Krise verschärft sich: Erheblicher Stellenabbau bei Flexicon in Halle

Halle. Es war Anfang September, als das Haller Unternehmen Flexicon sich nach dem planmäßigen Start des Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung in der Krise auf einem guten Weg sah. Man habe es geschafft, so hieß es vor knapp drei Monaten, &bdquo;das Vertrauen bei Mitarbeitern, Lieferanten und Kunden" zu erhalten. Doch das dürfte bei manchem nun erschüttert sein. Denn im November sprach das Unternehmen zahlreiche betriebsbedingte Kündigungen aus. Einst hatte Flexicon mehr als 200 Mitarbeitende, im Spätsommer waren es noch 185 - nach dem Ausscheiden der gekündigten Mitarbeitenden werden es nur noch 136 sein. 21 Mitarbeitenden hat Flexicon jetzt gekündigt, hinzu kamen im Jahresverlauf Eigenkündigungen, Renteneintritte, Altersteilzeit, Elternzeit und auch einige befristete Verträge, die ausgelaufen sind. Das &bdquo;Haller Kreisblatt" hat erfahren, dass die Kündigungen in manchen Fällen ohne Vorankündigung ausgesprochen wurden. Demnach hatte es in der Belegschaft zuletzt größere Unruhe gegeben. Denn habe es kurz nach Ausbruch der akuten Krise noch wöchentlich Meetings zur Lage mit den Mitarbeitenden gegeben, habe diese Frequenz anschließend kontinuierlich abgenommen. Zuletzt habe man mehr als fünf Wochen keine Informationen mehr erhalten, so die Kritik. Personalabbau bei Flexicon zieht sich durch alle Bereiche Einigen Mitarbeitenden schwante nach HK-Recherchen daraufhin Böses, was sich mit den Kündigungen zumindest für die Betroffenen nun bestätigte. Demnach zieht sich der Personalabbau bei Flexicon durch alle Unternehmensbereiche: von der Produktion über die Hilfstätigkeiten, die Zwischen- und Endkontrolle sowie den Vertrieb bis hin zur IT. In den Kündigungsschreiben wurde lediglich auf das laufende Insolvenzverfahren verwiesen. In dieser Sondersituation kann Flexicon von einer verkürzten Kündigungsfrist Gebrauch machen. Das Unternehmen hat die Betroffenen zudem mit sofortiger Wirkung freigestellt, zahlt die Gehälter bis zum Ablauf der Frist indes weiter. Das hatte bei Betroffenen für Verwunderung gesorgt. Zumal beim Stellenportal &bdquo;Xing" eine Ausschreibung von Flexicon kursiert - und zwar für einen Bereich, in dem das Unternehmen gerade entlassen hat. Der Druck, unter dem Flexicon bei diesem Personalabbau steht, ist offenbar groß. Nach HK-Recherchen waren zum Teil selbst Teamleiter nicht darüber informiert, dass sie Mitarbeitende verlieren. Betroffen von den Kündigungen waren wohl auch ältere Kollegen, was zu Zweifeln am zugrunde liegenden Sozialplan führt. Sparkurs bei Auftraggebern hat Haller Unternehmen hart getroffen Flexicon arbeitet in der sogenannten Druckvorstufe. Die Haller entwickeln druckfähige Vorlagen für Verpackungsdesigns, die genau dem erwarteten Farbspektrum und der optischen Ausgestaltung entsprechen. Mitunter stellt das Unternehmen auch die Druckplatten für die spätere Massenproduktion her. Vor allem der Ukraine-Krieg und daraus resultierende Sparkurse bei Auftraggebern ließen allerdings die Nachfrage einbrechen und Flexicon in die Krise schlittern. Und um die in den Griff zu bekommen, verschärft der Vorstand um Inhaberin Gabriele Kison und dem Sanierer Frank Stanitzke nun offenbar den Kurs. Gabriele Kison nahm auf HK-Anfrage Stellung zur Lage und zu den jüngsten Entscheidungen. Sie will zunächst einmal nicht stehenlassen, dass Flexicon nicht regelmäßig kommuniziert habe: &bdquo;Über die wirtschaftlichen Entwicklungen wurde unsere Belegschaft regelmäßig von mir persönlich sowie den Prokuristen in unseren sogenannten Town-Hall-Meetings informiert." Personalkosten in Relation zur Auftragslage deutlich zu hoch Es könne in Einzelfällen dazu gekommen sein, dass betroffene Mitarbeitende nicht persönlich oder per Teams teilgenommen haben oder teilnehmen konnten. &bdquo;In diesen Meetings wurde zum Stand des laufenden Sanierungsverfahren, zum operativen Tagesgeschäft, der Auftragssituation, Vertriebstätigkeiten und der Auslastung unterrichtet." Dabei habe der Vorstand deutlich gemacht, &bdquo;dass die Personalkosten in unserem Unternehmen in Anbetracht des Auftrags- und Umsatzrückganges deutlich zu hoch waren", so Kison in ihrer schriftlichen Stellungnahme. &bdquo;Leider mussten wir aufgrund dieser Situation eine wirtschaftliche Neubewertung vornehmen und uns dazu entscheiden, einschneidende Personalmaßnahmen umzusetzen." Flexicon habe darum &bdquo;betriebsbedingte Kündigungen im Zuge des laufenden Restrukturierungsprozesses" ausgesprochen. Und dabei natürlich eine Sozialauswahl getroffen: &bdquo;Sie wurde zwischen den Betriebsparteien intensiv diskutiert. Wir haben insoweit gemeinsam mit dem Betriebsrat eine tragfähige Lösung gefunden. Über personenbezogene Daten einzelner ArbeitnehmerInnen können wir an dieser Stelle hingegen keine Auskunft geben." 2024 keine weiteren Kündigungen beabsichtigt Immerhin zeigt sich die Inhaberin für das kommende Jahr zuversichtlicher: &bdquo;Die Planungen für das Jahr 2024 sind vorsichtig optimistisch, so dass nach derzeitigem Stand keine weiteren betriebsbedingten Kündigungen beabsichtigt sind und voraussichtlich auch kein weiterer Stellenabbau notwendig wird." Was die sofortigen Freistellungen angeht, habe das Unternehmen im Sinne der Betroffenen gehandelt: &bdquo;Wir wollten den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern die Möglichkeit geben, die verbleibende Zeit im Unternehmen für eine berufliche Neuausrichtung nutzen zu können. Trotz Freistellung erhalten die betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer natürlich bis zum Ende ihres Arbeitsverhältnis ihr Gehalt weiter ausbezahlt", so Kison. Und man suche parallel auch kein neues Personal, besagte Xing-Anzeige sei nicht von Flexicon veranlasst worden. &bdquo;In unserem Unternehmen sind derzeit keine personellen Vakanzen gegenständlich. Es findet mithin auch keine Besetzung vermeintlich offener Stellen statt, da solche nicht vorhanden sind", schreibt die Inhaberin. Einschnitte beim Personal seien &bdquo;schmerzhaft" gewesen Obwohl sich die Krise aktuell also zuspitzt, sieht man sich bei Flexicon grundsätzlich auf dem richtigen Weg: &bdquo;Leider mussten wir personelle Einschnitte vornehmen, um die Personalquote auf ein wirtschaftlich gesundes und realistisch tragfähiges Maß anzupassen. Dies war sehr schmerzlich und hat wehgetan, aber es war für die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens unumgänglich", betont die Geschäftsführerin. Zwar seien die letzten Monate nicht einfach gewesen, aber das Unternehmen habe gezeigt, dass &bdquo;wir immer noch eine wichtige Rolle im Markt spielen", was vor allem am hohen Fachwissen innerhalb der Betriebes liege. &bdquo;Wir haben uns erfolgreich restrukturiert und werden uns nun wieder vorrangig auf unsere wertvollen Bestandskunden, aber auch auf neue Vertriebs- und Marketingaktivitäten konzentrieren" - so blickt Gabriele Kison nach vorn und gibt ein Versprechen ab: &bdquo;Die vor allem durch externe und konjunkturelle Faktoren verursachte lange Krisenphase konnte durch die Sanierung überwunden werden und unser Unternehmen geht strukturell gestärkt aus dieser Krise hervor." Eine Perspektive, die für die gekündigten Mitarbeitenden aktuell sicher schwer einzunehmen sein dürfte. Und auch wenn Gabriele Kison augenscheinlich an die Kompetenz und die Chancen ihres Unternehmens glaubt, so stellt sie abschließend auch klar: &bdquo;Es lässt sich momentan schwer abschätzen, wie sich internationale Märkte entwickeln werden und insbesondere das Konsumverhalten in den von Flexicon betreuten Märkten. Die Zukunft wird uns sicherlich vor weitere Herausforderungen stellen."

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