Borgholzhausener Firma soll Behörden um fast 300.000 Euro geprellt haben

Borgholzhausen/Bielefeld. Es gibt Branchen, die beim Verdacht der Schwarzarbeit besonders häufig im Fokus der Ermittler zu stehen scheinen. Zu diesen zählt zweifellos auch die Baubranche. Nun ist der ehemalige Betreiber eines Borgholzhausener Unternehmens angeklagt, Finanzamt und Krankenkassen um insgesamt rund 278.000 Euro geprellt zu haben. Die Verhandlung vor dem Bielefelder Landgericht wurde jetzt jedoch ausgesetzt und muss in ein paar Monaten erneut beginnen. Die Bielefelder Staatsanwaltschaft geht bislang von folgendem Sachverhalt aus: Der heute 50-jährige Fatih M. (Namen aller Betroffenen geändert) betrieb zwischen Oktober 2011 und Juli 2017 ein Unternehmen, das sich auf die Verlegung von Steinfußböden spezialisiert hatte. Die Firma hatte ihren Sitz in Borgholzhausen, wo der mittlerweile in Bielefeld lebende M. zum Tatzeitraum auch wohnte. Doch meldete Fatih M. sein Unternehmen weder der zuständigen Gewerbebehörde noch der Bundesagentur für Arbeit. Auch meldete er die für ihn tätigen Mitarbeiter nicht bei der Krankenkasse an, Lohnsteuererklärungen beim zuständigen Finanzamt Gütersloh reichte er auch nicht ein. Stattdessen war M. auf dem Papier selber als angestellter Arbeiter für ein Unternehmen tätig, das de facto jedoch gar keine Bauarbeiten durchführte. Vielmehr handelte es sich bei diesem um eine der Firmen, die M. als sogenannte Serviceunternehmen nutzte, um die unter der Hand ausgezahlten Löhne seiner Arbeiter zu kaschieren. Borgholzhausener prellt laut Anklage Krankenkassen Diese Unternehmen meldeten die von Fatih M. beschäftigten Arbeiter gegen Kostenerstattung durch den Borgholzhausener als eigene Arbeitnehmer bei den entsprechenden Stellen an und führten auch Sozialabgaben für diese ab – allerdings gaben die Unternehmen dabei deutlich geringere Arbeitszeiten als die tatsächlich erbrachten an. Die Serviceunternehmen rechneten mit den Kunden ab und leiteten das eingehende Geld nach Abzug einer Provision an Fatih M. weiter. Auf diese Weise prellte der 50-Jährige laut Anklage die Krankenkassen, die Berufsgenossenschaft Bau sowie die Finanzbehörden um Sozialabgaben und Lohnsteuern in Höhe von rund 278.000 Euro. Geld, dass sich der Staat im Fall einer Verurteilung von M. wiederholen will. Ebenfalls auf der Anklagebank sitzt ein langjähriger Bekannter von Fatih M., der 56 Jahre alte Bernhard P. aus Bielefeld. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, als Geschäftsführer zweier Unternehmen bei zahlreichen Gelegenheiten die Firma von Fatih M. mit der Verlegung von Böden beauftragt zu haben, obwohl ihm die illegalen Abrechnungsmethoden bekannt gewesen sein sollen. Auf diese Weise soll Bernhard P. Beihilfe zu den M. zur Last gelegten Taten geleistet haben. Zum Prozessauftakt vor der IX. Großen Strafkammer des Bielefelder Landgerichts stellte der Vorsitzende Richter Thorsten Bolte den Angeklagten für den Fall eines Geständnisses bewährungsfähige Strafen in Aussicht. Nach Beratung mit ihren Mandanten erklärten die Verteidiger Sascha Haring und Detlev Binder jedoch, dass F. und P. derzeit keine geständigen Einlassungen abgeben würden. Stattdessen regten die Verteidiger an, die Verfahren aufgrund des zu erwartenden weiteren Ermittlungsbedarfs und der bereits etliche Jahre zurückliegenden Vorfälle gegen Geldauflagen einzustellen. Dieses Ansinnen fand jedoch keine Zustimmung von Oberstaatsanwalt André Meier. Üppiges Beweisprogramm ist zu viel für vier Tage Verhandlung Da nunmehr klar war, dass die zunächst nur für vier Termine angesetzte Verhandlung ein üppiges Beweisprogramm mit sich ziehen wird, verkündete Richter Bolte nach Beratung schließlich, die Hauptverhandlung werde ausgesetzt. Sowohl für die Kammer als auch die beiden Verteidiger sei ein solch umfangreiches Verfahren in absehbarer Zeit nicht zu stemmen. Somit werden die Verfahrensbeteiligte neue und vor allem zahlreiche Verhandlungstermine miteinander vereinbaren müssen. Mit einer Neuansetzung der Hauptverhandlung ist frühestens für den Februar 2025 zu rechnen.

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