Borgholzhausen/Bielefeld. Am 8. Januar dieses Jahres war in der Straße Am Uphof die damals 37 Jahre alte Flory P. leblos in ihrer Wohnung aufgefunden worden. Sie wies Spuren stumpfer Gewalteinwirkung auf – ganz offensichtlich war sie erschlagen worden. Schnell geriet ihr Lebensgefährte Nicolae I. ins Visier der Ermittler.
Im Juni sollte sich I. wegen des Verdachts des Totschlags erstmalig vor dem Bielefelder Landgericht verantworten. Doch war das, was er dem Gericht damals zu berichten hatte, derart krude, dass die Kammer nicht umhin kam, einen psychiatrischen Gutachter hinzuzuziehen. Nun hat der Prozess vor dem Landgericht Bielefeld von vorn begonnen.
Wenn Nicolae I. spricht, kann es schon mal vorkommen, dass er scheinbar unmotiviert relativ laut wird. Vieles in seinen Schilderungen dreht sich dann um „die" und „sie" – gemeint sind damit eigentlich alle außer dem 36-jährigen Angeklagten selbst. „Die" und „sie" sind Polizisten, die Justiz, Regierungsmitarbeiter seines Heimatlands Rumänien, seine getrennt von ihm lebende Ehefrau – ja selbst die mutmaßlich von ihm getötete Flory P., mit der er in Borgholzhausen zusammenlebte.
Sie alle sollen, so I., versucht haben, Material gegen ihn zu sammeln, um ihn zu vernichten. Aufgrund derartiger Schilderungen hatte die X. Große Strafkammer des Landgerichts unter dem Vorsitz von Richter Christoph Meiring im Juni die Verhandlung zur Einholung eines psychiatrischen Gutachtens ausgesetzt. Der Angeklagte hatte während der polizeilichen Untersuchung beharrlich geschwiegen.
Beim nunmehr gestarteten neuerlichen Versuch, etwas Licht in das Geschehen der Nacht auf den 8. Januar zu bringen, wiederholte I. große Teile seiner Verschwörungstheorien. Er sei, so seine Einlassung, „vom System und der Justiz umgebracht worden". Darüber hinaus äußerte er mehrfach in Sarkasmus verpacktes Unverständnis ob der Nachfragen des Gerichts: Man wisse ja ganz offensichtlich schon alles.
Dies bezog sich wohl insbesondere auf die Anklageschrift. Die Bielefelder Staatsanwaltschaft geht bislang von folgendem Ablauf des Geschehens aus: Nach einem vorangegangenen lautstarken Streit mit dem Angeklagten hatte die nicht unerheblich alkoholisierte Flory P. diesen am späten Abend des 7. Januars schließlich der gemeinsamen Wohnung verwiesen.
Flory P. starb an ihren schweren Verletzungen
Aus nicht näher bekannten Gründen gewährte sie ihm etwas später jedoch wieder Einlass. Danach muss der Streit neu entbrannt sein. Nicolae I. brachte die 37-Jährige gegen 0.10 Uhr gewaltsam zu Boden, wo er mit erheblicher stumpfer Gewalt mehrfach auf den Kopf und das Gesicht der schließlich bewusstlosen Flory P. einwirkte.
Im Anschluss verließ er die Wohnung und überließ seine Lebensgefährtin ihrem Schicksal. Die 37-Jährige, die ein massives Schädel-Hirn-Trauma mit einhergehendem erheblichen Blutverlust erlitten hatte, starb innerhalb kurzer Zeit aufgrund des Einatmens und Verschluckens von Blut.
Vor Gericht bestritt Nicolae I. nun abermals zweierlei: Zum einen sei er nicht für das Bild, dass sich der Polizei beim Auffinden von Flory P. vermeintlich gezeigt habe, verantwortlich. Richtig sei, dass die Frau ihn am Verlassen der Wohnung habe hindern wollen und er sie dann gegen einen Türrahmen geschubst habe.
Daraufhin habe er seine Tasche genommen und sei gegangen. Jener Türrahmen sei jedoch an einer gänzlich anderen Stelle in der Wohnung gewesen als der Ort, an dem P. gefunden worden sein soll. Sein soll? Ja, denn – und hier ist man beim zweiten Punkt angelangt, den I. gänzlich anders sieht als die Staatsanwaltschaft – Flory P. ist aus Sicht des Angeklagten nämlich gar nicht tot: „Die Polizei hat die Leiche arrangiert, aber die Leiche spaziert eigentlich auf der Straße herum. Es gibt nämlich keine Leiche." Der Prozess wird am 22. September fortgesetzt.