Blitzgewitter in der Haller Gartenstraße: Klaus erwischt über 400 Raser

Halle. Klaus ist erst seit fünf Tagen in der Gartenstraße, aber schon haben sich alle Nachbarn förmlich in ihn verliebt. Sein stählerner Körper ist nur die eine Sache, vielmehr sorgt er mit seinem wachsamen Auge für Sicherheit in der Straße, in der ältere Menschen, aber auch bis zu 20 Kinder mit ihren Eltern leben. &bdquo;Ich hoffe, er bleibt noch lange hier“, sagt Maria Heckmann. Sie habe gehört, dass er möglicherweise in Kürze schon wieder in eine andere Stadt geht. &bdquo;Wir möchten uns als Nachbarschaft bei dem Kreis und der Stadt dafür bedanken, dass man ihn in unsere Straße gestellt hat“, sagt Heckman und klopft liebevoll auf Klaus’ breite Schulter. Eine Antwort wird sie von ihm nicht bekommen, denn Klaus ist zwar in gewisser Weise ein Mitarbeiter des Kreises, aber nicht menschlich. Er ist ein Blitzer, der Temposünder ertappt. Im Fachjargon zählt man ihn zu den semistationären Anlagen. Er ist also weder per Pfosten im Boden verankert, noch wird er nach einigen Stunden wieder vom Mitarbeiter der Straßenverkehrsbehörde abgebaut. Er bleibt meistens ein paar Tage vor Ort, die Anwohner der Gartenstraße hoffen auf möglichst viele. Seit vergangenem Donnerstag (16. Mai) steht der Blitzer am Rande der Haller Gartenstraße auf einer der Parkflächen. Wenn es nach den Anwohnern geht, hätte er durchaus auch schon in früheren Zeiten hier platziert werden können. Mit Einrichtung der Baustelle auf der Langen Straße im April sei der Zustand allerdings komplett unerträglich geworden. Das Verkehrsaufkommen habe sich seitdem, so schätzen die Anwohner, mehr als verdoppelt. Am besten nur mit einstelliger Geschwindigkeit fahren Die Gartenstraße ist ein verkehrsberuhigter Bereich, im Volksmund oft fälschlicherweise als Spielstraße bezeichnet. In der durch ein rechteckiges blaues Schild mit zwei Personen, einem Auto, einem Fußball und einem Haus gekennzeichneten Zone sind Fahrzeuge, anders als bei einer reinen Spielstraße (rundes rot-weißes Schild mit dem Zusatzzeichen eines ballspielenden Kindes), zwar erlaubt, jedoch sind Fußgänger gleichberechtigt. Dabei dürfen die Fußgänger den Fahrverkehr nicht behindern, dieser darf im Gegenzug nur Schrittgeschwindigkeit fahren. Das bedeutet, je nach Rechtssprechung, sieben bis maximal zehn Stundenkilometer. &bdquo;So langsam kann man ja kaum fahren, da würgt man ja den Wagen ab“, sagt Heckmann. Aber man habe daher wohl auch eine gewisse Toleranz eingebaut, so dass das rote Blitzlicht der Kamera nicht schon bei 10,1 km/h aufleuchtet. &bdquo;Wir haben darum auch schon am Donnerstag darum gebeten, zwei Geschwindigkeitsdisplays aufzustellen. Viele Autofahrer denken nämlich, dass sie hier 30 fahren dürfen“, sagt Heckmann. Diese Displays zeigen per Smiley an, sobald man zu schnell unterwegs ist. Es gehe schließlich nur um die Sicherheit und nicht darum, Autofahrer abzuzocken. Dennoch löst Klaus, der zudem gut sichtbar am Straßenrand posiert, regelmäßig aus. &bdquo;Einige sind halt zu blöd“, sagt eine Anwohnerin. Aber unter diesen mangelnden IQ-Punkten solle nicht die Gesundheit der Anwohner leiden. Es sei hier sehr gefährlich, die Straße sei gerade, habe keine Einbauten und verleite zum schnellen Fahren, fährt die Anwohnerin fort. Lkw-Verkehr sorgt für zusätzlichen Ärger bei den Anwohnern Zudem ärgere es die Anwohner, dass früh morgens der Anlieferverkehr zum Speicher hier entlang fahre. &bdquo;Es muss sich was ändern“, sagt Heckmann. &bdquo;Wir werden auch schon mal verbal angegangen oder beleidigt, wenn wir Autofahrer darauf hinweisen, dass sie zu schnell fahren“, ergänzt Franziska Fischer-Simunec. Sogar, wenn gerade Kinder danebenstünden. &bdquo;Da traut man sich doch bald gar nicht mehr, etwas zu sagen“, gesteht die Anwohnerin. Der Blitzereinsatz zeigt bereits Wirkung. Bereits nach einem Tag waren mehr als 200 Kraftfahrer erfasst worden, die das Stück zwischen Graebe- und Bismarckstraße zu schnell passiert hatten. Kein Rekord, aber eine durchaus beachtliche Zahl. Wie Bernhard Riepe, Leiter der Abteilung Straßenverkehr beim Kreis Gütersloh, auf HK-Anfrage mitteilte, waren die Autos stattdessen mit bis zu 39 km/h unterwegs. Das kostet in dem Fall 180 Euro und gibt einen Punkt in Flensburg. Sollte es sich dabei in diesem Jahr um einen Wiederholungsfall handeln, kann sogar ein Fahrverbot fällig werden. Seit der Installation der beiden Dialog-Displays durch den Kreis Gütersloh, die auf die erlaubte Geschwindigkeit hinweisen, habe sich Lage etwas entschärft. &bdquo;Tatsächlich wird seitdem langsamer gefahren“, berichtet Bernhard Riepe. Bis Dienstag seien dennoch mehr als 200 weitere Kraftfahrer geblitzt worden. Klaus hat neue Kraft und hängt wohl noch eine Woche dran Weil der Blitzer mit Batterien ausgestattet ist, die nach einer Woche aufgeladen werden müssten, sollte das Gerät eigentlich am Mittwoch abgebaut werden. Jetzt aber haben sich die Anlieger bereiterklärt, die Stromversorgung sicherzustellen. Und damit bleibt Klaus noch eine weitere Woche in der Gartenstraße. Und sorgt dafür, dass hier langsam gefahren wird. Sonst wird’s teuer.

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