Borgholzhausen. Es ist schnell passiert: Die Haustür fällt ins Schloss, der Schlüssel befindet sich in der Wohnung und man hat natürlich auch kein Fenster offen gelassen. So erging es am vergangenen Wochenende einer Piumerin, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Die junge Frau sah keine Möglichkeit, ohne größere Schäden in ihre Wohnung zu gelangen und tippte deshalb auf ihrem Handy in der Suchmaschine des Internets die Worte „Schlüsseldienst" und „Borgholzhausen" ein.
„Marktübliche und vernünftige Preise"
Flugs zeigte ihr das Gerät ein Unternehmen an, das mit dem Slogan „Ihr ortsnaher Schlüsseldienst für Borgholzhausen" örtliche Nähe vorgaukelte. In dem dort beworbenen „Leistungsüberblick für Borgholzhausen", fand die Frau den Satz „Marktübliche und vernünftige Preise". Da die Seite den Eindruck erweckte, der Schlüsseldienst sei in der Lebkuchenstadt beheimatet, rief sie dort an. Dass die Firma in Essen sitzt, war ihr nicht klar, denn die Telefonnummer ist eine Handynummer. „Als die Mitarbeiter des Unternehmens eineinhalb Stunden später auftauchten, fiel mir auf, dass der Wagen, der keinerlei Firmenwerbung trug, ein Essener Kennzeichen hatte", so die junge Frau.
Die Monteure öffneten die Tür schnell in nur fünf Minuten, verlangten dann aber einen Preis, der der Piumerin die Sprache verschlug. Für die Türöffnung inklusive Anfahrt und Sonntagszuschlag berechneten die Männer 389 Euro und sechs Cent. „Ich hatte keine Bargeld dabei und fragte, ob ich eine Rechnung bekommen könne, um das Geld zu überweisen", erzählt sie. Darauf ließen sich die Türöffner aber nicht ein und drohten, die Tür komplett zu verschließen, falls die Frau nicht an Ort und Stelle zahlen würde.
Versicherung zahlt einen Teil der Summe
Mit Hilfe der Familie, die über das Handy alarmiert wurde, bekam die Frau den Betrag schließlich zusammen. Zähneknirschend zahlte sie die Dienstleistung schließlich in bar und erhielt eine Quittung. „Ich habe eine Hausratversicherung, die in einem solchen Fall einspringt", war sich die Borgholzhausenerin sicher, auf den Kosten am Ende nicht sitzen zu bleiben.
Die LVM-Versicherung zahlte jedoch zunächst nur einen Teil der Summe. „Das machen wir nicht, um unsere Kunden zu ärgern", so Versicherungskaufmann Sascha Fliegel. Der Kunde bekomme den Restbetrag ausgezahlt, wenn er eine Anzeige wegen Wucher bei der Polizei erstatte und das Aktenzeichen einreiche. „Anders kommen wir den schwarzen Schafen sonst nicht bei", so Fliegel weiter. Diesen Unternehmen müsse dringend das Handwerk gelegt werden. In der Vergangenheit habe es sich offenbar eingebürgert, dass unseriöse Dienstleister die Notlagen der Menschen ausnutzen um vollkommen überhöhte Preise zu verlangen, hat Sascha Fliegel festgestellt. „Dazu zählen vor allem Kammerjäger, die Wespennester entfernen, PC-Doktoren und eben auch Schlüsseldienste", so der Versicherungskaufmann. Diese Dienstleister würden in der Regel auch sofort bar oder per EC-Karte abkassieren, damit der Kunde erst gar nicht auf die Idee komme, den Betrag zu reduzieren.
„Vorher nach dem Preis fragen"
„Wenn wir als Versicherung diesen überhöhten Preis erstatten würden, würde kaum jemand eine Anzeige erstatten", so Fliegel. Daher hätten sich die Versicherer auf diese Vorgehensweise geeinigt.
So war es dann auch im Fall der jungen Piumerin. 300 Euro erstattete die LVM-Versicherung und bat die Kundin, den Strafverfolgungsbehörden den Fall zu melden. „Ich habe nun Anzeige erstattet", sagt die Frau. Die Versicherung habe ihr geraten, in Zukunft vorher nach dem Preis für solche Dienste zu fragen. „Ich war in Panik, da denkt man in dem Moment gar nicht dran." Künftig werde sie aber ganz sicher genauer hinschauen, wen sie im Fall der Fälle zur Hilfe rufe.
Auch in Notlagen cool bleiben