Elend wird immer größer: Steinhagen hat ein Problem mit Streunerkatzen

Steinhagen. Kaya lässt sich selbst mit Leckerlis und gutem Zureden nicht unterm Sofa hervorlocken. Der etwa zehn Wochen alte Kater ist der jüngste Neuzugang von Nicole Kreuter und noch sehr ängstlich. Kein Wunder. "Er wurde zusammen mit seiner Mutter ausgesetzt und hatte sich Anfang Juli in einem Plastiknetz verfangen, das um einen Heuballen auf einem Bauernhof hier in der Nachbarschaft gespannt war", erzählt Nicole Kreuter. Zusammen mit dem Bauern befreite sie Kaya aus seiner misslichen Lage. Dann entwischte der Straßenkater seinen Rettern. "Ich war mir ziemlich sicher, dass er nicht eine Nacht alleine durchkommt", sagt Nicole Kreuter. Doch am nächsten Tag rief der Bauer bei ihr an. Kaya war in die Lebendfalle getapst, die seine Retter aufgestellt hatten. Also nahm sie das Kätzchen ohne festen Wohnsitz auf. Kaya ist damit Nummer elf in der Katzenfamilie von Nicole Kreuter. "Ich kann zu jeder meiner Katzen eine Geschichte erzählen. Es sind ausnahmslos traurige Geschichten", sagt die Steinhagenerin. Bei wilden Hauskatzen wie Kaya eine war denken die meisten Menschen an andere Länder, die sie aus dem Urlaub kennen. Doch auch hierzulande steigt die Zahl der Streunerkatzen. Der deutsche Tierschutzbund geht von mehr als zwei Millionen aus, die ohne menschliche Obhut Tag für Tag einen Überlebenskampf führen, und spricht von einem der größten unbemerkten Tierschutzprobleme in Deutschland. Besonders schlimm stellt sich die Situation laut Nicole Kreuter in der Steinhagener Patthorst dar. 40 Katzen innerhalb von zwei Wochen gefangen "Bei einer Fangaktion diesen Sommer haben wir innerhalb von 14 Tagen allein in der Patthorst 40 Katzen gefangen", berichtet die Tierschützerin. Dass sich gerade hier so viele Streuner aufhalten, sei kein Zufall. "Die Tiere werden hier besonders gerne ausgesetzt, weil es einsam ist und weil man über die Autobahn schnell wieder wegkommt. Ihre Besitzer fahren mit dem Auto auf der Patthorster Straße in den Wald. Tür auf, Katze raus. Und dann schnell weg", beschreibt die selbst ernannte Patthorster Katzenhexe, wie es vielen ihrer Schützlingen vermutlich ergangen ist. Die Katzen stammen zu einem nicht unerheblichen Teil von so genannten Vermehrern. Den Begriff "Züchter" vermeidet Nicole Kreuter bewusst. "Vermehrer habe im Gegensatz zu Züchtern in der Regel keine Ahnung von der Vererbungslehre und machen sich keinen Kopf um die Ernährung der Katzen. Die kreuzen die Tiere ohne Sinn und Verstand. Denen geht es einfach darum, möglichst viele Katzenjunge gewinnbringend über E-Bay-Kleinanzeigen zu verkaufen." Elternkatzen, die sich nicht mehr zur Zucht eignen, oder Jungkatzen, die sich nicht verkaufen lassen, würden dann ausgesetzt. "Da sind die gnadenlos", sagt Nicole Kreuter. Verwaltung bereitet Kastrationspflicht vor Die 40 Katzen aus der Fangaktion in der Patthorst wurden mit Unterstützung des Vereins "Alles für die Katz" und einer Tierärztin kastriert, damit sie sich untereinander und mit Freigängern aus den Siedlungen nicht weiter vermehren. Die Kastration ist somit das entscheidende Instrument, um die Zahl der wild lebenden Katzen zu verringern. Das hat auch die Steinhagener Gemeindeverwaltung erkannt und plant eine verpflichtende Kastration von Freigänger-Katzen. Neben dem Wohl der Tiere, hat die Verwaltung zwei weitere Probleme im Blick, die durch wild lebende Katzen entstehen. Durch die Populationen verbreiten sich Krankheiten, die die Katzen letztlich auch auf den Menschen übertragen können. Außerdem stellen die Streuner eine Gefahr für den Straßenverkehr dar, wenn sie auf einer schnell befahrenen Straße plötzlich auftauchen und zu unüberlegten Reaktionen der Autofahrer führen. Auch Kennzeichnung soll Pflicht werden Die Neuregelung sieht darüber hinaus eine Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht für Katzen vor. Denn nur durch eine Kennzeichnung per Chip oder Tätowierung könne die erfolgte Kastration nachvollzogen werden. Außerdem könnten Freigängerkatzen bei Abgabe in einem Tierheim dem Halter zugeordnet und zurückgegeben werden. Eine Kastration bei einem Kater kostet laut Nicole Kreuter zwischen 80 und 100 Euro, bei einer Katze zwischen 140 und 160 Euro. Für das Chippen müssten die Halter rund 30 Euro einplanen. Tierhalter, die ihre Katze ausschließlich in der Wohnung halten, sind von der Kastrationspflicht nicht betroffen. Die Kastrations- und Kennzeichnungspflicht ist Teil der ordnungsbehördlichen Verordnung, über die Steinhagens Politik unlängst auch im Zusammenhang mit der Mittagsruhe beraten hatte. Der Ausschuss für öffentliche Sicherheit und Ordnung stimmte der Neuregelung zu, über die jetzt noch der Gemeinderat abstimmen muss. Nicole Kreuter begrüßt die Verwaltungspläne: "Eine Kastrationspflicht würde schließlich auch unsere Arbeit erleichtern, weil sie uns Rechtssicherheit gibt."

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