Der Wochenkommentar

Besondere Momente im Altkreis Halle sind das kostbarste Geschenk

Haben Sie auch manchmal das Gefühl, dass Weihnachten nach all der Vorbereitung und Vorfreude wie ein Wimpernschlag verfliegt? Warum diese Tage manchmal trotzdem nicht zur Entschleunigung gedacht sind.

Die Weihnachtszeit richtig zu genießen, wird mit zunehmender Lebensdauer zur Kunst. Weil wir das kostbarste Geschenk oft gar nicht im Blick haben. | © Marc Uthmann

Marc Uthmann
28.12.2024 | 28.12.2024, 09:47

Meine Kinder sind jetzt schon etwas größer - um ehrlich zu sein, bewegen sie sich unaufhaltsam auf den Rand der klassischen Kindheitsphase zu. Mein Zwölfjähriger wurde vor Kurzem bei einem Arztbesuch als „Jugendlicher“ qualifiziert, was er seither mit Stolz zitiert. Und doch kann sich die ganze Bande am Heiligabend noch so herrlich auf die Bescherung freuen. Mehr noch, sie wird ein bisschen herbeigesehnt: Wann ist es endlich so weit?

Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber bei mir meldet sich dann manchmal die innerliche Alarmglocke: Halt! Stopp! Bitte noch keine Bescherung! Weil das nämlich bedeuten würde, dass der erste Höhepunkt des Festes schon erreicht wäre. Und das nach der wochenlangen Vorbereitung, der weihnachtlichen Dauerberieselung - und ja: dem gar nicht so festlichen Stress.

Sind alle Einkäufe schon erledigt und Geschenke besorgt? Was gibt es eigentlich zu essen? Wann treffen wir Familienteil A? Und wann ist B dran? Hast du schon daran gedacht? Könntest du noch? Wie getrieben arbeiten wir alle auf diese drei Tage hin, die dann unbedingt auch - hier kommen die Achtsamkeitsratgeber ins Spiel - besinnlich sein sollen.

Per E-Mail verordnete Besinnlichkeit

So steht es schließlich in jedem letzten E-Mail-Gruß vor dem Fest, so empfiehlt es einem jeder Anrufer: Genießt die ruhigen Tage, entspannt euch mal, erholt euch vom Alltagsstress. Ernsthaft? Der klassische Terminkalender während dieser drei Tage gleicht doch mitunter einem Marathon: Bescherung hier, Familienessen da, kurz verdauen und auf zum nächsten Treffen.

Aktuelle News bekommen Sie täglich über den WhatsApp-Kanal des HK

Und gefühlt in Rekordzeit ist das Fest schon wieder vorbei, und ich sitze an einem Freitagmorgen an meinem Rechner und schreibe einen Wochenkommentar. Waren diese Tage im Vollgalopp wirklich all die wochenlange Vorbereitung wert? Habe ich mich überhaupt erholt? Und muss das nächste Jahr nicht ganz anders werden? Mit weniger Terminen, weniger üppigem Essen und viel mehr Zeit für Sofa, Spaziergänge und ausgiebigen Schlaf?

Da ich und meine Familie unserer ostwestfälischen Heimat treu geblieben sind, bekommen wir zum Fest in jedem Jahr Besuch von Freunden, die schon seit vielen Jahren weggezogen sind und mittlerweile quer durch Deutschland verstreut oder in Frankreich leben. Da empfangen wir nach dem üppigen Familienmenü abends noch Besuch, oder es gibt eine weitere Kaffeerunde am Morgen. Kurze Nächte und sehr gesellige Tage also - manchmal ertappt man sich dabei, dass man müde ist und sich fragt, ob man denn gleich schon wieder ein guter Gastgeber sein kann.

Festtage verfliegen schnell - aber sie wirken nach

Und jedes Mal, wenn unsere Freunde dann vom Hof fahren und wir wissen, dass wir sie womöglich erst in ein paar Monaten wiedersehen (Ostern!), sind wir alle zusammen glücklich, dass wir an diesen Treffen schon so viele Jahre festhalten. Ja, auch diese Kaffeerunden vergehen wie im Flug - so haben es schöne Momente eben so an sich. Aber wenn man dann auf die drei Tage Weihnachten im Eilzugtempo zurückblickt, bleibt eben doch etwas haften: schöne Erinnerungen.

Die dafür sorgen, dass man vom Fest eine fröhliche Stimmung mit in die Zeit „zwischen den Jahren“ nimmt. Dass man sich seiner sozialen Beziehungen vergewissert hat. Dass man womöglich auch Denkanstöße mit ins neue Jahr nimmt. Und vor allem: dass man sicher ist, den kompletten Weihnachtswahnsinn auch in zwölf Monaten wieder anzugehen. Mit vielen geselligen Runden und tendenziell zu wenig Schlaf. Mag sein, dass die Festtage schnell verfliegen - aber in jedem Fall wirken sie noch nach, und das ist wohl das Wichtigste. Jetzt müssen wir uns nur noch überlegen, was wir Silvester machen - habe ich da eigentlich schon an alles gedacht ...?