Mord an Marion S. aus Steinhagen: Schwester berichtet von Angst und Gewalt

Halle/Bielefeld. Dieser dritte Prozesstag am vergangenen Freitag (16. Februar) rund um den Mord an der Rentnerin Marion S. war der bislang emotionalste - das HK berichtete. Und es wurden noch mehr Aussagen getroffen - unter anderem von der Schwester des Opfers, Monika J. (79). So soll am Abend des 5. Juli vergangenen Jahres das Telefon bei ihr geklingelt haben. Am Apparat: die Tochter von Marion S. &bdquo;Die Mami ist weg. Sie wird vermisst“, soll sie geschluchzt haben. &bdquo;Ich wusste sofort, dass meine Schwester nicht einfach so verschwunden sein kann. Niemals hätte sie uns alle allein gelassen“, erklärte die 79-jährige Zeugin vor dem Schwurgericht. Ein wenig aufgeregt wirkte sie, beantwortete jedoch die Fragen des Vorsitzenden Richters Sven-Helge Kleine klar und deutlich. Monika J. räumte mit den Gerüchten auf, die nach dem Mord an ihrer Schwester kursieren. &bdquo;Nein, wir hatten kein schlechtes Verhältnis. Sie war für mich auch eine treue Freundin. Wir haben täglich telefoniert, uns gegenseitig unterstützt. Sie hat mir immer alles erzählt.“ Dabei blickte sie nicht ein einziges Mal nach links, dorthin, wo der Ehemann von Marion S. als Angeklagter wegen Mordes regungslos und zusammengekauert neben seinem Verteidiger Sascha Haring auf der harten Holzbank sitzt. Nur als Haring sie später ins Kreuzverhör nahm, blieb ihr nichts anderes übrig. Sie musste dem 73-jährigen Beschuldigten, der ihre Schwester aus Habgier und niedrigen Beweggründen heimtückisch umgebracht haben soll, in die Augen schauen. Schwester berichtet: &bdquo;Ehe war von physischer und psychischer Gewalt bestimmt“ Im großen Saal 1 des Landgerichts in Bielefeld schilderte sie derweil das Verhältnis zwischen den Eheleuten, so wie es ihre Schwester ihr in den vergangenen Jahren immer wieder erzählt habe. Sie trug die Biografie einer geschundenen Frau vor, die erst spät den Mut gefunden hat, sich zu retten. &bdquo;Die Ehe war von physischer und psychischer Gewalt als auch von Brutalität bestimmt“, sagte sie. Mutlos habe sie jegliche Schikanen ertragen, wollte so schnell als möglich weg von ihrem Mann. &bdquo;Doch sie ist immer wieder zu ihm zurückgekehrt.“ Anfänglich sei der Lebensbund noch gut gewesen, immerhin seien daraus zwei Kinder entstanden, fährt Monika J. fort. &bdquo;Doch dann meinte meine Schwester zu mir, dass sie die Silberhochzeit wohl nicht erleben würden. Da wusste ich, dass es richtig kriselt.“ Am 18. Oktober 2020 habe es Marion S. dann endlich geschafft, sich zu trennen. &bdquo;Sie ist dann vorerst zu mir gezogen, bis sie einige Monate später eine Wohnung im Zentrum von Steinhagen gefunden hat.“ Mit ihrem neuen Partner hatte Marion S. &bdquo;die glücklichste Zeit ihres Lebens“ Über den neuen Lebensgefährten ihrer Schwester, Peter B., der zuvor als Zeuge ein ähnlich schauriges Bild der Ehegemeinschaft zwischen dem Angeklagten und Marion S. geschildert hat, könne sie nur Gutes berichten: &bdquo;Der hat alles für meine Schwester getan, sie stets umgarnt, ist mit ihr in den Urlaub gefahren, hat ihr finanziell geholfen und ihr beigestanden.“ Heute sei sie sich sicher: &bdquo;Die Partnerschaft habe leider nur etwas mehr als ein Jahr bestanden. Aber es war für sie die glücklichste Zeit ihres Lebens.“ Mehr zum Thema: Die Chronologie des Mordfalls Marion S. Wie friedlich, harmonisch und übereinstimmend die Freundschaft zu Marion S. gewesen ist, hatte Peter B. während seiner Aussage den Richtern beschrieben. &bdquo;Als ich sie im Mai 2022 bei einer Grillparty kennengelernt habe, passte sofort alles. Wir haben uns dann zum Frühstück und weiteren Treffen verabredet, sind zum Essen gegangen, haben Spaß gehabt und viel gelacht. Es war wunderbar mit ihr.“ Doch er habe oft erleben müssen, dass die 68-Jährige immer große Angst vor ihrem Ehemann gehabt hat. &bdquo;Aber sie wollte sich nicht unterkriegen lassen.“ Es sei immer nur um Geld gegangen. Den Angeklagten habe er übrigens nie gesprochen, allerdings einmal während eines Gerichtstermins kurz gesehen. Peter B. zu den Richtern: &bdquo;Den hat man später auch aus dem Kegelverein geworfen. Marion durfte bleiben.“ Für die vielen Zuschauerinnen und Zuschauer im Gerichtssaal wurde es am Freitagnachmittag dann noch ernster als zuvor. Und schauderhaft. Richter Sven-Helge Kleine warnte im Vorfeld die Anwesenden: &bdquo;Wir zeigen jetzt die Obduktionsfotos auf dem großen Fernsehschirm. Wer das nicht verträgt, sollte gehen.“ Doch niemand stand auf, als die grausigen Fotos über den Bildschirm flimmerten. Dabei erklärte die Rechtsmedizinerin Stefanie Schlepper aus Münster ihre Ergebnisse. Nicht klar, ob Marion S. aus Steinhagen erdrosselt oder erwürgt wurde Zwar habe sie streifige Verfärbungen am Hals der toten Marion S. ausmachen können, die eindeutig auf eine Gewalttat hinweisen, aber ob sie nun erdrosselt oder erwürgt worden sei, könne sie nicht mit Bestimmtheit sagen. &bdquo;Was ist denn der Unterschied zwischen einem Erwürgen und einem Erdrosseln?“, fragt der Vorsitzende die Fachärztin für forensische Medizin. Stefanie Schlepper: &bdquo;Beim Erdrosseln wird ein Strangwerkzeug zirkulär um den Hals gelegt, das Zuziehen oder Verdrillen erfolgt manuell. Als Erwürgen bezeichnet man die Tötung durch Kompression des Halses mit den Händen. Todesursächlich ist in beiden Fällen die Kompression der Halsvenen bzw. der Verschluss der oberen Atemwege.“ Der Prozess wird am Freitag, 23. Februar, fortgesetzt.

Meistgelesen

Mordfall Marion S. aus Steinhagen: Endgültiges Urteil verzögert sich

Mordfall Marion S. aus Steinhagen: Ehemann bleibt lebenslänglich in Haft

Mord an Marion S.: Rede auf Gedenkfeier in Steinhagen rührt Gäste zu Tränen

Emotionale Ereignisse bewegen die Menschen im Altkreis Halle

Der Altkreis Halle verliert hunderte Arbeitsplätze - mit gravierenden Folgen? Binnen fünf Tagen wird in Steinhagen und Halle der Abbau von 400 Stellen bei Automobilzulieferern angekündigt. Das hatte sich angedeutet – die Folgen für die Region könnten dennoch gravierend sein.

Von wegen Currywurst: Das sind die beliebtesten Döner-Läden in Halle Döner Kebab gibt es längst in...