Borgholzhausen/Överkalix. Bald ist Weihnachten. In der nordschwedischen Provinz Norrbotten tragen die Spitzen der Nadelbäume weiße Schneemützen und an ihrem roten Holzhaus, das am Ufer des Miekojärvi-Sees steht, hängen jetzt Eiszapfen. Dieses Winterwunderland, durch das sie so gern mit ihrem Hunde-Schlittengespann düst, bleibt der Ex-Piumerin Katharina Koch-Kartke nun erhalten. Wenn auch zunächst sorgenbehaftet und längst nicht mehr so unbeschwert wie noch vor einem Jahr.
Corona vereitelte Katharina Koch-Hartke (36) und Johanna Heinrich (39) ihre Tourismus-Sommersaison mit ausgebuchten Wanderungen, Kanutouren und weiteren Outdoor-Abenteuern. Urlauber durften nicht kommen. Dabei lief im Vorjahr alles so gut, dass die Unternehmerinnen sogar Investitionen in Grillhütte, Sauna und weiteres Equipment tätigten.

Im Mai mussten sie dann schweren Herzens Insolvenz für ihr Tourismusunternehmen „8seasons MI.EKO Basecamp" anmelden. An einem Tag Anfang Juni kamen rund 40 Leute auf ihr idyllisches Grundstück gefahren, um die im Insolvenzverfahren ersteigerten Objekte abzuholen. „Nach und nach entschwand unser Besitz, wurde einfach vom Hof getragen. Alles, was mit unserem in den letzten zwölf Jahren aufgebaut Unternehmen zusammenhing", berichtet Katharina Koch-Hartke mit Kloß im Hals.
Geblieben sind immerhin ihr gemütliches Haus und ihre große Leidenschaft, die Hunde. Und das möchten Katharina und Johanna keinesfalls aufgeben. „Nach dem anfänglichen Schock verfiel ich in regelrechten Aktionismus", blickt die ehemalige Piumerin zurück. Sie rief Spendenaktionen ins Leben, um die Futterkosten für ihre Hunde decken zu können. Bei 75 Euro pro Tier werden 2.500 Euro im Monat gebraucht. Außerdem absolvierte sie eine forstwirtschaftliche Weiterbildung, um neue Berufsperspektiven aufzubauen.
Allein 2.500 Euro Futterkosten pro Monat
Viele Privatleute, auch aus ihrer alten Heimat, spendeten und schlossen Hundepatenschaften ab, zwei schwedische Firmen stellten gratis Trockenfutter zur Verfügung. „Dafür sind wir sehr dankbar. Ohne diese Unterstützung hätten wir die Hunde wohl nicht mehr. So aber sind die Futterkosten bis zum Frühjahr erstmal gedeckt. Dennoch müssen wir für die Hunde weitere Posten wie zum Beispiel den Tierarzt gestemmt bekommen und neue Jobs finden, um unseren Lebensunterhalt hier weiterhin bestreiten zu können", sagt Koch-Hartke.

Ihr neuer Plan basiert auf drei Standbeinen: Forstwirtschaft, Marketing und Design sowie Vorträge und Ausbildung zum Thema Hunde. Um flexibel Aufträge entgegennehmen und sich den Alltag mit den Hunden entsprechend einteilen zu können, gründete sie eine Ich-AG. „Bei uns gehen viele Menschen mehreren unterschiedlichen Tätigkeiten nach", erklärt sie.
Das läge daran, dass im hohen Norden die Jahreszeiten so verschieden sind und deswegen nicht jede Arbeit durchgehend auszuführen sei. „So habe ich nun in den lange hellen Sommermonaten arbeitsreiche Tage im Forst. Den dunklen Winter, in dem wegen viel Schnee die Forstarbeit still steht, nutze ich für Designentwicklung am Computer oder nach der Schlittenhunde-Trainings- und Rennsaison ab März bis Mai für Vorträge und Workshops rund um das Thema Zughundesport", sagt Katharina. Derartige Workshops, die sie womöglich auch in Deutschland geben wird, können allerdings erst nach Corona statt finden.

Auch Johanna Heinrich muss sich beruflich neu orientieren und ist derzeit auf Stellensuche in und rund um ihre Gemeinde Överkalix. Als gelernte Schneiderin bildet sich die Ex-Münchnerin zudem weiter, um das Handwerk der Lederschuhherstellung zu beherrschen und künftig Schuhe angelehnt an die Farben der nordischen Natur oder an die bunten Fellzeichnungen der Huskies herzustellen.
Im Dezember wird es gegen 15 Uhr dunkel in Norrbotten, die Huskies sind versorgt, Zeit für das Büro, Zeit für kreative Arbeit. Um die Versorgung ihrer Hunde langfristig sicherzustellen, arbeitet Johanna Heinrich unter anderem an einer Pullover- und T-Shirt-Kollektion. Inspiriert wird sie durch die Schlittenhunde. „Es gibt nichts Schöneres, als den Huskies beim rennen und spielen zuzusehen, wie sie sich voreinander verstecken und so manchen Quatsch anstellen", sagt sie.
Diese freudigen Spiel-Momente setzt sie in Grafiken um, die auf Kleidung, aber auch auf Tassen gedruckt werden. „Den Druck lassen wir über die Firma Seedshirt anfertigen. Seed-shirt hat ein tolles Konzept, das uns ermöglicht, kleine und besondere Kampagnen zu gestalten, ohne eine Massenproduktion zu starten. So bleiben unsere Shirts und Hoodies limitierte Stücke", betont sie.
Jetzt gibt es die X-Mas Husky Kollektion
Extra für Weihnachten hat Katharina eine „X-Mas Husky Kollektion" entworfen. Sie zeigt jeweils einen der vier Hundegeschwister Thunder, Storm, Flash und Blizzard in charakteristischer Aktion. Die Einnahmen der Kampagne fließen zu hundert Prozent in die Versorgung des Rudels.

Mit noch vielen neuen Ideen im Kopf blicken die beiden Frauen wieder zuversichtlicher in die Zukunft. Zusammen mit den Freundinnen Mona aus Bielefeld und Svenja aus Gießen werden sie Weihnachten feiern – typisch nordschwedisch mit „Julbord", einem Buffet mit geräucherten Fisch-Leckereien. „Vorher machen wir eine Wanderung durch den Winterwald, mit den Huskies und mit Lagerfeuer. Zum Aufwärmen gibt’s Glögg mit Mandeln und Rosinen und als Nachtisch den für Skandinavien obligatorischen Milchreis mit Mandarinen", berichtet Katharina Koch-Hartke.
Davon wird sie ein Schälchen für die Trolle vor die Haustür stellen – so machen es viele Menschen in Schweden, denn es soll Glück bringen.
Mehr über Katharinas Leben am Nordpolarkreis und die Bestellmöglichkeiten der X-Mas-Kollektion finden sich auf ihrem Blog „8Season Huskies – wholehearted mushing" (www.8seasonshuskies.com).