Mord an Marion S.: So lief der erste Prozesstag vorm Landgericht Bielefeld

Halle/Bielefeld. Ohne Handschellen wird der Angeklagte in den Sitzungssaal des Landgerichts Bielefeld geführt. Es genügt, wenn zwei Justizvollzugsbeamte ihn bewachen. Er trägt zum Prozessauftakt einen rostroten Pulli und eine blaue Sträflingshose. Sein Gesicht verbirgt er hinter einem grünen Aktendeckel. So schützt er sich vor dem Blitzlichtgewitter der Fotografen und Fernsehkameras. Schmal und sichtlich gealtert wirkt der 73-Jährige, dem vorgeworfen wird, seine Ehefrau Marion (68) im Juli getötet und im Wald vergraben zu haben. Ein Mord aus Habgier und niedrigen Beweggründen? Das Interesse am ersten Verhandlungstag gegen den Senior aus dem Haller Ortsteil Kölkebeck ist beachtlich. Eine halbe Stunde vor Beginn des Prozesses warten etliche Besucher im Foyer ungeduldig auf Einlass in den großen Saal 1. Alle wollen den Mann sehen, der nach Auffassung der Ermittler seine Frau auf dem Gewissen hat. Gleichzeitig muss sein Strafverteidiger Sascha Haring den vielen Reportern Rede und Antwort stehen. Fernsehteams bedrängen den Juristen, der sich beständig zu allen Fragen äußert. &bdquo;Ich bin verblüfft, dass zwei Tage vor dieser Hauptverhandlung noch ein Gutachten des Landeskriminalamtes zu einer Faserspurenauswertung bei mir auf den Tisch gelandet ist“, sagt Haring mit ernster Miene. Und fragt provozierend: &bdquo;Kommt da jetzt noch mehr, oder ist das alles?“ Es gibt Angeklagte, die zu ihren Taten stehen und sie ohne Umschweife einräumen. Der Angeklagte gehört nicht dazu. Zum Prozessauftakt um den Mord an Marion S. aus Steinhagen lässt der Beschuldigte am Donnerstag durch seinen Strafverteidiger im Schwurgericht verlauten, &bdquo;derzeit“ nicht zur Sache aussagen zu wollen. Zu seiner Person, so Sascha Haring, wolle sich sein Mandant jedoch äußern. Während Staatsanwalt Christoph Mackel die Anklageschrift verliest, schaut der Angeklagte zu dem Staatsanwalt herüber, seine Arme lässt er hängen, anstatt sie auf dem Tisch abzustützen. Jedem Wort des Anklägers folgt er konzentriert. Rechtsanwalt Carsten Schneider aus Magdeburg, der die Kinder des Angeklagten als Nebenkläger vertritt, wobei die nicht anwesend sind, sitzt in der zweiten Reihe hinter dem Staatsanwalt. Christoph Mackel zeichnet eine Gruselstory. Demnach soll der 73-Jährige vor dem Verschwinden von Marion S. ein Grab im Wald von Kölkebeck ausgehoben haben. Am 5. Juli soll er dann in Tötungsabsicht überraschend seine getrennt lebende Partnerin in ihrem Elternhaus in Steinhagen aufgesucht und überwältigt haben, heißt es in der Anklage. Ob er schon in dem Gebäude die 68-Jährige erwürgt, oder sie unter Gewaltandrohung in den Kofferraum seines Autos gezwungen und sie dann später in einem Waldstück getötet habe, sei nicht klar. Angestaute Wut und befürchtete finanzielle Nachteile im Fall einer Scheidung, so Mackel, seien die Tatmotive für dieses Verbrechen. Ein Geständnis gibt es nicht. Zum Thema: Alle wichtigen Informationen zum Mordfall Marion S. finden Sie hier Der Beschuldigte hat sich vorbereitet. Auf einem Zettel hat er seinen Lebenslauf aufgeschrieben, den er dem Vorsitzenden Richter Sven-Helge Kleine vorträgt. Er habe die Volksschule in Kölkebeck und bis 1967 die zweijährige Handelsschule in Halle besucht, die zur Mittleren Reife geführt habe. Danach habe er bei Florex in Steinhagen eine kaufmännische Lehre absolviert und dort auch bis zur Einberufung zur Bundeswehr 1970 in der Buchhaltung gearbeitet. Dann sei er bis zu seiner Rente, die heute rund 2.000 Euro betrage, in das gleiche Unternehmen zurückgekehrt. Bis 2014 war er beim Fleisch- und Wurstwarenhersteller Nölke in der EDV beschäftigt. Seine Schulden beziffert der Angeklagte auf rund 600.000 Euro, die durch einen größeren Umbau seines Hauses resultierten. &bdquo;Im Ruhestand habe ich als Landwirt gearbeitet und mich um meine Schafe gekümmert.“ Seine Frau Marion habe er im August 1978 geheiratet. Er habe mit ihr zwei Kinder und mittlerweile vier Enkelkinder. &bdquo;Vor drei Jahren ist meine Frau dann bei mir ausgezogen.“ Der Prozess wird am Mittwoch, 14. Februar fortgesetzt. Dann will das Gericht die DNA-Auswertungen begutachten. Zum neuen LKA-Gutachten, das mehrere Seiten umfasst, hält sich Strafverteidiger Sascha Haring vorerst zurück. &bdquo;Es geht um Faserspuren, die durchaus belastend sind“, erklärt er im Gespräch mit dem &bdquo;Haller Kreisblatt“. Mehr möchte er dazu im Moment nicht sagen. &bdquo;Hier muss ich mich erst durcharbeiten und hoffe auch auf entlastende Bewertungen.“ Dass die Kinder als Nebenkläger am ersten Verhandlungstag nicht dabei gewesen sind, sei übrigens ganz normal. Haring: &bdquo;Sie sind als Zeugen benannt und dürfen erst später dabei sein.“ Ob sie dann aussagen, wisse er nicht. Er mache sich aber auch schon Gedanken über Beweisanträge. Am nächsten Verhandlungstag werden drei Gutachter zu den DNA-Auswertungen Stellung nehmen. &bdquo;Insgesamt sind 28 Zeugen geladen.“

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