Versmold. Sein Handy klingelt eigentlich ständig. Also genau so häufig, wie Mitarbeiter mit einer Frage in der Tür stehen. Und eigentlich hätte Fred Seidel schon längst einen anderen Termin. Doch jetzt nimmt er sich Zeit. Weil er Freude hat, über das zu sprechen, was ihn antreibt. Da spürt man die unternehmerische Leidenschaft. Sie hat aus einem Onlinehandel im Nebenerwerb ein gestandenes mittelständisches Unternehmen auf stetigem Wachstumskurs gemacht. Und das braucht Platz.
Bedarf wächst schnell
„Die neue Halle ist schon zu 100 Prozent im Betrieb", sagt Fred Seidel. Eigentlich hatte er das Tennisgelände des TC Blau-Weiß Versmold an der Speckstraße als Option gekauft – doch die musste er aufgrund des rasant wachsenden Bedarfs schneller ziehen, als geplant. Ostern 2018 begannen die Bauarbeiten für die Erweiterung des Online-Fachgroßhandels für Küchen- und Möbelzubehör – bald werden sie abgeschlossen sein.
Einzug Ende Januar
In der 2.600 Quadratmeter großen Halle wird das mächtige, automatische Hochregallager bereits fleißig mit neuen Artikeln befüllt. Der zur Speckstraße hin gelegene Verwaltungstrakt ist noch ein Rohbau – doch es soll nun zügig gehen. „Im Januar sollen die Malerarbeiten beginnen, Ende des Monats abgeschlossen und dann kann der Bau in Betrieb genommen werden", sagt der 51-jährige Unternehmer.
„Was fürs Auge"
Der Verwaltungsbau wird zunächst nur zwei Geschosse besitzen, obwohl die Pläne von Architekt Mirko Moch noch einen echten Clou vorsehen: ein über den bisherigen Bau fünf Meter in Richtung Speckstraße herausragendes drittes Geschoss mit gläserner Fassade für Ausstellungen und Besprechungen. „Was fürs Auge", schwärmt Fred Seidel. „Aber das kommt erst später, wenn ich dafür wieder ein Budget habe." Darüber wacht nicht zuletzt Ehefrau Petra Seidel, Finanzchefin des Unternehmens.
Neuer Geschäftsführer
Auch so investiert der Geschäftsmann schon drei Millionen Euro in die Erweiterung. Der neue Verwaltungstrakt wird dann als Stammsitz seiner im Januar 2018 gegründeten Junker GmbH fungieren – einer eigens für das Geschäft mit dem Großhandel und Handwerksbetrieben gegründeten Gesellschaft. „Ich habe dafür auch einen eigenen Geschäftsführer angestellt, der seine Arbeit im nächsten Jahr aufnehmen wird", verrät Fred Seidel. „Ansonsten schaffe ich das alles nicht mehr", gibt der Vater eines Sohnes (17) und einer Tochter (14) offen zu.
Ein Haifischbecken

Wer sein Handy hört, glaubt dem Unternehmer, zumal er mit der Weiterentwicklung seiner auf Endkunden spezialisierten S&O-Handelsgesellschaft voll ausgelastet ist. Die residiert weiterhin in den angrenzenden Räumen der ehemaligen Tennishalle – hier werden ständig neue Ideen für die Kunden ausgetüftelt. „Anfangs hatten wir ein Alleinstellungsmerkmal – keiner hatte bis dahin im großen Stil online mit Beschlägen für Möbel gehandelt", erklärt Fred Seidel. Heute klopfen selbst große Unternehmen, die einst nie im Internet gekauft hätten, bei ihm an. Doch auch zahlreiche Wettbewerber sind längst auf den Zug aufgesprungen, die Konkurrenz ist hart. „Wir müssen wachsen. Wer das im Online-Geschäft nicht tut, wird gefressen", sagt der Geschäftsführer. Um nicht vom Preiskampf zermürbt zu werden, entwickeln Seidel und sein Team ständig neue Ideen.
Selbst und besser
Ein Beispiel: „Ikea hatte eine Griffserie mit Namen Blanket. Die wurde dann eingestellt und wir haben gesehen, dass Kunden das ständig im Netz gesucht haben. Also habe ich mir den Markennamen gesichert – jetzt fertigen wir das selbst und noch besser." Damit lässt sich Geld verdienen, bis der Wettbewerb es kopiert hat und der Preiskampf beginnt. Fred Seidel vertreibt die Produkte dann günstiger weiter – und hat derweil längst mit einer neuen Idee Nachfrage geschaffen. „Man muss ein Näschen haben", betont der Versmolder Unternehmer.
60.000 Kunden im Monat
83 Mitarbeiter hat sein Unternehmen mittlerweile, Auszubildende zu Kaufleuten für Bürokommunikation und e-commerce sowie zu Fachkräften für Lagerlogistik werden gesucht. Die S&O-Handelsgesellschaft kauft weltweit ein und liefert europaweit aus. 10.000 bis 15.000 Sendungen pro Woche werden in Versmold vorbereitet, 60.000 Kunden im Monat bedient, mittlerweile lässt S&O wie beschrieben eigene Ideen umsetzen und Produkte entwickeln. Das soll sich weiter auszahlen. Das Unternehmen erwirtschaftet inzwischen einen Jahresumsatz im „niedrigen zweistelligen Millionenbereich", wie Seidel verrät.
Förderer des Sports
Er hat sich mittlerweile auch als Sponsor bei Arminia Bielefeld einen Namen gemacht und unterstützt nahezu alle Versmolder Sportvereine. „Das ist eine Herzenssache", betont er – und wieder ist diese Leidenschaft für seine Sache spürbar. Da müssen auch die nächsten Termine mal warten.
Geduld in der Innenstadt
- Der Standort des Unternehmens SO-Tools, eines Werkzeug- und Maschinenhandels am Wilhelm-Vinke-Ring, ist Geschichte. Wie berichtet war die Lagerhalle des von Petra Seidel geführten Unternehmens im März 2018 nach einer Brandstiftung Opfer der Flammen geworden.- Sie wird nicht wieder aufgebaut, nachdem nun die Brachfläche geräumt ist. „Wir haben einen Bauantrag gestellt, der ist nicht genehmigt worden", berichtet Fred Seidel. „Städtebaulich hätte es auch nicht gepasst."
- Auf seinem Grundstück will der Unternehmer nun Wohnungsbau realisieren. „Aber ich mache das selbst und nicht mit einem Investor." Er werde das Projekt „in den nächsten Jahren" angehen, so Seidel. „Erst mal will ich Luft holen."
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