Diebold Nixdorf mit Werk in Paderborn erhält Milliarden-Geldspritze

Paderborn/Hudson (Ohio). Der US-amerikanische Diebold-Nixdorf-Konzern, zu dem seit der Übernahme 2016 die deutsche Tochter Wincor Nixdorf mit dem Stammwerk in Paderborn gehört, bekommt im eingeleiteten Schutzschirm-Verfahren eine massive Geldspritze. 1,25 Milliarden US-Dollar sollen kurzfristig bereitgestellt werden, um Rechnungen von Lieferanten bezahlen und fällige Kreditverbindlichkeiten begleichen zu können. Von dem Betrag seien etwa 500 Millionen Dollar als zusätzliche Liquidität vorgesehen, sagte Matthias Wowtscherk, der sich in Berlin um die Medienarbeit für die deutsche Tochter kümmert. Gut 700 Millionen Dollar dienen der Begleichung von Schulden. Das Geld komme überwiegend von den bisherigen Geldgebern. US-Berichten zufolge verfügte Diebold Nixdorf zuletzt nur noch über 140 Millionen Dollar an Barmitteln, muss in den kommenden fünf bis sechs Wochen aber 668 Millionen Dollar an Kreditgeber, Lieferanten und Dienstleister überweisen. Demnach drohte zusätzlich zu der schon länger vorliegenden bilanziellen Überschuldung auch eine Einschränkung der Zahlungsfähigkeit. Das Unternehmen hatte Ende Mai mitgeteilt, angesichts eines Schuldenbergs in Höhe von mehr als 2,7 Milliarden Dollar ein sogenanntes "Restructuring Support Agreement" mit den wichtigsten Gläubigern vereinbart zu haben. Bei dem angestrebten Verfahren, das einem deutschen Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung ähnelt, verzichten die Gläubiger, also zum Beispiel Banken, Investmentfirmen und Hedgefonds, auf Forderungen und erhalten im Gegenzug Kapitalanteile. In dem Schutzschirm-Verfahren nach "Chapter 11", dessen Durchführung noch von einem US-Gericht gebilligt werden muss, sollen die Schulden um 2,1 Milliarden Dollar gesenkt werden, sagte Konzernsprecher Michael Jacobsen. Es verbleiben am Ende Restschulden von 600 bis 700 Millionen Dollar. Geld dient auch der Bezahlung der Löhne Das eingeschaltete Insolvenzgericht in Houston (Texas), das die Entschuldung überwacht, habe für wesentliche Elemente des Plans bereits seine Unterstützung ausgedrückt, teilte das Unternehmen weiter mit. Diebold Nixdorf könne dank der bereitgestellten Geldmittel den Betrieb ohne Unterbrechung fortsetzen und unter anderem auch die Löhne für die weltweit rund 20.000 Beschäftigten bezahlen. Allein in Paderborn zählt das Unternehmen rund 2.500 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. In die Schuldenfalle war der Konzern geraten, als Diebold den deutsche Konkurrenten Wincor Nixdorf 2016 für 1,8 Milliarden Dollar übernahm – zu einem Großteil durch Kredite finanziert. Wie Jacobsen sagte, habe das Unternehmen seither allein eine Milliarde Dollar an Zinsen aufbringen müssen. "Pläne für weiteren Stellenabbau gibt es nicht" Das Agreement über den Umbau der Finanzstruktur sei mit mehr als 50 Geldgebern getroffen worden, darunter Banken, Investmentfirmen und Versicherungen. Damit seien 80 Prozent der Gläubiger einbezogen. Die anderen müssen ihr Geld voraussichtlich abschreiben – ebenso wie die bisherigen Aktionäre, deren Anteilsscheine nun nicht mehr an der New Yorker Börse gehandelt werden und die ihren Wert verlieren. Geplant sei aber, nach dem für das dritte Quartal 2023 geplanten Abschluss des Verfahrens neue Aktien an der Börse auszugeben. Pläne für Personalabbau gebe es derzeit hingegen nicht, sagte Jacobsen weiter: "Die operative Restrukturierung ist bereits weitgehend erledigt." Das Unternehmen gilt als der weltweit zweitgrößte Produzent von Geldautomaten und weiterer Hardware und Software für Banken. Große Hoffnungen setzen die Entwickler von Diebold Nixdorf aber auch in die Retail-Sparte, die Kassensysteme für den Einzelhandel produziert und die von der deutschen Wincor Nixdorf AG in die Fusion eingebracht wurde. Insbesondere mit den Self-Check-Out-Systemen (also Kassen ohne Kassierer) können neue Märkte erschlossen werden, so die Hoffnung: "Wir haben bereits viele große Kunden in dem Bereich."

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