Logistik mit E-Lkw: Wieso die Verkehrswende in der Branche schwierig bleibt

Bielefeld. Der Güterverkehr auf der Straße ist für rund ein Drittel der Treibhausgas-Emissionen im Verkehrssektor verantwortlich. Um mehr Lkw mit alternativen Antrieben auf die Straßen zu bekommen, fördert das Land NRW die Anschaffung von E-Lkw in der Logistik jetzt einmalig mit insgesamt 15 Millionen Euro. Doch Vertreter der Branche mahnen, nur mit finanzieller Unterstützung bei der Anschaffung könne die Verkehrswende dort nicht gelingen. Aktuelle Zahlen der Bundesregierung belegen, dass von den 3,94 Millionen in Deutschland zugelassenen Lkw und Sattelzugmaschinen lediglich 68.921 Fahrzeuge nicht mit einem herkömmlichen Verbrennermotor fahren. Das entspricht weniger als zwei Prozent. Noch immer sind die Anschaffungskosten für schwere emissionsfreie Lkw zwei bis drei Mal so hoch wie bei Dieselfahrzeugen. Eine Umstellung der Flotten in der Logistikbranche ist für viele Unternehmen also finanziell nicht zu stemmen. &bdquo;Um die zeitliche Lücke bis zur Wirtschaftlichkeit zu verkürzen, unterstützt das Land die Branche einmalig bei der Anschaffung von modernen elektrisch angetriebenen Lastkraftwagen mit bis zu 300.000 Euro pro Fahrzeug“, teilt NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne) Anfang August mit. Der Förderhöchstbetrag liegt bei 500.000 Euro pro Unternehmen. Das Land packe damit die Antriebswende im Schwerlastverkehr an und schließe die Förderlücke des Bundes. Bundesförderung musste gestoppt werden Denn bereits im Sommer 2021 hatte der Bund eine Förderung zur Beschaffung von schweren Lkw mit alternativen Antrieben beschlossen. Das Programm musste jedoch aufgrund des Urteils vom Bundesverfassungsgericht zum Bundeshaushalt im Herbst 2023 schon Anfang 2024 wieder gestoppt werden. Auch das Bielefelder Logistikunternehmen Wahl&Co., das Palettenwaren im Nachtsprung zwischen verschiedenen Unternehmen in Deutschland und europaweit transportiert, hat die Förderung damals genutzt, um die rund 40 Lkw starke Flotte um einen kleinen E-Lkw sowie einen großen 40-Tonner-Lkw mit E-Antrieb zu ergänzen. Nach rund etwa eineinhalb Jahren im Betrieb zieht Geschäftsführer Jörn Wahl-Schwentker eine gemischte Bilanz. 200 Kilometer Reichweite pro Ladung &bdquo;Sowohl der kleine 16-Tonner als auch der große Lkw sind in der Nahverkehr-Zustellung und -Abholung im Einsatz“, sagt er. Mit einer Reichweite von rund 200 Kilometern pro Ladung fahre der kleinere der beiden Lkw in einem Umkreis von 80 bis 100 Kilometern um Bielefeld nach Lage, Lemgo oder Steinhagen. Der große Lkw pendele mit einer Reichweite von rund 300 Kilometern pro Ladung speziell für einen Kunden zwischen Oldentrup, Bielefeld und Herford. Weitere Strecken wie beispielsweise nach München und zurück seien derzeit nicht möglich, weil öffentliche Ladesäulen Mangelware sind. Die Ladeinfrastruktur stellt für die Branche weiterhin die größte Herausforderung dar. Auch bei Wahl&Co. müssen die E-Lkw jede Nacht an die Steckdose, um am nächsten Tag wieder einsatzbereit zu sein. Die 400-kW-Ladesäule, die eine Aufladung in rund einer Stunde ermöglicht, habe das Unternehmen bereits beantragt. &bdquo;Aber die Wartezeiten betragen aktuell 50 bis 55 Wochen, bis die Leitungen liegen und der Trafo installiert werden kann“, sagt Wahl-Schwentker. Kunden müssen Mehrkosten für die Logistik tragen Doch es müssen auch Kunden gefunden werden, die bereit sind, die höheren Logistikkosten zu tragen, die ein E-Lkw aktuell noch verursacht. &bdquo;Ich habe bisher einen gefunden, der nicht nur interessiert war, sondern verbindlich zugesagt hat“, sagt Wahl-Schwentker. Auch das sei ein Grund, warum Lkw mit alternativen Antrieben bisher nicht wirtschaftlich in der Logistikbranche seien. Denn der höhere Anschaffungspreis bedeute höhere Kosten, die zum Teil auch an den Kunden weitergegeben werden. Um für E-Lkw in der Branche zu werben, habe das Bielefelder Unternehmen für den kleineren der beiden Strom-Lkw extra eine neue Stelle ausgeschrieben, um einen Fahrer zu finden, der das Konzept lebe und vollständig dahinterstehe. &bdquo;Unser Mitarbeiter wirbt auch bei unseren Kunden für den E-Lkw und steht zu einhundert Prozent hinter dem alternativen Antrieb“, sagt Wahl-Schwentker. Kriterien für Förderung teilweise schwer einzuhalten Doch die Logistik-Branche kritisiert außerdem, dass Förderungen der Politik zu eng zugeschnitten und nicht vorausschauend angelegt seien. So müssen zum Beispiel Unternehmen, die von der aktuellen NRW-Förderung profitieren wollen, nachweisen, dass die durch die Förderung erworbenen Fahrzeuge fast ausschließlich innerhalb von NRW unterwegs sein werden. Ein Kriterium, das von Unternehmen mit Standort an der Landesgrenze zu Nachbarbundesländern deutlich schwerer einzuhalten ist als für andere. Außerdem betonen Vertreter der Branche, auch anderen alternativen Antriebsformen gegenüber aufgeschlossen zu sein und bemängeln einen einseitigen Förderschwerpunkt der Politik. Das zuständige NRW-Ministerium erwidert, dass sich &bdquo;derzeit insbesondere batterieelektrische und mit Wasserstoff betriebene Brennstoffzellen-Lkw als wettbewerbsfähige und klimagerechte Alternativen“ anbieten. Im Rahmen des Förderaufrufs können deswegen Fahrzeuge mit diesen beiden Antrieben gefördert werden. Doch auch Wahl-Schwentker fordert, dass die Forschung zu verschiedenen Antriebsformen offener gestaltet und nicht durch einseitige Förderschwerpunkte gelenkt werden sollte. Denn die Branche sei bereit für eine Transformation der Logistik.

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