Biologische Katastrophen: Dieses Steinhagener Unternehmen kämpft gegen gefährliche Keime

Das Steinhagener Unternehmen Plasmatreat hat zusammen mit mehreren Projektpartnern neue Einsatzmöglichkeiten für die Plasmatechnologie erforscht. Die Ergebnisse könnten den Kampf gegen gefährliche Keime revolutionieren

Nach dem Einsatz muss die Kleidung der Einsatzkräfte aufwendig desinfiziert werden. | © Frank Jasper

Frank Jasper
31.07.2019 | 02.08.2019, 10:31

Steinhagen. Ob multiresistente Keime in den Krankenhäusern oder Ebola-Epidemie in der Republik Kongo: Die Gefahr durch gefährliche Keime und Viren nimmt überall auf der Welt zu. „Die Anforderungen an Hygienemaßnahmen steigen damit immer weiter", berichtet Thomas Stadler vom Bayerischen Roten Kreuz. Die Organisation ist darum überaus interessiert an den neuen Entwicklungen des Unternehmens Plasmatreat mit Sitz in Steinhagen. Dort ist in den vergangenen drei Jahren ein weiteres Einsatzgebiet für Plasma erarbeitet worden. Was laut Firmenchef Christian Buske zunächst eine „kühne Idee" gewesen sei, steht inzwischen kurz vor der Marktreife.

Gefährliche Krankheitserreger werden schnell eliminiert

Ziel war es, der herkömmlichen chemischen Dekontamination von verseuchten Oberflächen eine umweltfreundliche, leicht einsetzbare und schneller wirkende Entkeimungsmethode entgegenzusetzen. Das Ergebnis heißt MoPlasDekon und steht für mobile Plasma-Dekontamination. Mit dem innovativen Verfahren lassen sich beispielsweise die Innenräume von Krankenwagen, aber auch die Schutzkleidung von Rettungskräften reinigen. Der plasmaaktivierte Wasserdampf befreit die kontaminierten Oberflächen von Bakterien, Pilzen und Viren. Bislang gelang das nur durch das Abspritzen oder Abreiben mit gesundheitsschädlichen und die Umwelt stark belastenden Chemikalien.

Verbundpartner: Sebastian Guist (von links), Daniel Hasse, Dr. Thomas Schmitt-John, Christian Buske, Dr. Alexander Knospe und Erhard Krampe vom Unternehmen Plasmatreat, Thomas Stadler und Uwe Kippnich vom Bayerischen Roten Kreuz, Bernd Kramer und Dr. Peter Muranyi vom Fraunhofer Institut und Dr. Frank Sicking von der VDI Technologiezentrum GmbH, Projektträger des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. - © Frank Jasper
Verbundpartner: Sebastian Guist (von links), Daniel Hasse, Dr. Thomas Schmitt-John, Christian Buske, Dr. Alexander Knospe und Erhard Krampe vom Unternehmen Plasmatreat, Thomas Stadler und Uwe Kippnich vom Bayerischen Roten Kreuz, Bernd Kramer und Dr. Peter Muranyi vom Fraunhofer Institut und Dr. Frank Sicking von der VDI Technologiezentrum GmbH, Projektträger des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. (© Frank Jasper)

„Mit der MoPlasDekon-Technologie lassen sich dagegen gefährliche Krankheitserreger trocken und in kürzester Zeit auf den Oberflächen ohne Gefahr für Umwelt und Gesundheit eliminieren", erläutert Dr. Alexander Knospe, Leiter der Innovationsabteilung bei Plasmatreat.

Ministerium hat Projekt mit 779.000 Euro gefördert

Unterstützung für seine Forschung erhielt das Steinhagener Unternehmen vom Bayerischen Roten Kreuz und der Feuerwehr Essen. Nur so war es möglich, ein auf die Bedürfnisse der Einsatzkräfte angepasstes Gerät zu entwickeln. So hat das Bayerische Rote Kreuz eines seiner Fahrzeuge zur Verfügung gestellt, an dem in Steinhagen experimentiert werden konnte. Weitere Partner waren das Fraunhofer Institut sowie die Firma INHAG, die unter anderem Zelte für die Feuerwehr zwecks Dekontaminationsmaßnahmen herstellt. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat das Projekt mit 779.000 Euro gefördert.

„Das Forschungsprogramm zum Einsatz im Katastrophenschutz ist hier von einem innovativen Unternehmen hervorragend umgesetzt worden", befand gestern Dr. Frank Sicking, der für den Projektträger des Bundesministeriums an einer Präsentation im neuen Plasmatreat-Technologiezentrum teilnahm.

Der Prototyp: Im Hintergrund der Generator, im Vordergrund die Düse, in der das Plasma erzeugt und mit Wasserdampf vermischt wird. - © Frank Jasper
Der Prototyp: Im Hintergrund der Generator, im Vordergrund die Düse, in der das Plasma erzeugt und mit Wasserdampf vermischt wird. (© Frank Jasper)

Nachdem der Prototyp eines Gerätes zur mobilen Plasma-Dekontamination entwickelt worden ist, nimmt das Unternehmen nun die Serienreife in den Blick. „Das wird noch mindestens zwei Jahre dauern", schätzt Dr. Thomas Schmitt-John, Leiter der Abteilung Plasma Life Science. Wie sein Kollege Sebastian Guist ergänzt, gehe es jetzt zum Beispiel darum, das Gerät noch handlicher zu gestalten, damit es von Einsatzkräften möglichst einfach transportiert werden könne. Mit der Anlage soll es künftig möglich werden, an jedem Ort der Welt verseuchte Gegenstände ohne den Einsatz aggressiver Chemikalien zu entkeimen.

INFORMATION


Plasmatreat in Steinhagen

  • Plasmatreat ist international führend in der Entwicklung von atmosphärischen Plasmatechnologien und Plasmasystemen zur Behandlung von Materialoberflächen.
  • Plasma bezeichnet den vierten Aggregatszustand nach fest, flüssig und gasförmig.
  • Der Hauptanwendungsbereich der Plasma-Technologie liegt in der industriellen Feinreinigung, Oberflächenaktivierung und Beschichtung von Oberflächen. Von Mikrochips über Autoscheinwerfern bis hin zu Handydisplays – viele Produkte müssen sich vor der Montage einer Oberflächenbehandlung unterziehen.
  • Das Unternehmen hat seinen Sitz an der Queller Straße, wo gerade das neue Technologiezentrum fertiggestellt wird.
  • Plasmatreat beschäftigt aktuell etwa 240 Mitarbeiter.