Diese beiden Männer stellen bei jeder neuen Corona-Welle das Essen ein

Bernhard Feldmann und Ernst Sandmann entdecken in der Corona-Pandemie das Heilfasten für sich. Mit jeder neuen Welle stellen sie für eine Woche das Essen ein. Das ziehen sie durch – auf männliche Art.

Frisch gepresste Säfte: Für die Fastenden Bernhard Feldmann (links) und Ernst Sandmann eine der wenigen Gaumenfreuden. | © Heiko Kaiser

31.05.2021 | 31.05.2021, 18:05

Halle. Bernhard Feldmann und Ernst Sandmann überlassen nichts dem Zufall. Schon gar nicht beim Fasten. „Wenn ich mich mit einem Thema beschäftige, gehe ich es wissenschaftlich an", sagt Feldmann, der einst Chemie studiert hat. Schon Herbert Grönemeyer wusste: „Männer machen alles ganz genau." Und sie dokumentieren es.

„Buchinger Fastenwoche von Berni & Ernst im April 2021" steht auf dem Deckblatt. 28 Seiten umfasst die Präsentation. Sie lässt keine Fragen offen. Von einer kurzen Abhandlung über die Geschichte des Heilfastens über dessen Vorteile und grundlegende Prinzipien bis hin zu detaillierten Tagesplänen – Berni und Ernst haben alles notiert und mit eigenen Fotos bebildert.

"Fasten bedeutet nicht, dass ich eine Woche hungere"

Männer und Fasten? Die beiden Haller begegnen hier immer wieder Vorurteilen. Bilder von grillenden, grölenden, Gerstensaft konsumierenden Mannsbildern passen einfach nicht zu der bewussten, feinsinnigen, in sich gekehrten und Achtsamkeit fordernden Methode des Heilfastens. „Eine Wochen ohne Essen, das könnte ich nicht." Oft hat Ernst Sandmann diesen Satz gehört. „Kann jeder. Denn Fasten bedeutet nicht, dass ich eine Woche hungere", stellt er klar.

Das liegt nicht an dem, was Fastende zu sich nehmen. Erlaubt sind beim Buchinger-Heilfasten jeweils ein Viertelliter Gemüsebrühe und Gemüsesäfte, ein bisschen Honig und mindestens 2,5 Liter Wasser oder Tee am Tag. Der Grund aber, warum Fastende keinen Hunger verspüren, ist, dass der Körper sich nach kurzer Zeit umstellt und sich aus den eigenen Fettreserven ernährt.

Dosierte Bewegung wirkt im Fasten einem Muskelabbau entgegen. Bernhard Feldmann und Ernst Sandmann bei den täglichen Koordinationsübungen. - © Bernhard Feldmann
Dosierte Bewegung wirkt im Fasten einem Muskelabbau entgegen. Bernhard Feldmann und Ernst Sandmann bei den täglichen Koordinationsübungen. (© Bernhard Feldmann)

Das aber ist nicht ganz leicht. So will Heilfasten vorbereitet sein. Den Anstoß dazu hat Bernhard Feldmann gegeben. „Vor zwei Jahren habe ich eine Fastenwoche im Allgäu gemacht. Zehn von zwölf Teilnehmenden waren Männer. Das Programm haben wir eins zu eins übernommen", sagt er. Programm ist hier durchaus wörtlich zu nehmen. „9 bis 9.45 Uhr Frühsport, 9.45 bis 10.30 Uhr Yoga bei Ernst, 10.30 bis 11 Uhr Gemüsesaft trinken bei Ernst, 11 bis 12 Uhr Wanderung, 12 bis 18 Uhr Pause, 18 Uhr bis 18.30 Uhr Gemüsesuppe trinken bei Berni", steht beispielsweise in der Tabelle für den vierten Fastentag. Es ist gleichzeitig vermerkt, wer dabei welche Aufgaben zu übernehmen hat. „Ernst kocht die Suppe frisch" steht dort. Männer brauchen eben Pläne und fügen ihre eigenen Programmpunkte hinzu: „20.15 bis 22.30 Uhr Fußball schauen (DSC gegen Schalke)." Darauf darf auch in Fastenwochen nicht verzichtet werden.

Fasten wirkt sich positiv aus: "Ich bin regelrecht explodiert"

Die erste im vergangenen Jahr war längst geplant, als der Lockdown ausgerufen wurde. Im November und im April folgten weitere, zufällig immer dann, wenn eine weitere Welle anrollte. „Es geht beim Fasten nicht darum, Gewicht abzubauen", sagt Ernst Sandmann. „Es ist vielmehr ein Recycling. Man wird Altlasten los", ergänzt Bernhard Feldmann. Und das hat positive Wirkungen. „Ich bin regelrecht explodiert", erklärt der 61-Jährige und lacht. Selbstverständlich kann das mit Zahlen belegt werden. „Vor dem ersten Fasten habe ich 30 Liegestütze geschafft, heute sind es 65", so Feldmann. Von 17 auf 35 steigerte sich Sandmann. Das ist auch dem Yoga- und Sportprogramm zuzuschreiben, das Feldmann sich und seinem Mitfastenden verschrieben hat. „Ich habe ja auch mal Sport studiert", sagt er. Bewegung sei wichtig, bestätigt Sandmann. Wer nur auf dem Sofa liege, habe es deutlich schwerer.

Doch die Dokumentation des Fastenfortschritts geht über die Anzahl der Liegestütze hinaus. Täglich wurden auf einer Körperanalysewaage Gewicht, Körperfett, Muskelmasse, Knochenmasse, Viszerales Fett und Körperwasser gemessen. Puls- und Blutdruckwerte gehören ebenfalls zum Standardrepertoire. Selbst der PH-Wert des Urins wird festgehalten. „Zahlen, Daten, Fakten eben", sagt Bernhard Feldmann.

Voller Genuss wird das Fastenbrechen zelebriert

Wer jetzt glaubt, die Fastenwoche der beiden Männer sei eine zwanghafte Angelegenheit, der liegt völlig falsch. Der genaue Zeitplan gibt lediglich ihrem Tag Struktur. Den brauchen Fastende, da die Mahlzeiten als ordnungsstiftende Instanz wegfallen. Pläne geben den Rahmen, in dem innere Entwicklung stattfinden kann. Denn Fasten, also die Ernährung von innen, bedeutet auch Rückzug. „Sich auf die innere Reise begeben", nennt es Ernst Sandmann. Regelmäßiges Yoga und Zeiten der Besinnung sind ihre Begleiter auf diesem Weg, der auch kreative Momente hat. Bernhard Feldmann zeigt auf das Bild eines Froschkönigs, das er in einer Fastenwoche gemalt hat.

Das Fastenbrechen mit einem Apfel wird in einem Ritual zelebriert. - © Bernhard Feldmann
Das Fastenbrechen mit einem Apfel wird in einem Ritual zelebriert. (© Bernhard Feldmann)

Voller Genuss haben sie jeweils das Fastenbrechen zelebriert. „Einmal sind wir auf die Drachenwiese gegangen, haben eine Tischdecke ausgebreitet und sie mit Zweigen dekoriert. Dann haben wir unseren Apfel gegessen. Das ist eine Geschmacksexplosion", sagt Bernhard Feldmann. Alle Sinne seien nach einer Fastenwoche sensibilisiert, pflichtet ihm Ernst Sandmann bei. Pures Empfinden, diesmal ohne Messwerte. „Man muss sich in dieser Woche jedoch Zeit nehmen und Termine verlegen", sagt der 51-Jährige, der Geschäftsführer eines Catering-Unternehmens ist. Er hält nichts davon, während der Fastenwoche weiter zu arbeiten. Beide können sich vorstellen, zukünftig in Halle Männerfastengruppen anzubieten. Und eines ist klar: Die wären bestens organisiert.

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