„Tief enttäuscht“: Versmolderin übt Kritik an Vorgaben für Trauerfeier

Versmold/Detmold. Beerdigung, Beisetzung, Trauerfeier: Hat man einen geliebten Menschen verloren, ist die Organisation, ist die Gestaltung des Abschieds unfassbar schwer. Immer begleitet vom Gedanken, wie es dem Verstorbenen wohl gefallen hätte. Doch manchmal verläuft der Abschied anders als geplant, diese Erfahrung hat nun Sandra Lubos machen müssen. Und sie fragt sich, warum. Mitte März fand die Trauerfeier für ihren Vater in einer katholischen Kirche in Detmold statt, der Heimat der Wahl-Versmolderin. &bdquo;Ich wollte für ihn ein letztes Mal singen“, erzählt Sandra Lubos, seit 2021 Leiterin des Versmolder Christophorus-Jugendkammerchores. Konkret wollte die Musikerin &bdquo;Luftballon“ von Helene Fischer für ihren Vater singen – jenes Lied, das sie schon am Sterbebett gesungen habe, &bdquo;als er sehr unruhig war“, erzählt sie der Redaktion. Zusammen hätten die beiden oft die Helene-Fischer-Show geguckt. Doch das Lied, das ihr so wichtig gewesen wäre, durfte Sandra Lubos bei der Trauerfeier nicht vortragen. Vor der Messe habe sie singen dürfen, erzählt sie – das weltliche Lied &bdquo;Einmal sehen wir uns wieder“ von Andreas Gabalier. Auch am Ende durfte sie singen, diesmal das kirchliche Lied &bdquo;Mögen Engel dich begleiten“. Doch dabei habe der Pastor bereits die Kirche verlassen. &bdquo;Diese Erfahrung hat mich tief enttäuscht und wirft die Frage auf, wie weit sich die Kirche von den Bedürfnissen der Menschen entfernt hat“, übt Lubos Kritik. Schließlich habe es sich um eine private, nicht-öffentliche Trauerfeier gehandelt. Das sagen Pastoralverbund und Erzbistum Paderborn Der Pastoralverbund Lippe-Detmold und das Erzbistum Paderborn antworten auf Nachfrage, dass es ihnen als Kirche wichtig sei, Menschen, gerade in schwierigen Lebensphasen, seelsorgerisch zu begleiten, vor allem in Trauergottesdiensten. &bdquo;Wir bedauern daher, dass die Angehörige die Vorgehensweise in der Vorbereitung und innerhalb des entsprechenden Trauergottesdienstes selbst negativ wahrgenommen hat.“ Allerdings habe dies &bdquo;das pastorale Team überrascht, da man vor Ort den Eindruck hatte, besonders intensiv auf die Wünsche der Angehörigen eingegangen zu sein“. Mehr zum Thema: Sargträger in Halle gesucht: Hinter den Kulissen von Beerdigungen Sandra Lubos hingegen kann diesen Eindruck nicht nachvollziehen: &bdquo;Warum durfte ich dann den Flügel nicht verschieben, warum das Lied nicht singen? Warum wurden wir an starre Vorgaben gebunden?“ Eine detailliertere Stellungnahme hierzu allerdings wollten Erzbistum und Pastoralverbund nicht abgeben, &bdquo;um eine mediale Auseinandersetzung mit der trauernden Familie zu vermeiden“, wie sie erklären. &bdquo;Wir nehmen diesen Fall jedoch sehr ernst und geben ihn daher umgehend an unsere Beschwerdestelle ab, da wir nachvollziehen möchten, wie diese voneinander abweichenden Eindrücke entstehen konnten.“ Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an Ein Beitrag geteilt von Sandra Lubos 🎵 Musikerin (@sandra_lubos) Sandra Lubos ist es wichtig, zu betonen: &bdquo;Es geht mir nicht darum, Kirche generell negativ zu konnotieren, ich arbeite an einer christlichen Schule und glaube selbst.“ Sie habe bereits im Kölner Dom mit dem Chor gesungen, dort waren nur geistliche Stücke gestattet, Strophen, die von Liebe handelten, hingegen nicht. &bdquo;Das respektiere ich natürlich, weil es die Vorgaben sind.“ Aber der Abschied von ihrem Vater sei privat gewesen. &bdquo;Gerade angesichts der hohen Kirchenaustrittszahlen sollte sich die Kirche fragen, ob sie mit solchen Einschränkungen Menschen nicht eher entfremdet als tröstet“, sagt die Versmolderin. Welche Vorgaben für Trauerfeiern in der Kirche gibt es? Doch welche Vorgaben gibt es für Trauerfeiern in der Kirche? Die Lippische Landeskirche – nicht katholisch, sondern protestantisch – erklärt dazu auf Nachfrage, dass die Pfarrerin oder der Pfarrer im Vorfeld einer Trauerfeier ein ausführliches Gespräch mit den Angehörigen führt. &bdquo;Neben dem seelsorgerlichen Charakter dieses Gespräches wird dort in der Regel auch gemeinsam die Gestaltung des Abschiedsgottesdienstes überlegt.“ Die Angehörigen könnten Anregungen für die Traueransprache geben, Aspekte aus dem Leben der Verstorbenen benennen, die ihnen besonders wichtig sind. Gemeinsam werde ein Bibeltext ausgewählt, der als Grundlage der Traueransprache diene und auch die Liedauswahl werde besprochen. Lesen Sie auch: Bei dieser Beerdigung in Werther kennt fast niemand den Verstorbenen &bdquo;Die Trauerfeier hilft, in Würde Abschied zu nehmen. Die Wünsche der Angehörigen stehen dabei im Vordergrund und werden – soweit es mit dem Rahmen einer kirchlichen Trauerfeier vereinbar ist – selbstverständlich berücksichtigt. Auch Gesangsbeiträge von Chören, Sängerinnen und Sängern sind in aller Regel nach Absprache möglich.“ Geregelt werde dies über das Kirchengesetz über die Ordnung des Lebens in der Gemeinde. Ein Abschied ohne starre Regeln – das hätte ihrem Vater vielleicht besser gefallen als die perfekte Liturgie, meint Sandra Lubos. Ein bisschen mehr Mensch und ein bisschen weniger Vorschrift – das hätte sich die Versmolderin für den Abschied von ihrem Vater gewünscht. &bdquo;In meiner Trauer hatte ich nicht die Kraft, mich durchzusetzen“, schreibt sie einige Zeit nach der Trauerfeier auf ihrem Instagram-Profil. Dazu zeigt sie Fotos von sich als Kind zusammen mit ihrem Vater – und lässt einen Luftballon mit persönlichem und musikalischem Gruß in den Himmel steigen. &bdquo;Ich hoffe, dass er es irgendwo hören kann.“ Aktuelle News bekommen Sie täglich über den WhatsApp-Kanal des HK

Meistgelesen

BFH hilft Hinterbliebenen in Prozess um Sterbegeld

„Ein Vorbild“: Trauer um engagierten Kirchen-Mann aus Steinhagener Ortsteil

Versmolderin lebt ihren Traum - früher auf der AIDA, nun in Opas Wohnzimmer

Sechs Nachwuchskräfte verstärken künftig das Team der Stadt Versmold