"Wir zerstören gar nichts" – Mountainbiker widerspricht Waldbesitzer

Profiradfahrer Max Kruse ist verärgert. Grund ist ein Artikel, der einen Streit aus Sicht zweier Waldbesitzer schildert. Der Hörster sieht die Dinge anders.

24.11.2020 | 25.11.2020, 09:51

Halle-Hörste. Vor wenigen Wochen thematisierte ein HK-Artikel den handfesten Konflikt zwischen einem Radfahrer und einem Waldbesitzer. Demnach „raste" der Radfahrer illegal einen Hang hinunter. Der Waldbesitzer stoppte den Fahrer und stellte ihn zur Rede. Im Text ist anschließend von „Streit", „wüsten Beleidigungen" und „körperlichem Widerstand" die Rede. Max Kruse ist zwar nicht dabei gewesen, trotzdem stellt der Mountainbiker die Dinge anders dar.

Er findet die Berichterstattung einseitig. Zwar spricht auch er von einer „illegalen" Fahrt seines Kollegen. Trotzdem nimmt er den Bergabfahrer in Schutz. Den Behörden und auch den Waldbesitzern wirft er hingegen mangelndes Verständnis vor. Die Treffen zwischen Mountainbikefahrern und Förstern oder Waldbesitzern enden nur selten freundlich. Die Aggression gehe jedoch fast immer zuerst von den Waldbesitzern aus. „Jedes Mal bekommen wir von solchen Leuten einen blöden Spruch. Wir nennen sie immer nur die Trail-Police", sagt Kruse.

Die Könner garnieren ihre Sprünge mit verschiedenen Tricks

Der 28-Jährige ist Mitglied beim Radrennklub Zugvogel Bielefeld und seit vielen Jahren als Profi unterwegs. Mehrere Sponsoren unterstützen ihn. Er zählte bis vor wenigen Jahren noch zum Nationalkader der Downhillfahrer. 2016 ist er seinen letzten Weltcup für Deutschland gefahren. Bis heute nimmt er Einladungen zu Sport-Festivals an, um vor Publikum mit einem Fahrrad 30 Meter weite Sprünge zu zeigen. Für den Nervenkitzel garnieren die Könner ihre Luftakrobatik zusätzlich mit verschiedenen Tricks. Je schwieriger, desto spektakulärer. Das Risiko springt mit und manchmal enden die Fahrer im Krankenhaus.

Mountainbiker Max Kruse in seinem hauseigenen Bike-Park. Einen 7 Meter hohen Turm hat er dafür mit seinem Bruder gebaut und 3000 Kubikmeter Boden aufschütten lassen. - © Ekkehard Hufendiek
Mountainbiker Max Kruse in seinem hauseigenen Bike-Park. Einen 7 Meter hohen Turm hat er dafür mit seinem Bruder gebaut und 3000 Kubikmeter Boden aufschütten lassen. (© Ekkehard Hufendiek)

2015 erwischte es Max Kruse. In Belgien habe er einen Sprung „überschossen". Als er einen „Whip" habe zeigen und das Rad in der Luft querstellen wollen, merkte er, „das geht schief". Er konnte den Sprung nicht mehr retten: „Ich bin wie ein Pfeil in die Erde eingerastet.", erzählt Kruse. Zwei Brüche, mehrere Tage Krankenhaus und ein paar Monate Genesung waren die Folge. Anschließend stieg er sofort wieder in den Sattel.

Wie ernst ihm der Sport ist, zeigt sich im Aufwand, den er fürs Training betreibt: In seinem Garten ragt ein hölzerner Turm sieben Meter in die Höhe – ein Eigenbau von ihm und seinem Bruder. Vier baumdicke Strommasten verankern die Last im Boden. Oben zwischen die Masten zimmerten die Brüder eine Plattform. Von hier aus stürzen sie mit dem Fahrrad fast senkrecht hinunter auf eine Rampe, an deren Ende sie wie ein Skispringer vom Schanzentisch in die Luft abheben. Nach dem ersten Impuls gibt es kein Zurück mehr. Kruse zeigt einen „Backflip", einen Rückwärtssalto. Zuvor springt er zweimal einfach so mit dem Rad durch die Luft. Ein bisschen Aufwärmen sei für den Backflip schon nötig, erklärt er lapidar.

Etwas abseits des Turms hat der Hörster 3.000 Kubikmeter Boden für eine Mountainbikestrecke aufschütten lassen. Ein Hügel reiht sich an den nächsten. So entstand sein privater Bike-Park, im Altkreis wohl einzigartig.

Nicht jeder hat solche Möglichkeiten beim Training wie er

Kruses Trainingsmöglichkeiten haben seine Kollegen indes nicht. Und genau das sei für die wachsende Szene in der Region das Problem. Während die Reiterei im Wald geduldet werde, gebe es hier „keinen Ort, wo wir unseren Sport sinnvoll ausüben können.", sagt Max Kruse. Dann listet er einige gute Beispiele in den Nachbarregionen auf: den Bike-Park im Deister bei Hannover, oder einen im Raum Osnabrück.

Er lobt außerdem den Skater-Park auf dem Biefelder Kesselbrink, der laut Kruse vor allem deswegen so gut gelungen sei, weil die Aktiven bei der Planung mit eingebunden wurden. Vergleichbares wünscht er sich auch für einen möglichen Bike-Park im Teutoburger Wald. In der Sache gibt es schon seit Jahren eine Initiative seines Radsportvereines. Aber trotz langjähriger Mühen hagelte es von Bielefeld bis Borgholzhausen immer wieder nur Absagen.

Eigener Trainingspark: Einen sieben Meter hohen Turm hat Max Kruse mit seinem Bruder gebaut und 3000 Kubikmeter Boden aufschütten lassen. - © Ekkehard Hufendiek
Eigener Trainingspark: Einen sieben Meter hohen Turm hat Max Kruse mit seinem Bruder gebaut und 3000 Kubikmeter Boden aufschütten lassen. (© Ekkehard Hufendiek)

„Was zerstören wir als Mountainbiker? Gar nichts!"

„Was sollen die richtig talentierten Jungs, die wenig Geld haben, denn machen?", fragt Kruse. Weil die ambitionierten Fahrer keine Wahl haben, nutzen sie die Hänge des Teutos, präparieren ihre Strecken und riskieren die Wut der Waldbesitzer. „Wir machen keinen Lärm und hinterlassen keinen Müll", sagt Kruse und fügt eine rhetorische Frage hinzu: „Was zerstören wir als Mountainbiker? Gar nichts!"

Auch Kruse fährt manchmal durch fremdes Terrain. Am liebsten bei schmuddeligem Wetter, wenn es schön regnet, weil dann die Trail-Police zuhause bleibt.