Mordfall Marion S. aus Steinhagen: Zeugenaussagen sorgen für Verwirrung

Halle/Steinhagen. Was ist am 5. Juli, dem Tag des Verschwindens von Marion S., in ihrem Elternhaus an der Erfurter Straße in Steinhagen wirklich passiert? Im Prozess um den Mord an der 68-jährigen Rentnerin haben gestern mehrere Zeugen unterschiedliche Perspektiven geliefert, die teilweise verwirrend wirken. Vornehmlich Nachbarn schildern die Ereignisse an diesem Tag mit abweichenden Beobachtungen. So will Oliver H., der nur rund 20 Meter weiter wohnt, gegen 13.28 Uhr Hilferufe gehört haben. Die Uhrzeit wisse er noch heute so genau, weil er nur Minuten später eine wichtige SMS seiner Ehefrau erhalten habe. &bdquo;Es war definitiv eine Frauenstimme, die alarmierend geklungen hat“, sagt der 53-jährige kaufmännische Angestellte vor dem Schwurgericht in Bielefeld. Er habe sich zu diesem Zeitpunkt gerade in seiner Küche aufgehalten, als er die Rufe wahrgenommen habe. &bdquo;Dann öffnete ich die Haustür und habe nachgeschaut, konnte die Rufe allerdings nicht einordnen.“ Auch die Eheleute F., direkte Nachbarn in der Erfurter Straße, haben Schreie gehört. Rentnerin Ingrid (81) berichtet, dass sie gegen kurz vor 15 Uhr in der oberen Etage ihres Hauses ein Fenster zum Lüften geöffnet habe, nachdem sie ein lautes Geräusch vernommen habe. &bdquo;Ich sah dann einen älteren Mann, der in einer Nische an der Hauswand gestanden ist und zu mir nach oben geschaut hat“, erklärt sie den Richtern. Dann habe sie das Fenster gleich wieder geschlossen. &bdquo;Ich wollte nicht, dass er denkt, ich sei neugierig.“ Danach habe sie ihren Fernseher eingeschaltet: &bdquo;Ich schaue mir fast täglich die Sendung &bdquo;Bares für Rares“ an. Mein Mann hat sich kurz zuvor zum Schlafen hingelegt.“ Zeuge kann beobachteten Mann nicht im Detail beschreiben Ob sie denn den Unbekannten, der in der Einfahrt des Elternhauses von Marion S. gestanden hat, näher beschreiben könne, will der Vorsitzende Richter Sven-Helge Kleine von ihr wissen. &bdquo;Nein, ich habe ihn ja nur für wenige Sekunden gesehen. Ich schätze, dass er so um die 70 Jahre alt gewesen ist, ohne Brille und ohne Kopfbedeckung. Er hat einfach dagestanden.“ Nur der Mercedes von Marion sei dort geparkt gewesen. &bdquo;Ein zweites Fahrzeug habe ich nicht gesehen. Da bin ich mir sicher.“ Ihr Ehemann (83), der kurz vor 16 Uhr aufgewacht ist, berichtet, dass er zu diesem Zeitpunkt ebenfalls einen Schrei vom Nachbargrundstück wahrgenommen habe. &bdquo;Das war aber kein Hilferuf.“ Zum Thema: Der Mordfall Marion S. aus Steinhagen Es wird noch verworrener, als die Zeugin Christa L. (77) die Vermisste am Nachmittag des 5. Juli gegen 15.45 Uhr lebend in ihrem Auto gesehen haben will. &bdquo;Ich bin nach meinem Fußpflegetermin um 15 Uhr zum Einkaufen gefahren, als mir im Gegenverkehr ein bronzefarbener Mercedes A-Klasse entgegengekommen ist. Die Fahrerin hat noch ihren Arm gehoben. Dann habe ich gemerkt, dass es die Marion ist.“ Das habe sie auch am nächsten Tag, als sie von ihrem Verschwinden gehört habe, sofort der Polizei mitgeteilt. Doch die Uhrzeiten scheinen unstimmig zu sein, denn die Zeugin hat in ihrer ersten polizeilichen Aussage von 16.45 Uhr gesprochen und als Beleg dafür einen Bon ihres Einkaufes erwähnt, der ihr um 17.11 Uhr ausgehändigt worden sei. &bdquo;Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich Marion noch lebend gesehen habe.“ Kurz vor Mittag des 5. Juli hat Rosemarie B. (86), die Nachbarin von Marion S. in der Seniorenresidenz an der Patthorster Straße in Steinhagen, das spätere Opfer in der Waschküche getroffen. &bdquo;Sie hat sich ein weißes Tuch vor ihren Mund gehalten und gesagt, sie kann nicht sprechen, weil ihre Zähne fehlen und sie deshalb am Nachmittag noch einen Zahnarzttermin hat.“ Dann meinte sie, dass das mit den Zähnen ihr Ex-Mann gewesen sei. &bdquo;Sie streifte mit ihrem Zeigefinger waagerecht über ihren Hals. Das hat mich erschüttert. Am Abend wollte sie dann noch auf ein Glas Wein bei mir vorbeikommen. Ich wusste ja, dass sie panische Angst vor ihrem Ehemann hatte. Sie wollte reden. Doch sie kam nicht.“ Zahnarzthelferin beschreibt Marion S. als gestresst Die Zahnarzthelferin des behandelnden Zahnarztes aus Werther, Katharina E. (49), hat Mittwoch dem Gericht mitgeteilt, dass die Behandlung von Marion S. schon lange festgestanden habe. &bdquo;Es ging da um die Unterfütterung des Unterkiefers und die Angleichung der Brücke“, erklärt sie ganz sachlich. Die Patientin habe am Morgen um 8.30 Uhr ihre Brücke vorbeigebracht und einen stressigen Eindruck hinterlassen. &bdquo;Sie wollte unbedingt am gleichen Tag, also am 5. Juli, ihre Zähne zurück.“ Der Prozess wird am Donnerstag, 29. Februar, fortgesetzt. Dann sollen die Nachbarn des Angeklagten als Zeugen vernommen werden. Staatsanwalt Christoph Mackel: &bdquo;Es geht um das Alibi des Beschuldigten.“

Meistgelesen

Mordfall Marion S. aus Steinhagen: Endgültiges Urteil verzögert sich

Mord an Marion S.: Rede auf Gedenkfeier in Steinhagen rührt Gäste zu Tränen

Mordfall Marion S. aus Steinhagen: Ehemann bleibt lebenslänglich in Haft

Live aus Steinhagen: Mutter und Sohn moderieren vom Wohnzimmer aus

Der Altkreis Halle verliert Industrie-Arbeitsplätze am Fließband Binnen fünf Tagen wird in Steinhagen und Halle der Abbau von 400 Stellen bei Automobilzulieferern angekündigt. Das hatte sich angedeutet – die Folgen für die Region könnten dennoch gravierend sein.

Halle trauert um bekannten Gastwirt: Mit Herz, Mut und Arbeit hat er viel bewegt Am Mittwoch ist Herbert...