Mordfall Marion S. aus Steinhagen: Gutachter stellen ihre Ergebnisse vor

Halle/Bielefeld. Es ist möglicherweise der wichtigste Punkt, den die Staatsanwaltschaft gegen den angeklagten Ehemann (73) in dem Mordfall der Marion S. (68) aus Steinhagen vorbringt: die gefundenen DNA-Spuren in seinem Auto. Dazu gibt es zwei Gutachten. Am zweiten Prozesstag spricht der Sachverständige Christoph Leuker, Biologe und DNA-Experte des Landeskriminalamtes (LKA) Düsseldorf, von mehreren gefundenen Spuren auf Fußmatten und Nylonschnüren. Dabei handele es sich in erster Linie um sogenannte &bdquo;Mischspuren“, die teilweise dem Beschuldigten als auch der Geschädigten zuzuordnen seien. Außerdem habe man drei Haare des Opfers in dem Fahrzeug sicherstellen können. Es sind kleine Anhaftungen, deren DNA zu dem Angeklagten nach einer gewissen Wahrscheinlichkeit passen. Vor Gericht heißt es, dass er als Mitverursacher dieser Spuren &bdquo;nicht ausgeschlossen werden kann“. An einem grünen Seil, so Leuker, habe sein Labor ebenfalls eine Mischspur entdeckt, die eindeutig von dem 73-Jährigen als auch von Marion S. stammten. Ob man denn das Alter dieser Spuren bestimmen könne, fragt der Vorsitzende Richter Sven-Helge Kleine den Fachmann. Leuker erklärt, dass das nicht möglich sei. Er erklärt den Begriff &bdquo;Mischspur“ damit, dass auch DNA-Material von zwei unbekannten Personen gefunden worden seien. Zum Beispiel durch eine Berührung: &bdquo;Hautzellen, die locker im Innern des Wagens aufliegen, können einfach übertragen werden.“ Er schließe nichts aus. An der Leiche selbst sei keine verwertbare DNA vorgefunden worden. Zuvor hat ein 58-jähriger Polizeibeamter, der seit zwölf Jahren bei der Spurensicherung arbeitet, berichtet, dass einen Tag nach dem Verschwinden von Marion S. zwei Leichenspürhunde an Nylonschnüren aus dem Fahrzeug des Beschuldigten angeschlagen haben. Ein Hund sei auf Blut spezialisiert, der andere auf Leichengeruch. &bdquo;Beide Vierbeiner haben unabhängig voneinander signalisiert, dass daran Geruch von Blut und Verwesungsprozessen in unterschiedlichen Stadien zu finden sind.“ Zum Thema: Die Chronologie des Mordfalls Marion S. Staatsanwalt: Marion S. wurde tot oder lebendig im Fahrzeug transportiert Das Auto des Angeklagten sei verdreckt gewesen. &bdquo;Ein typisches Arbeitsfahrzeug, bestückt mit verschiedenen Gegenständen; beispielsweise ein zusammengerollter Weidezaun.“ Eine weitere Mischspur am Kofferraum &bdquo;könnte auch von der Geschädigten in Betracht kommen“. Für die Staatsanwaltschaft deutet die gesamte Spurenlage darauf hin, dass Marion S. entweder tot oder noch lebendig im Fahrzeug transportiert worden ist. Eine 24-jährige Mitarbeiterin der Spurensicherung hat am Mittwoch ausführlich geschildert, wie sie den Leichnam am Fundort in der Tannenschonung bis zum Eintreffen der Rechtsmedizin freigelegt hat. &bdquo;Zu sehen waren am Anfang nur etwas Haut und ein Ellenbogen. Das Grab im Wald war zwei Meter lang, 80 Zentimeter breit und 60 Zentimeter tief.“ Sie habe an verschiedenen Stellen und im Umfeld Bodenproben genommen. &bdquo;Später bei der Obduktion sind auch die Textilien der Leiche abgeklebt worden, um eventuell Faseranhaftungen zu finden.“ Erde am Spaten identisch mit Bodenproben unter der Leiche Die Bodensachverständige Ulrike Schlesinger vom LKA hat Erdanhaftungen an einem Spaten und einer Schaufel des Ehemanns untersucht. &bdquo;Am Spaten haben wir Erde gefunden, die identisch ist mit den Proben unter der Leiche. Bodenreste auf Fußmatten des Fahrers als auch des Beifahrers stammen von Proben unter der Brust des vergrabenen Leichnams.“ Allerdings, so die Expertin, sei der Erdboden am Fundort nicht individuell. &bdquo;Im Umkreis gibt es die gleiche Substanz.“ Am Schluss hat Anna Lehmann, Expertin beim LKA für Faserspuren, ihre Ergebnisse präsentiert. So habe sie rote Polyester-Fasern vom Oberteil der getöteten Frau auf Folien, die im Fahrzeug des Ehemannes abgeklebt wurden, festgestellt. Der Verteidiger des Angeklagten, Sascha Haring aus Halle, stellt die These auf, dass es sich bei den gefundenen Spuren um alte handeln könnte. Möglicherweise könnten sie in der Vergangenheit &bdquo;transferiert“ worden sein; er spricht von sekundären Anhaftungen. &bdquo;Die Ehefrau hat früher mitgearbeitet und hat auch Werkzeuge angefasst.“ Haring hat nun beantragt, umgehend eine Bürste aus dem Badezimmer seines Mandanten sichern zu lassen. &bdquo;Damit hat sich auch Marion S. gekämmt.“ Für Staatsanwalt Christoph Mackel nicht nachvollziehbar: &bdquo;Was soll dabei nach vier Jahren der Trennung herauskommen?“ Zu dieser Maßnahme will sich der Strafverteidiger noch nicht äußern. Ansonsten hat sich am Mittwoch der Sohn des Angeklagten im Gerichtssaal zu erkennen gegeben. Eigentlich ist er als Zeuge geladen und darf vorher an der Verhandlung nicht teilnehmen. &bdquo;Ich mache von meinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch“, erklärt er dem Vorsitzenden allerdings. Der Vertreter der Nebenklage, Rechtsanwalt Carsten Schneider aus Magdeburg, gab daraufhin bekannt, dass auch die Tochter nicht aussagen werde. Der Prozess wird am Freitag, 16. Februar, fortgesetzt. Dann treten der Lebensgefährte von Marion S. und ihre Schwester als Zeugen auf. Außerdem wird ein Gerichtsmediziner gehört.

Meistgelesen

Mordfall Marion S. aus Steinhagen: Ehemann bleibt lebenslänglich in Haft

Frauenmorde im Altkreis Halle: Diese Schicksale erschüttern die Region

Mordfall Marion S. aus Steinhagen: Endgültiges Urteil verzögert sich

Belohnung für «Cold Case» aus Bielefeld ausgeschrieben

Der Altkreis Halle verliert Industrie-Arbeitsplätze am Fließband Binnen fünf Tagen wird in Steinhagen und Halle der Abbau von 400 Stellen bei Automobilzulieferern angekündigt. Das hatte sich angedeutet – die Folgen für die Region könnten dennoch gravierend sein.

Halle trauert um bekannten Gastwirt: Mit Herz, Mut und Arbeit hat er viel bewegt Am Mittwoch ist Herbert...