AWO OWL muss ab 2026 komplettes Sprachkursangebot für Migranten streichen

Herford/Gütersloh. Ab 2026 ist bei der AWO OWL Schluss mit Sprachkursen für Migranten. Ab dann wird sich der Träger nicht mehr um neue Sprachkurse bewerben. Hintergrund sind massive Kürzungen der Fördermittel durch den Bund, die eine ausreichende Refinanzierung des Angebots nicht mehr ermöglichen. Auch Mitarbeiter werden angesichts der Streichungen betriebsbedingt gekündigt. Eine Entwicklung, vor der auch weitere Träger in Ostwestfalen-Lippe stehen. Befürchtet wurde das Szenario schon seit Ende vergangenen Jahres. Seitdem war klar, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) die Fördermittel um die Hälfte auf 500 Millionen Euro kürzt. Klar war auch, was das für die Kurse bedeuten wird: einen gravierenden Kahlschlag bei Integration und Sprache. Treffen wird er alle freien Träger. Den Anfang macht in OWL nun die AWO. &bdquo;Im Zusammenhang mit der nicht ausreichenden Refinanzierung durch die Kostenträger der Maßnahmen sind unsere Sprachschulen deutlich unterfinanziert“, teilt der Träger auf Nachfrage dieser Redaktion mit. Die Sprachförderung stehe bundesweit unter enormem finanziellen Druck. &bdquo;Sprachschulen müssen ihre Leistungen über einen Zeitraum von bis zu drei Monaten vorfinanzieren, bevor die Mittel von den öffentlichen Stellen ausgezahlt werden.“ Betroffen seien die Sprachschulen der AWO in den Kreisen Herford und Gütersloh. &bdquo;Mit den Standorten hier fallen nun wichtige Angebote für die Region weg.“ Mitarbeiter der AWO können Schritt nicht nachvollziehen Intern stößt dieser Schritt der Geschäftsführung auf große Kritik, zumal auch betriebsbedingte Kündigungen damit verbunden sind. Eine Mitarbeiterin hat sich anonym bei dieser Redaktion gemeldet. Auch der Abwicklungsvertrag für die betroffenen Mitarbeiter liegt dieser Redaktion vor. &bdquo;Alle Lehrkräfte sollen ihre Kündigung erhalten und einen Abwicklungsvertrag unterschreiben, in dem sie auf eine Kündigungsschutzklage verzichten“, prangert die Beschäftigte an. &bdquo;Im Gegenzug erhalten sie eine Abfindung, die der Hälfte des gesetzlichen Minimums entspricht.“ Tatsächlich beinhaltet der Vertrag eine solche Klausel. Wie hoch die Abfindungssumme ist, lässt sich nicht nachvollziehen, da der betreffende Absatz im Vertrag geschwärzt ist. Begründet wurde den Mitarbeitern der AWO die Streichung nach Aussage der Beschäftigten mit einem sechsstelligen Minus in der Abteilung. &bdquo;Mitarbeitende können weder bestätigen noch nachvollziehen, warum nach den wirtschaftlich erfolgreichen Jahren nun plötzlich ein solches Defizit entstanden sein soll.“ Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an Ein Beitrag geteilt von AWO Bezirksverband OWL (@awo_owl) Auf Nachfrage bestätigt der Träger die betriebsbedingten Kündigungen. Auf diese werde zurückgegriffen, &bdquo;soweit wir den Kolleginnen und Kollegen keine anderweitige geeignete Beschäftigung im Bezirksverband anbieten konnten“. Den betroffenen Mitarbeitenden biete der Träger Abwicklungsverträge auf freiwilliger Basis an. &bdquo;Dazu steht die AWO OWL im engen Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen und dem Betriebsrat.“ Tariflich bezahlte Sprachlehrer werden nicht finanziert Hintergrund ist nach Angaben des Trägers auch der Sachverhalt, dass Sprachkurse bei der AWO ausschließlich durch tariflich bezahlte Festangestellte gegeben würden. Für sie aber gebe es keine ausreichende Refinanzierung, &bdquo;da Tarifsteigerungen in der öffentlichen Refinanzierungslogik nicht vorgesehen sind“. Hinzu kommt die Problematik, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge seit Februar 2025 verbindliche Vor- und Nachbereitungszeiten für festangestellte Sprachlehrer einfordert, die entsprechend vergütet werden müssen. Diese werden laut AWO aber ebenfalls nicht refinanziert. &bdquo;Der Schritt, den die AWO OWL nun gehen muss, steht sinnbildlich für die strukturellen Herausforderungen, mit denen insgesamt die gemeinnützigen Träger in der Sprachförderung konfrontiert sind.“ Klar ist schon jetzt: Dem Beispiel der AWO werden angesichts der angespannten Haushaltslage und des Sparkurses von Bund und Land höchstwahrscheinlich weitere soziale Träger folgen. Auch vom Landesverband der Volkshochschulen NRW kommt Kritik. &bdquo;Durch die Sparmaßnahmen der Bundesregierung im Deutsch- und Integrationsbereich wird ein nachgewiesenermaßen erfolgreiches System der sprachlichen Integration Zugewanderter in Frage gestellt“, sagte Elmar Schnücker, damaliger Leiter der Volkshochschule Gütersloh dieser Redaktion bereits im Januar. &bdquo;Die Chancen einer gesellschaftlichen und beruflichen Integration sinken dadurch dramatisch. Es ist jetzt dringend nötig, eine langfristige Planungssicherheit für Zugewanderte und für die Träger der Sprachkurse zu sichern.“ Noch mögliche Sprachkurse werden vom BAMF verlost In einem Brandbrief haben im &bdquo;Trägernetzwerk BAMF Berufssprachkurse“ zusammengeschlossene Deutschkursanbieter die Rücknahme der Kürzungen gefordert. &bdquo;Lern- und integrationsbereite Migrantinnen und Migranten warten großteils etliche Monate auf ihnen zustehende Deutschkurse“, heißt es darin. Viele von ihnen seien gut ausgebildet und könnten zeitnah zur Behebung des deutschen Fachkräftemangels beitragen. &bdquo;Eine Integration in den deutschen Arbeitsmarkt oder die Aufnahme einer Ausbildung in einem der gefragten Berufe ist jedoch ohne entsprechende Deutschkenntnisse nicht möglich.“ Insgesamt kämpfen Kursträger deutschlandweit angesichts des Sparkurses um ihre Existenz. Ein Ende des Sparkurses durch das BAMF ist nicht in Sicht, gerade wurde die Verlängerung für das dritte Quartal bekannt gegeben. &bdquo;Die wenigen Kurse, die genehmigt werden können, werden unter regional akkreditierten Trägern verlost – unabhängig von deren Größe, Qualität und Gesamtsituation“, prangern Träger im Brandbrief an. &bdquo;Für engagierte Kursanbieter, die zum Teil um ihre Existenz und die Absicherung ihrer Belegschaft ringen, wirkt dieses Verfahren fast höhnisch.“ Weder das zuständige Ministerium für Arbeit und Soziales, noch das BAMF hätten bislang auf die fortschreitende Thematik reagiert. Insgesamt will der Bund durch die Neuordnung der Sprach- und Integrationskurse über fünf Jahre rund 758 Millionen Euro einsparen. Allein fast 480 Millionen Euro ergeben sich durch die Streichung von Wiederholer-Kursen, 126 Millionen durch den Wegfall der Kurse für Frauen, Eltern und Jugendliche. Weitere Posten ergeben sich durch die Streichung von Fahrtkosten oder wegfallende Verwaltungskosten.

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