebot größer ist.