Feuer im Haller Kaufrausch: Hauchdünn an einer Katastrophe vorbei

Halle. Am Morgen nach dem nächtlichen Brand im Haller Trödelparadies Kaufrausch sitzt Fatima Monique Schulze genau dort, wo sie an anderen Tagen auch sitzt: Bei einer Tasse Kaffee und einer Zigarette am runden Gartentisch vor dem Eingang des Geschäfts. Doch es ist kein Tag wie jeder andere. "Wir haben heute zu", sagt sie, als sich eine Kundin nähert. Auf deren fragenden Blick hin zeigt Fatima Monique Schulze auf die verkohlten Überreste, die auf dem Hof verteilt sind. Dort, wo sonst Gartengerätschaften zum Kauf angeboten werden. Die Brandstelle ist mit einem rotweisen Flatterband abgesperrt. "Polizeiabsperrung" steht darauf. Und während der polizeiliche Brandermittler den Ort des Geschehens genau untersucht, erzählt Fatima Monique Schulze von den Erlebnissen in der Nacht. "Um 0.28 Uhr klingelte das Handy. Erst dachte ich, es ist der Wecker", sagt sie. Dann geht sie ran. "Der Kaufrausch brennt", berichtet ein Feuerwehrmann am anderen Ende. "Da habe ich einen riesen Schreck bekommen", erinnert sich die 59-Jährige und fügt leise hinzu: "Der Kaufrausch ist ja schließlich unsere Existenz." Nach nur wenigen Minuten treffen sie und ihr Mann Udo am Brandort ein. Dort dann die Erleichterung. Es ist nur das große hölzerne Tor des Lagerschuppens, das in Flammen steht. Die schlagen zwar meterhoch in den Himmel, doch die Feuerwehrleute können verhindern, dass sie auf den Innenraum übergreifen. Zum Glück wurde die Feuerwehr wurde rechtzeitig von einer aufmerksamen Nachbarin gerufen, die den Feuerschein entdeckt hatte. Ein Blick in den etwa 100 Quadratmeter großen Lagerraum macht deutlich, was hier hätte passieren können. Denn das Lager ist voll von leeren Papp- und Umzugskartons und alten Möbeln. Genügend Futter für einen gigantischen Brand im alten Fachwerkschuppen. Dass dies nicht geschehen ist, ist auch dem Umstand zu verdanken, dass direkt hinter dem Brandherd am Außentor Metallgegenstände, darunter eine feuerfeste Tür eines Räucherofens abgestellt waren. "Das hat das Feuer vielleicht auch ein bisschen abgehalten", vermutet Udo Schulze. Kein technischer Defekt für das Feuer verantwortlich "Keine Ahnung", antwortet der Geschäftsinhaber auf die Frage, ob er wisse, was das Feuer ausgelöst haben könnte. "Deswegen ist ja gerade die Polizei hier", sagt er und zeigt auf den Beamten, der in einem blauen Overall den verkohlten Bereich inspiziert. Kurze Zeit später herrscht Gewissheit. Es war kein technischer Defekt. "Das Feuer ist von außen gekommen", sagt der Ermittler. Bedeutet: Es ist absichtlich oder versehentlich gelegt worden. "Wer macht denn bloß so was?", fragt Fatima Monique Schulze. Eine Antwort darauf erwartet sie nicht. "Gibt es jemanden der Ihnen etwas Böses will?", fragte der Brandspezialist von der Polizei. "Nein, wir kommen doch mit allen gut aus", antwortet sie. Dann erzählt Udo Schulze, dass sich in der Vergangenheit nachts immer wieder Jugendliche im Bereich des Ladens aufgehalten haben. Schräg hinter dem Kaufrausch liegt der Bahnhof, ein bekannter Treffpunkt junger Leute in Halle. "Einmal ist sogar jemand auf das Dach geklettert. Die Person muss dort gefallen oder hängengeblieben sein. Dort sieht man es noch", sagt Schulze und zeigt auf die verbogene Metallumrandung. Möglicherweise ist der Brand an der Tür also durch eine achtlos weggeworfene Zigarette entstanden. Dagegen spricht allerdings, dass nach Angaben des Brandermittlers das Tor zunächst nicht am Boden sondern etwas höher zu brennen begonnen hat. Unangenehme Geburtstagsüberraschung für den Betreiber des "Kaufrausch" "Wir haben heute zu", sagt Fatima Monique Schulze, als erneut zwei Kundinnen den Hof betreten. Als eine davon die verkohlten Überreste auf dem Boden entdeckt, schlägt sie die Hand vor den Mund. "Montag aber machen wir wieder auf", sagt Fatima Monique Schulze schnell. Vermutlich. Denn die Verkaufsräume sind nicht direkt vom Feuer betroffen worden. "Machen Sie sich nicht zu viel Gedanken", sagt der Brandermittler, als er den Hof verlässt. "Die mache ich mir nicht. Morgen ist das vergessen, dann arbeite ich ja wieder", antwort Udo Schulze gelassen. Er wird dennoch wohl immer an diesen Tag erinnert werden. An den Tag, an dem die wirtschaftliche Existenz nur durch viele glückliche Umstände nicht in Flammen aufging. Denn es ist der Tag, an dem er 54 Jahre alt geworden ist.

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