Steinhagens neuer Museums-Chef: Diese Schnaps-Geschichte klingt unglaublich

Steinhagen. Nach fünf Jahren im Amt hat Erhard Glösenkamp seinen Posten als Vorsitzender des Museumsvereins an Herbert Mikoteit abgegeben. Der Neue kennt sich mit dem Museum, das vor allem an die Brennereigeschichte Steinhagens erinnert, bestens aus. Zur Zukunft und künftigen Ausrichtung der Kultureinrichtung hat der ehemalige CDU-Lokalpolitiker und langjährige Stadtführer eine klare Haltung. Herr Mikoteit, viele Menschen in Steinhagen hören es nicht gerne, wenn man ihre Heimat als Schnapsdorf bezeichnet. Haben Sie ein Problem mit der Bezeichnung? Herbert Mikoteit: Nein, grundsätzlich habe ich damit kein Problem. Man könnte es natürlich anders formulieren. Man könnte vom ’Ursprungsort des Steinhägers’ sprechen. Aber mit Schnapsdorf kann ich auch leben. Es ist ja so: In Steinhagen hat es 20 Brennereien gegeben; dadurch ist der Name Steinhagen weltweit bekannt geworden. In unserem Wappen sind Kornähre und Wacholderzweig zu sehen. Alles deutet auf Steinhäger hin. Es gab Zeiten, da hat fast jeder dritte Steinhagener in so einer Schnapsbude gearbeitet. Welchen persönlichen Bezug haben Sie zu Steinhagens Brennerei-Geschichte? Mit 16 Jahren habe ich in den Schulferien mein erstes Geld in der Brennerei H. C. König verdient. Da habe ich 1,60 DM pro Stunde bekommen. Außerdem bin ich im Schwimm-Club groß geworden, in dem auch Prokuristen und Betriebsleiter aus den Brennereien Mitglied waren. Die kannte ich ja alle. Natürlich gab es vor Schwimm-Wettkämpfen eine Besichtigung bei H. C. König mit einem ordentlichen Schinken-Frühstück mit Schinken und einem Steinhäger. Haben neben den historischen Brennerei-Gerätschaften noch andere Exponate im Museum eine Bedeutung für Sie? Ja klar. Wir haben hier im Museum zum Beispiel Paulas Laden wieder aufgebaut. Von 1953 bis 1999 verkaufte Paula Mescher gegenüber der damaligen Volksschule alles für den Schulalltag, Süßigkeiten und Glanzbilder. In dem Laden habe ich auf dem Weg zur Schule Bonbons gekauft. Für einen halben Pfennig das Bonbon! Da gab es diese Wand mit den Süßigkeiten in den Gläsern. Wir haben dann auf die Gläser gezeigt und Tante Paula öffnete die Gläser und nahm die Bonbons raus. Meine erste Tafel und mein erster Füller stammten auch aus Paulas Laden. Zurück zu Steinhagens Brennerei-Geschichte. Wie sehr schmerzt es Sie, dass von dieser glorreichen Zeit kaum noch etwas übrig geblieben ist? Das schmerzt natürlich. Aber ich kann ja nicht das Konsumverhalten der Menschen ändern. Irgendwann kamen diese seichten Liköre auf, von denen ich gerne sage: Die haben wir früher über den Pudding geschüttet. Diese leicht-prozentigen Sachen eben. Das Trinkverhalten hat sich nun mal geändert, und darauf haben die Steinhagener Brennereien zu spät reagiert. Lesen Sie auch: Steinhagener Schnaps-Spezialisten erfinden neuen Superfood-Likör Könnte Steinhagen heute aus Marketing-Gesichtspunkten mehr aus seiner Schnaps-Vergangenheit herausholen? Unser ehemaliger Bürgermeister Klaus Besser hat sich ja damals dafür starkgemacht, dass an der Autobahn ein braunes Hinweisschild zum Ursprungsort des Steinhägers hinkommt. Ähnlich wie das Schild, das auf das Böckstiegel-Museum in Werther hinweist. Das Thema könnte man vielleicht noch mal anfassen. Auf unseren Ortseingangsschildern wären Hinweise zum Ursprung des Steinhägers ebenfalls denkbar. Meinetwegen auch der Zusatz Schnapsdorf. Die Kombination aus Schnaps und Straßenverkehr war allerdings schon hochumstritten, als es 2012 um die Kruke auf der Mittelinsel im Kreisverkehr ging. Stimmt. Und jetzt steht die Kruke da und alle freuen sich. Sie leiten ja auch Führungen. Welche Exponate kommen bei den Besucherinnen und Besuchern besonders gut an? Vergangenes Jahr hatten wir 48 Führungen im Museum. Diese Anekdote erzähle ich den Gästegruppen fast jedes Mal: Die Dr. Oetker-Gruppe hat 1968 die Steinhagener Brennerei Jückemöller übernommen. Oetkers Marketingabteilung hatte daraufhin eine Idee. Die erfanden &bdquo;Steinhäger, der mit dem Stein drin“. Dann befand sich tatsächlich eine Zeit lang in den Steinhäger-Kruken von Jückemöller ein Kieselstein. Die Werbung dafür haben wir hier im Museum hängen. Nach zwei Jahren wurde das Produkt eingestellt, weil möglicherweise einige den Stein mit runtergeschluckt haben. Der Stein ging durch den Flaschenhals durch? Natürlich. Durch den Flaschenhals, durch den Menschenhals, und dann kam er irgendwann unten wieder raus. Lesen Sie auch: Böse Überraschung: Steinhagens historische Kult-Kruke muss abgebaut werden Einmal im Jahr bringt das Historische Museum zu Weihnachten einen neuen Schnaps auf den Markt. Es gibt den Himbeer-Likör, den Museums-Gin, sogar Absinth war mal dabei. Wäre es nicht mal an der Zeit für ein alkoholfreies Produkt? Wer etwas ohne Alkohol möchte, kann sich ja einen Saft kaufen. Wir sind das Historische Museum. Zur Brennereigeschichte gehört nun mal, dass wir etwas mit Alkohol machen. In unserem Museumsshop haben wir aber auch Produkte mit weniger Alkoholgehalt. Unsere 15-prozentigen Liköre etwa. Was unser Brennmeister Horst Feye in diesem Jahr herstellen wird, steht noch nicht fest. Welche Rolle soll das Historische Museum künftig einnehmen? Die Ursprungsidee der Gründerväter des Museums war es, für die Nachwelt etwas Fassbares zu schaffen, damit man von der Brennereigeschichte Steinhagens nicht nur in Büchern liest. Das ist für mich immer noch das Hauptthema. Aber wir zeigen ja auch die alte Apotheke Leikauf und den bereits erwähnten Laden von Tante Paula. Außerdem gab es immer wieder zeitlich begrenzte Ausstellungen, zum Beispiel über historische Nähmaschinen, Poesiealben oder alte Kameras. Ich bin offen für solche Veranstaltungen, die nichts mit der Brennereigeschichte zu tun haben. So etwas ist auch wieder geplant. Allerdings ist der Aufwand groß. Bedenken Sie: Wir sind zwar 101 Mitglieder im Verein, davon beteiligen sich aber nur zehn bis 15 Prozent aktiv im Historischen Museum. Und das ehrenamtlich. Lesen Sie auch: Noch ein Gebäude am Steinhagener Kirchplatz soll abgerissen werden Das Museum könnte in den nächsten Jahren zur Baustelle werden. Bekanntlich soll das Schlichte-Carree einen Durchbruch zu einem zweiten Innenhof bekommen. Der Durchgang würde durch das Museum führen. Was halten Sie von den Plänen? Ich kann mir das nicht vorstellen. Das würde das Museum in zwei Teile trennen. Auf der einen Seite der Museumsshop mit den Toiletten und auf der anderen die Ausstellung. Wir hätten ein zweigeteiltes Museum. Das ist doch Käse. Nebenbei bemerkt stellt sich die Frage, wie man während der Bauarbeiten die ganzen Exponate schützen möchte. Im vergangenen Jahr hat die Fassade neue Fenster bekommen. Das war bereits ein Riesenaufwand. Vor welchen weiteren Herausforderungen steht das Museum in den nächsten Jahren? Am 6. September 1996, zum Tag des offenen Denkmals, wurde das Museum eröffnet. Unsere nächste Herausforderung wird also sein, im nächsten Jahr den 30. Geburtstag des Historischen Museums Steinhagen vernünftig zu feiern. Und natürlich wollen wir uns dieses Jahr beim Heidefest präsentieren. Wir planen noch einmal, den Wacholder mit verschiedenen Aktionen ins Rampenlicht zu rücken. 📍Das Historische Museum Steinhagen am Kirchplatz 26 hat donnerstags und samstags von 15 bis 17 Uhr geöffnet, von April bis Oktober, außerdem an jedem ersten Sonntag im Montag ebenfalls von 15 bis 17 Uhr. Führungen können gebucht werden unter der Telefonnummer 05204 7755 oder unter der E-Mail-Adresse: info@historisches-museum-steinhagen.de. 📲 Aktuelle News bekommen Sie täglich über den WhatsApp-Kanal des HK

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