Was kann weg? Die kuriose Spardebatte um die Grundschule Gartnisch

Halle. Die Ausgangslage für diesen Abend war eigentlich eine glasklare: Zum jetzigen Zeitpunkt liegen die Baukosten für die neue Grundschule Gartnisch um 230.000 Euro über dem geplanten und gedeckelten Budget von knapp 13,8 Millionen Euro (davon gut 1,4 Millionen Euro Fördergelder). Die Verwaltung hatte empfohlen, diese Summe durch Verzicht auf Ausstattung einzusparen, um den bereits vorhandenen Kostenpuffer von gut einer Million Euro zu erhalten (das HK berichtete). Denn sie rechnet damit, dass weitere Steigerungen vor allem bei der Ausschreibung der technischen Gewerke auftreten werden. 44 Prozent planungssicher Projektsteuerin Uta Ischner zog zu Beginn der Sitzung im pädagogischen Zentrum der Masch ein positives Zwischenfazit: &bdquo;Das erste Ausschreibungspaket ist gut gelaufen. 44 Prozent der Gesamtkosten sind damit jetzt auftragssicher. Das ist für den Zeitpunkt des Projektes schon gut." Die Mehrkosten seien zu je 50 Prozent auf zusätzlichen Planungsaufwand (Entwässerung und Küche) sowie die Ausschreibungsergebnisse zurückzuführen. Die Dachabdichtungsarbeiten werden hingegen erneut ausgeschrieben, weil die Angebote viel zu teuer waren. &bdquo;Womöglich waren wir da zu früh dran", so Ischner. Man erwarte jetzt keine erheblichen Zusatzkosten in der Planung mehr. &bdquo;Schreiben wir bald aus, könnten die Bauarbeiten in einem Monat beginnen." Die Fensterfrage Dann stiegen die Politikerinnen und Politiker in die Detaildebatte ein – die Verwaltung hatte ein Sparpaket mit zehn Punkten über insgesamt 520.000 Euro vorgelegt, die Frage war nun: Was kann weg? Dieter Jung (Grüne) brachte als erstes die Fensterelemente in jeder Klasse zur sogenannten pädagogischen Mitte – Bereiche für Gruppenarbeit – ins Spiel. Hier schlug das Sparpaket eine Reduktion von zwei Fensterelementen auf eines vor. &bdquo;Rät die Polizei im Rahmen der Amokprävention nicht von solchen Fenstern ab?", fragte Jung. Zudem öffneten sie doch Raum für Provokationen. &bdquo;Für uns war das pädagogische Konzept der Schule ausschlaggebend", entgegnete Bürgermeister Thomas Tappe. &bdquo;Auch wenn ich das zuerst kritisch gesehen habe." Schulleiterin Kristina Niemeyer betonte: &bdquo;Die Sichtbeziehung zur Mitte ist auch aus Aufsichtsgründen wichtig. Aber wir wären bereit, das zu verkleinern." Voller Puffer nötig? &bdquo;Wir erwarten, dass wir den kompletten Puffer noch brauchen werden", warb Thomas Tappe um Einschnitte. &bdquo;Sie können heute auch gerne 520.000 Euro einsparen – unser Ziel ist aber zunächst einmal die bisherige Überschreitung." Das leuchtete Michael Koch (UWG) nicht ganz ein: &bdquo;Wofür haben wir den Puffer denn eingebaut? Ich vermisse ein wenig die Zahlen, Daten und Fakten, die Anlass zur Sorge der Verwaltung geben." Auch Silke Schäfer (SPD) fand, &bdquo;dass die Planung auf den Punkt läuft. 44 Prozent der Kosten sind schon sicher, das Risiko für erhebliche Steigerungen nicht mehr so hoch". Lesen Sie auch: Einzug ist für 2022 geplant: Diese Schule legt beim Neubau den Turbo ein Das ist der Schule wichtig Zwei Punkte des Sparpaketes könne sich die Schule nur schwer vorstellen, erklärte Kristina Niemeyer: &bdquo;Ein Windfang bringt energetische Einsparung und ist eine Schmutzschleuse. Unser derzeitiges Forum ist kalt und wird nicht gern genutzt." Diese knapp 15.000 Euro würde Niemeyer ebenso gern investieren wie 24.000 Euro für Waschbecken in jedem Klassenraum. &bdquo;Die sind einfach nicht wegzudenken – unter anderem als Trinkwasserspender." Dicke Luft vermeiden Das Thema Lüftung beschäftigte die Ausschüsse geraume Zeit. Schnell zeichnete sich ab, dass sichtbare statt eingebaute Lüftungsgeräte ohne zusätzliche aktive Kühlung mehrheitsfähig sein würden – das allein brächte knapp 165.000 Euro. Stattdessen soll über die Fußbodenheizung gekühlt werden – hier votierte schließlich nur die CDU für einen Wegfall der entsprechenden Wärmepumpen. Und auch dem Verzicht auf die Lüftung der Toiletten (gut 65.000 Euro) stimmte die Politik nicht zu – &bdquo;ausgerechnet auf dem Klo keine Lüftung kann ich mir nicht vorstellen", kommentierte Tim Brandt (SPD). Beschluss mit Mängeln Schließlich wurde auf Wunsch der Grünen über jeden Sparvorschlag einzeln abgestimmt. Einstimmig votierte die Politik für sichtbare Lüftungsgeräte ohne aktive Kühlung und gegen die Stimmen der SPD für Linoleum statt Parkett im Forum. CDU und Grüne setzten sich auch bei der Reduzierung der Fensterflächen zu den Gruppenräumen durch. Machte unter dem Strich 270.000 Euro – sogar 40.000 Euro mehr als gefordert. Da schaltete sich überraschend Thomas Tappe noch einmal ein: &bdquo;Mit Blick auf das pädagogische Konzept würde es doch eher Sinn machen, auf die Oberlichter in den Klassenräumen statt auf Fenster zu verzichten, oder?" Kristina Niemeier stimmte zu – und das ganze soll nun im Stadtrat am Mittwoch, 23. Februar, noch einmal diskutiert werden. Entschiede sich die Politik noch einmal um, verblieben immer noch 256.000 Euro Ersparnis. Kontroverse um Antrag Für Diskussionen sorgte ein Antrag von Peer Kranz (CDU), nach dem nächsten Ausschreibungspaket erneut der Politik zu berichten und bei Kostensteigerungen zu reagieren. &bdquo;Müssen wir über solche Selbstverständlichkeiten überhaupt abstimmen?", fragte der Schulausschussvorsitzende Jörg Witteborg (SPD). Und Tim Brandt bezeichnete den Vorstoß als &bdquo;sinnfrei". Mit den Stimmen der CDU und bei Enthaltungen der Grünen und der UWG ging er gegen die SPD dennoch durch. Thomas Tappe unterstützte seinen Parteikollegen Kranz: &bdquo;Der Deckelungsbeschluss ist ja nicht heute erledigt. Wir müssen das im Blick behalten." Lesen Sie auch: Millionen-Projekt in Brockhagen: So könnte die neue Grundschule aussehen

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