Blechgeschichten aus dem Altkreis: Ach du Sch..., ein Kadett B!!!

Borgholzhausen. Sigrun Lohmeyer erinnert sich noch, als wäre es gestern gewesen: Ihr erstes Auto, ein Japaner, hatte sein Leben ausgehaucht, was sie zwangsweise zur Fußgängerin machte. 1987 war das. &bdquo;Ich habe dann einen bekannten Autoschrauber gebeten, mir was zu besorgen", erzählt die heute 59-Jährige auf der Terrasse in Borgholzhausen. Was genau, war eigentlich egal. &bdquo;Wobei, ich wusste genau, was ich hässlich finde." Als sie ihren neuen Flitzer dann das erste Mal vorgestellt bekam, war der Schreck heftig. &bdquo;Ich dachte: Ach du Sch..., ein Kadett B!!!" Wegen der auf der Hand liegenden Stärken des Wagens – dem Preis von 300 DM – habe sie ihn dann mit einem Kloß im Hals doch genommen. Aus der anfänglichen Hassliebe wurde unerwartet eine echte Romanze. &bdquo;In den nächsten fünf Jahren ist er mir total ans Herz gewachsen", berichtet die selbstständige Journalistin. In den 90ern machte der Opel dann aber wie so viele seiner Werkskollegen die Grätsche. Rost und marode Technik beendeten die gemeinsame Zeit. &bdquo;Danach hatte ich dann verschiedene, einen Passat, einen Käfer, aber das war alles nichts." Aktive Suche nach dem Ex Irgendwann habe sie dann etwas getan, was sie sich früher nicht hätte vorstellen können, berichtet Lohmeyer. Sie begann, aktiv nach ihrem Ex zu suchen. &bdquo;1990 habe ich in den Anzeigen des Haller Kreisblatts einen gesehen. In Sennestadt stand ein Kadett B", erzählt Sigrun Lohmeyer. Stolze 700 DM sollte das gute Stück kosten, 18 Jahre war er bereits alt, eine ganze Menge Kilometer hatte er ebenfalls schon angesammelt. Auch die Farbe war gewöhnungsbedürftig: Brillant Ocker. &bdquo;Der Besitzer hat ihn verkauft, weil er endlich mal was Modernes haben wollte." Lesen Sie auch: Oldtimer-Messe: Branche fühlt sich gut aufgestellt Im Freundeskreis habe ihre Aktion nur bedingt Begeisterung hervorgerufen. &bdquo;Die meisten haben gesagt, kauf’ dir endlich mal ein richtiges Auto, nicht immer solche Kisten", blickt die Mutter dreier erwachsener Kinder lachend zurück. Aber die Herzensentscheidung war rückblickend ohne Frage das Richtige. &bdquo;In den Jahren seitdem bin ich nie liegen geblieben. Also, außer wegen Spritmangel, denn die Tankanzeige war schon immer kaputt", sagt Sigrun Lohmeyer. Und ihr Wagen erlebt deutlich mehr als die üblichen Schönwetter-Oldtimer. Urlaube an der Nordsee, in Polen und zigtausende dienstliche Kilometer ermöglichte er ohne zu murren. &bdquo;Er hat mich durch mein halbes Leben begleitet." Dieser Oldtimer muss fahren Die wichtigste Frage beim Kauf eines Lieblingsautos ist aber nicht die nach dem Geld, weiß jeder Oldtimerfahrer – sondern die, wie lange das Auto glücklich macht. &bdquo;Noch heute, wenn ich den Kadett irgendwo geparkt habe und ich komme zurück an die Straße, ist es etwas Besonderes. Ich freue mich jedes Mal!", erzählt die Piumerin begeistert. &bdquo;Dabei ist es das billigste Kadett-B-Modell, das es je gab." Mittlerweile ist das kleine ockerfarbene Wunder seit einem halben Jahrhundert auf Deutschlands Straßen unterwegs. Für Sigrun Lohmeyer macht das den Wagen nicht zu einem Museumsobjekt. Er muss fahren. &bdquo;Mir war das nie wichtig, dass das ein Oldtimer ist." Lesen Sie auch: Alfa Romeo von 1954 zum schönsten Oldtimer in Essen gekürt Ein bisschen Ruhe will sie ihrem Liebling in den kommenden Jahren aber doch gönnen. &bdquo;Demnächst muss Einiges geschweißt werden. Da muss ich echt für sparen", sagt die Verlegerin. Wenn er dann wieder im besten Blechkleid da steht, will sie ihn künftig zumindest im Winter schonen. Ein H-Kennzeichrn kommt ihr nicht ans Auto Sigrun Lohmeyer ist Autoenthusiastin, aber bestimmt nicht die typische Oldtimerfahrerin. Deshalb nervt sie auch die eine Frage, die sie bei jedem zweiten Tankstellen-Schnack gestellt bekommt: Wieso der Wagen denn kein H-Kennzeichen hat? &bdquo;Die Frage finde ich wirklich aufdringlich. Das ist halt mein Alltagswagen. Ich bin einfach dafür, das Alte zu erhalten – und dass der wegkommt, das kam nie infrage." Künftig wollen wir Ihnen im Haller Kreisblatt in loser Folge spannende Autos, interessante Menschen und die Geschichten vorstellen, die sie verbinden. Egal ob Trabant oder Lamborghini, Baujahr 1922 oder 2022: Wenn Sie ein außergewöhnliches Fahrzeug Ihr Eigen nennen, freuen wir uns über einen Anruf unter Telefon (01 51) 23 58 01 18 oder eine E-Mail an jonas.damme@haller-kreisblatt.de.

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