Da parkt ein Trabbi vor dem Haller Marktkauf Getränkemarkt

Halle. Ein Grund, warum Auto-Klassiker üblicherweise ein recht teures Hobby sind: Oldtimer-Fahrer sind meist alte, gesetzte, gut situierte Herren. Da darf der Porsche schon mal 100.000 Euro kosten. Einen 15-Jährigen, der sich bereits für Oldtimer interessiert, stellt das nachvollziehbarerweise vor ein Problem. Da kann das knappe Taschengeld nicht mithalten. So ging es auch Julien Götz, als er vor sechs Jahren seine Liebe für historische Automobile entdeckte. In einem Alter, in dem andere Teenager an ihren Mountainbikes oder bestenfalls ihren Mofas schrauben, setzte sich der Bielefelder in den Kopf, sich ein ausgewachsenes Auto zuzulegen. &bdquo;Mein Traum war eben ein Oldtimer, dafür bin ich nach der Schule arbeiten gegangen. Hab dann gesucht und genau auf den Preis geguckt. Am Ende lag die Entscheidung zwischen Käfer und Trabbi“, erzählt der heute 21-Jährige. Und - wer hätte das erwartet? - die Ost-Ikone schlug den West-Verkaufsschlager. Nicht nur der Preis ist ein Grund, warum der Trabant P601 ein wunderbarer Einsteiger-Oldtimer sein kann. Nebenbei ist er etwa so schrauberfreundlich wie ein Schwalbe-Moped. Und das ist auch gut so. &bdquo;Ich musste schon richtig was machen. Er hat einen neuen Motor, ein neues Fahrwerk ...“, beginnt Götz die Aufzählung. Für einen neueren Wagen Umbauten, die vielleicht zum wirtschaftlichen K.o. geführt hätten. Bei der kleinen &bdquo;Ost-Pappe“ aber eine überschaubare Reparatur. Mit dem Oldtimer zum Arbeitsplatz in Halle &bdquo;Den Motor baue ich in einer Stunde aus“, sagt der Einzelhandelskaufmann. Die Kupplung habe er schon mal innerhalb von eineinhalb Stunden am Straßenrand gewechselt. Eine Operation, die bei manchem Neuwagen Tage dauert und tausende Euro kosten kann. Allerdings, auch das gehört zur Wahrheit, bei einem Westauto halten die Teile vermutlich deutlich länger. Der Zweitakt-Zweizylinder-Motor des Trabbis schafft selten mehr als 100.000 Kilometer. Von den Millionen Leistungen alter Mercedes-Diesel konnten die Menschen in der DDR nur träumen. Lesen Sie auch: Mit dem Mensa-Geld zum Traum-Oldtimer Grundsätzlich sei der alte Trabant aber durchaus zuverlässig, betont sein stolzer Besitzer. Regelmäßig fährt der Bielefelder damit zu seinem Arbeitsplatz, dem Haller Marktkauf-Speicher-Getränkemarkt. Seit der Motor erneuert wurde, laufe er absolut ohne Probleme. Gekauft habe er ihn mit einem leicht frisierten Triebwerk. &bdquo;Da ist mir dann das Kurbelwellengehäuse auseinandergeflogen“, berichtet Götz. Mittlerweile fahre er mit dem vierten Motor. &bdquo;Die letzten 15.000 Kilometer bin ich kein Mal liegengeblieben.“ Wer einen Trabbi fahren will, muss sich einfach mit seinem Auto auseinandersetzen. Anders geht es nicht. Etwa alle 4.000 Kilometer ersetzt Julien Götz zum Beispiel die Krümmerdichtung. &bdquo;Ich würde sagen, dafür brauche ich noch ungefähr eine halbe Stunde. Man muss eben was tun“, sagt der Bielefelder. Bereut hat er aber seine Jugend-Investition noch nicht. Jugendlicher verliebt sich in kultigen DDR-Klassiker Stattdessen nimmt er die Mankos des Trabantfahrens gerne in Kauf. &bdquo;Du musst eigentlich immer mit Heizung fahren, sonst kann dir der Auspuff wegen der Hitze explodieren“, übertreibt Götz grinsend. Außerdem hätten die Konstrukteure eindeutig nicht mit 1,93 Meter großen Fahrern gerechnet, amüsiert sich der 21-Jährige. Um die Ampeln zu sehen, müsse er den Kopf senken - das habe ihm schon mal Ärger mit der Verkehrsbehörde eingebracht. Normalerweise freuen sich die Streifenwagen-Besatzungen aber genauso sehr wie die Passanten, wenn sie den selten gewordenen Ost-Wagen mit dem jungen Westler drin entdecken. Zu übersehen ist der kleine Oldtimer trotz seiner nur 140 Zentimeter Höhe kaum. Das liegt vor allem am kultigen Zweitakt-Sound. Wie ein Mofa knattert die 600-Kilo-Konstruktion los, um erst in den höheren Drehzahlen wirklich in Schwung zu kommen. Waghalsige 598 Kubikzentimeter Hubraum treiben ihn voran. Und weil das Auto - das zu großen Teilen aus einer Baumwoll-Epoxidharzmischung besteht - mit einem Öl-Benzin-Gemisch betankt wird, kann man es auch deutlich riechen. Mehr zum Thema: Unsere schönsten Blechgeschichten aus drei Jahren &bdquo;Ja ja“, schwärmt da ein älterer Herr, der zufällig beim Fachgespräch vorbeikommt, &bdquo;damals in Ostberlin bin ich auch Mal Trabbi gefahren. Nur zwölf Kilometer ins Hotel - kamen mir vor wie 120“. Ob er das als Kompliment meint oder als Kritik, bleibt offen. 600 Kilogramm, 600 Kubikzentimeter - der Trabbi ist wirklich klein Julien Götz hat sich auf jeden Fall gründlich mit dem Trabbi-Virus infiziert. &bdquo;Zweitakt hat es mir angetan, die blaue Wolke“, sagt er. Schon seit einiger Zeit trage er sich mit der Überlegung, ob der nächste Wagen, den er kauft, ein Wartburg wird oder ein Barkas. Bis dahin will er wann immer möglich weiter mit seiner &bdquo;Pappe“ - wie der Trabant in der DDR auch gerne genannt wurde - durch die Region kurven. Für ihn biete der Wagen alles, was er brauche. &bdquo;Und wenn ich will, kriege ich sogar acht Kisten Bier mit.“ Ein Traumauto für alle Zwecke eben. In loser Folge stellen wir Ihnen in den &bdquo;Blechgeschichten aus dem Altkreis“ spannende Autos, interessante Menschen und die Geschichten vor, die sie verbinden. Egal ob Trabant oder Testarossa, Baujahr 1925 oder 2025: Wenn Sie ein außergewöhnliches Fahrzeug Ihr Eigen nennen, freuen wir uns über eine E-Mail an jonas.damme@haller-kreisblatt.de. Aktuelle News bekommen Sie täglich über den WhatsApp-Kanal des HK

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