
Halle. Pendler mögen den Haller Willem, weil er sie schnell nach Osnabrück oder Bielefeld bringt. Bei einigen direkten Anwohnern der Bahnlinie hat der gelb-blaue Schienenflitzer der Nordwestbahn aber eher einen schlechten Stand. Gerade am Wochenende fühlten sich viele genervt von den Pfeifsignalen, die auch im Haller Bahnhof aufgrund des unbeschrankten Fußgängerüberwegs, der den ZOB auf kürzestem Wege mit Gleis 1 verbindet, mindestens stündlich ertönten.
Die Nachricht der vergangenen Woche, dass das Signal ab sofort dank neuer Sicherheitsmaßnahmen ausbleibt, dürfte somit – so war zu vermuten – für Erleichterung gesorgt haben. Umso überraschender ist es da, dass bei Facebook bereits einige Haller den Signalverlust bedauern und sich das gewohnte Pfeifen fast schon zurückwünschen.
Dabei war der Wunsch der Abschaffung schon seit Jahrzehnten gereift. Bereits vor über 13 Jahren hieß es in einer Beschlussvorlage des Bau- und Verkehrsausschusses, dass sich „die Stadt seit Jahren bemüht, dass auf die Pfeifsignale verzichtet wird“. Den damaligen Vorstoß unternahm Heinz-Udo Lakemper vom Haller Bauamt, mittlerweile seit fünf Jahren pensioniert. Alle Versuche scheiterten, die Bahn beharrte auf den Sicherheitsaspekt, der nur durch den sündhaft teuren Bau eines Tunnels oder einer Brücke zu ersetzen gewesen wäre.
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Haller vermissen den Weckton per Zug

„Mich hat das Pfeifen nie gestört“, schreibt ein Facebook-Nutzer. „Es gehörte irgendwie zum Alltag. Ich werde es vermissen“, ergänzt eine Hallerin. Man verstehe allerdings auch die Anwohner, die das Pfeifen regelmäßig und unmittelbar ertragen mussten und nun glücklich darüber sind, dass es ab sofort vorbei ist.
Eine Facebook-Nutzerin kritisiert weniger das Geräusch an sich als vielmehr die Intensität des Signals: „Wenn es normal gewesen wäre. Aber einem Lokführer ist wohl immer der Kopf auf die Hupe gefallen. Der hörte gar nicht auf zu hupen.“ Bei anderen könnte der ausbleibende Pfeifton zu Verspätungen am Arbeitsplatz führen: „Meinen 5.30-Uhr-Wecker gibt es nicht mehr“, schreibt ein Nutzer.
„Lasst es pfeifen! Ist ein wichtiges Warnsignal!“, fordert eine andere Nutzerin und erhält Rückendeckung: „Das Pfeifen gehört zu dem Zug. Ohne das ist es kein Haller Willem mehr“, bedauert eine Hallerin.
Metallzäune am Haller Bahnhof bieten mehr Sicherheit
Noch läuft eine Testphase, aber es erscheint unwahrscheinlich, dass das Pfeifen wieder zurückkommen wird. Die Lokführer des Haller Willems werden in den kommenden Wochen auf den rund 40 Fahrten pro Woche durch den Bahnhof Rückmeldung geben, ob die neue Regelung sicher ist und ob die Haller die Gleise ausschließlich an den vorgesehenen Übergängen überqueren.
Dass die Gleise nicht nur an den mit Schranken gesicherten Übergängen überquert werden, belegen gut sichtbare Trampelpfade. Um das fortan zu verhindern, hat der städtische Bauhof auf beiden Seiten der Gleise zwischen Signalanlage und Bahnübergang etwa zehn Meter lange Metallzäune als Schutzbarrieren installiert.
Den technischen Grund dafür, dass nun praktisch der Abpfiff erfolgt ist, liefert übrigens das elektronische Leitsystem im Bahnhof. Dieses senkt die Geschwindigkeit der Züge automatisch. Zudem ist die Sicht in Richtung Moltkestraße so frei, dass man herannahende Züge frühzeitig erkennt.