
Halle. In der Corona-Pandemie wünschen sich viele die Normalität zurück. So auch Familie Störmer aus Halle, wobei deren Leben auch schon weit vor dem Frühjahr 2020 wenig mit dem zu tun hatte, was sich so manch einer unter einem normalen Leben vorstellt. Der 74-jährige Manfred Störmer und seine sechs Jahre jüngere Frau Brigitte pflegen seit 45 Jahren ihre beiden schwerstbehinderten Söhne.
„Es war teilweise grausam, in einigen Nächten konnten wir kaum schlafen", sagt Manfred Störmer. Gerade der ältere Sohn Alexander sei mit der erzwungenen Isolation nur schwer klargekommen. Er sei sehr unruhig gewesen und habe immer geklopft. Beide Söhne sind körperlich und geistig stark eingeschränkt. Sie können weder selbstständig gehen noch sprechen. „Seit Mitte März sind sie zu Hause, da der Wertkreis sie nicht mehr beschäftigen kann", sagt Brigitte Störmer. Bis zum Ausbruch der Pandemie wurden die Söhne Markus und Alexander jeden Morgen abgeholt und zur Werkstatt vom Wertkreis Gütersloh in Brockhagen gefahren, wo sie bis zum Mittag beschäftigt waren. „Das geht ja im Moment nicht mehr und ich denke, dass sich das vor den Sommerferien auch nicht mehr ändern wird", ergänzt Brigitte Störmer.
„Wir wissen manchmal nicht mehr, was wir tagsüber machen sollen"
„Wir wissen manchmal nicht mehr, was wir tagsüber machen sollen", sagt Manfred Störmer. Sonst hätten die Söhne wenigstens mal was anderes gesehen, wenn sie vormittags zur Arbeit gefahren wurden. Zudem hatte das Ehepaar Störmer dann etwas Luft, zum Durchschnaufen, Wäschewaschen oder Einkaufen. „Der Wertkreis hat uns eine Notfallbetreuung angeboten, aber dafür müssten unsere Söhne einen Mundschutz tragen", sagt Störmer. „Das geht nicht. Sie würden sich wehren und sie wieder abziehen", erklärt Störmer. Zudem wäre wohl auch der übliche Transport von sechs Rollstuhlfahrern im Kleinbus Richtung Brockhagen aufgrund der derzeit gültigen Abstandsregeln unmöglich.
„Wir haben inzwischen in den neuen Alltag gefunden und akzeptieren die Situation", sagt Brigitte Störmer. Einkaufen könnten sie derzeit nur früh morgens, wenn beide Söhne noch im Bett liegen und schlafen. Ärgerlich sei es, dass derzeit die Preise für Desinfektionsmittel in die Höhe geschossen sind. „Wir haben zwar alles bekommen, aber die Produkte sind im Preis deutlich gestiegen", sagt Brigitte Störmer. Zeitgleich ist das Pflegegeld natürlich auf dem gewohnten Level geblieben.
Momentan hat sich die Situation aber wieder etwas entspannt, da der Sohn wieder oben schläft und somit in seiner gewohnten Umgebung übernachtet, wohin er dank des neuen Lifters auch problemlos kommen kann. Dadurch ist er ruhiger geworden und die Störmers finden wieder mehr Schlaf. Zudem unterstützt ein Pflegedienst die Familie. „Darüber freue ich mich sehr, das läuft alles sehr gut", sagt Brigitte Störmer.
Spenden und Zuschüsse helfen
Bei allem Übel gibt es aber auch immer mal wieder überraschende Momente, die glücklich machen. Erst am vergangenen Wochenende war noch einmal ein Borgholzhausener bei der Familie, der gefragt hat, ob das Bad schon renoviert sei. „Er hat uns dann 50 Euro gegeben", sagt Manfred Störmer voller Freude und Dank zugleich. Das Bad im Erdgeschoss ist in den vergangenen Wochen behindertengerecht umgebaut worden und mittlerweile fertiggebaut. „Wir mussten nur einen kleinen Teil der Kosten selbst tragen", sagt Brigitte Störmer. Der Großteil sei durch Spenden und einem Zuschuss der Pflegekasse gedeckt worden.
„Es geht schon irgendwie weiter", sagt Brigitte Störmer. „Wir sind alle gesund, das ist doch die Hauptsache", sagt die 68-Jährige in ihrer gewohnten Bescheidenheit.