Halle. „Ich wechselte gerade vom Freibad ins Hallenbad, als eine schwarze Limousine vorfuhr. Der Chauffeur öffnete die Wagentür und Whitney Houston stieg aus." Als wäre es gestern gewesen, erinnert sich Gunther Reuter-Schöning an den überraschenden Besuch des Weltstars im Lindenbad.
Nach 44 Jahren wird der Haller Schwimmmeister mit dem markanten Schnauzbart am heutigen Freitag in den wohlverdienten Ruhestand verabschiedet. Viel hat der 62-Jährige in den vergangenen Jahrzehnten erlebt, doch der Besuch der 2012 verstorbenen Sängerin wird ihm ewig in Erinnerung bleiben: „Sie ist die Rutsche heruntergesaust und mit einem strahlenden Lächeln und weit ausgebreiteten Armen wieder aufgetaucht." Zum Leidwesen der vielen Lindenbadgäste und auch des Schwimmmeisters verschwand die Pop-Diva nur wenig später aus dem Haller Spaßbad.
Gunther Reuter-Schöning ist eher zufällig zu seinem Beruf gekommen
Auch wenn Gunther Reuter-Schöning im Alter von 18 Jahren eher zufällig zu seinem Beruf gekommen ist, hat er sich für ihn doch zu einer echten Berufung entwickelt: „Meine Mutter hat mich damals gefragt, ob ich mich nicht auf den Ausbildungsplatz bewerben will", sagt der angehende Ruheständler und ergänzt trocken: „Sie haben mich genommen."
Ende der 1980er-Jahre legte Gunther Reuter-Schöning seine Meisterprüfung ab, auf die er sich – auch mit Unterstützung des Haller Sportlehrers Herbert Strunk – intensiv vorbereitete. Vor allem die schwierigen Sprünge vom Drei-Meter-Turm waren eine Herausforderung. „Ich war kein Schwimmer und kein Springer – für die Prüfung habe ich sehr viel trainiert, um noch schneller und besser zu werden."
„Für mich war jeder Tag ein Erlebnis"
Der Mann mit dem Schnauzbart hat sie gemeistert und kann heute auf ein erfülltes Arbeitsleben mit vielen „schönen Begegnungen" zurückblicken. „Ich habe in meinem Leben sehr viel Glück gehabt", sagt Gunther Reuter-Schöning mit einem strahlenden Lächeln: „In den 44 Jahren habe ich viele tolle Menschen kennen gelernt. Für mich war jeder Tag ein Erlebnis."
Heute bedauert es der ehemalige Fußballer, der in jungen Jahren auf dem Sprung in die Westfalenauswahl stand und mit dem ehemaligen Arminen Uli Büscher im Leistungszentrum in Herford trainiert hat, dass er seine Erlebnisse nicht aufgeschrieben hat: „So vergisst man mit der Zeit halt eine Menge." Im Gedächtnis werden ihm vor allem die strahlenden Augen der vielen Kinder bleiben, die bei ihm ihr »Seepferdchen« erworben haben. Aber auch die glücklichen Gesichter der älteren Jahrgänge, die im Lindenbad bei Wassergymnastik und Aquajogging Kontakt mit dem kühlen Nass knüpften.
Mittlerweile gibt es keine Verbotsschilder mehr
Viel hat sich verändert in den Jahrzehnten, in denen Gunther Reuter-Schöning mit Ausnahme der zweijährigen Neubauphase die Haller Schwimmbadbesucher begleitet hat: „Mittlerweile gibt es keine Verbotsschilder mehr. Wir sprechen viel mit den Badegästen, geben Hilfestellungen und greifen ein, wenn es notwendig ist." Dabei hat er nach eigener Einschätzung wenn nötig durchaus auch klare Ansagen gemacht.
Heute wird der 62-Jährige nun ein neues Kapitel in seinem Leben aufschlagen, auf das er sich sehr freut. Vermissen wird er die tolle Gemeinschaft mit seinen Kollegen im Lindenbad. Dafür hat der frisch gebackene Ruheständler künftig mehr Zeit für seine Familie und für seine Hobbys. Radfahren liegt ihm ebenso im Blut wie ausgedehnte Toren mit seiner 750er Kawasaki. Die eine oder andere Reise wird in nächster Zeit sicher auch auf dem Programm stehen. Und wenn er überhaupt nicht weiß, was er mit seiner Freizeit anfangen soll, dann gibt es ja noch das Lindenbad mit einem Besuch bei seinen Kollegen und einem Sprung ins kühle Nass.