Trauer um Musiker: Diesen Versmolder werden viele vermissen
Hans-Ulrich Henning hat der Stadt einen Chor von internationalem Rang beschert. Und dafür Jahrzehnte mit Inbrunst gekämpft. Sonntag ist der Tausendsassa im Alter von 70 Jahren gestorben.
Versmold. Manchmal, wenn er eine Unterrichtspause hatte, eilte Hans-Ulrich Henning in die Stadt zur HK-Redaktion. Am Aushang überprüfte er, ob die von ihm eingereichten Neuigkeiten vom Christophorus-Jugendkammerchor schon veröffentlicht wurden.
War das nicht der Fall, konnte es mal vorkommen, dass er mit erhobenem Zeigefinger in die Redaktion stiefelte – schmunzelnd natürlich. Ruck zuck war man vertieft in ein Gespräch über „seinen" Chor, die nächsten Auftritte und Herausforderungen, den nächsten Ruhm, den es womöglich zu ernten galt. Mitunter brach Hans-Ulrich Henning auch spontan in Gesang aus, um etwas zu verdeutlichen.
Mit dieser Hingabe baute er in 40 Jahren den Christophorus-Jugendkammerchor auf, reiste mit Generationen von Schülern quer durch Europa, gewann zahlreiche Preise, darunter 1993 den „Grand Prix" im tschechischen Olmütz und 2016 den Titel „Bester Chor im Westen" bei einem Wettbewerb des WDR. „Fernsehen ist immer etwas Besonderes", verriet Henning 2019 anlässlich des 40. Chorgeburtstages.
Als er 1979 am Versmolder CJD-Gymnasium als Musiklehrer begann, war dieser Ruhm noch weit. Doch schnell baute Hans-Ulrich Henning einen Jugend- und einen Kinderchor auf. Seine Talente fand er im Unterricht. Da mussten die Schüler aufstehen und vorsingen. Was manchem Sechstklässler die Schamesröte ins Gesicht trieb, reichte dem Kenner für eine Einschätzung des Potenzials. Henning hatte in Hannover Waldhorn und Klavier und später Gesang studiert, zudem Germanistik für den Lehrberuf.
"Ich war immer schon ein kritischer Geist"
Für seine Sache nahm es der Chorchef in Kauf, dass er auch mal aneckte. Wenn er öffentlich die Schulpolitik kritisierte, etwa. „Ich war immer schon ein kritischer Geist", hat Henning einmal gesagt. Dem es eben nicht gefiel, dass Bildung „ökonomisiert" werde. G 8 war dem Chorchef ein Graus, fürchtete er doch um den Stellenwert der Musik. „Dabei bildet sie die Persönlichkeit und macht teamfähig." Mit dieser Überzeugung ging Hans-Ulrich Henning die Dinge an – in den letzten Jahren zu 100 Prozent als Chorleiter. Bis er sich aufgrund einer Krebserkrankung zurückziehen musste, der er Sonntag erlag.
„Hans-Ulrich Henning hat mit dem Chor gelebt. Und er hat auch für ihn gelebt", schrieb Schulleiter Karsten Jochmann am Montag an die Eltern des Gymnasiums. „Wir wünschen seiner Ehefrau Sibylle und seiner ganzen Familie und den Chormitgliedern, dass sie Trost und Halt finden werden."