Als „Planet of Lana“ erschien, fühlte es sich an wie ein Gegenentwurf: ein vorsichtig erzähltes 2D-Abenteuer inmitten einer Branche voller Spektakel und Dauerüberreizungen. Die Geschichte eines Mädchens, das gemeinsam mit seinem kleinen Begleiter Mui durch eine fremd gewordene, von Maschinen bedrohte Welt reist, war ein zartes, beinahe scheues Spiel. Und genau darin lag seine Anziehungskraft.
2025, in einer Games-Landschaft, die sich weiterhin zwischen Überproduktion, Franchise-Müdigkeit und Live-Service-Dauerfeuer bewegt, wirkt der Titel heute wie ein notwendiger Ruhepunkt, ein Rückzugsort. Die Ankündigung einer Fortsetzung – „Planet of Lana II: Children of the Leaf“ – ist dabei kein Marketingdetail, sondern ein Katalysator: Sie lädt den Erstling retrospektiv auf und macht deutlich, wie viel erzählerisches und ästhetisches Potenzial schon in diesem Debüt steckt.
Für uns war klar: Wir müssen „Planet of Lana“ unbedingt in unsere Rubrik „Zurückgespielt“ aufnehmen.
Zwischen märchenhaftem Licht und maschinenhafter Bedrohung
Was „Planet of Lana“ von Anfang an besonders machte, war die tolle malerische Inszenierung. Die Hintergründe wirken wie von Hand koloriert, die Lichtstimmungen wie aus einem Animationsfilm entnommen. Wishfully, das schwedische Studio, das das Spiel entwickelte, vertraute der Macht der Stille, der Farbe, der Komposition.
Diese Welt lebt weniger von Worten als von Atmosphären. Die Maschinen, die in diese Idylle einbrechen, sind bedrohlich, aber nicht grell: ein kalter, fremder Kontrast zu einer eigentlich lebendigen Umwelt. Die Gegensätze sind klar, aber nie plump. Das Spiel erzählt nicht, es zeigt – und überlässt uns die Deutung.
Auch musikalisch setzt „Planet of Lana“ auf Zurückhaltung. Takeshi Furukawas Score trägt das Abenteuer mit zarten, melancholischen Melodien, die sich nicht in den Vordergrund drängen, sondern die Welt atmen lassen.
Der Trailer zu „Planet of Lana“
Eine Mechanik der Nähe und des Vertrauens
Spielerisch war „Planet of Lana“ nie darauf ausgelegt, Grenzen zu verschieben. Die Rätsel sind zugänglich, die Steuerung klar, die Herausforderungen eher rhythmisch als fordernd. Doch diese Einfachheit erfüllt einen Zweck: Sie lässt das emotionale Zentrum des Spiels wirken.
Die Beziehung zwischen Lana und Mui ist mehr als ein Begleiter-Feature. Mui ist kein Werkzeug, sondern ein Wesen – verwundbar, neugierig, zutraulich. Die kooperativen Puzzle-Momente sind deshalb nicht nur logische, sondern auch emotionale Aufgaben. Vertrauen entsteht nicht aus Dialogen, sondern aus wiederholten kleinen Gesten des „Wir schaffen das gemeinsam“.
Diese Art von Interaktion ist selten geworden. Viele Spiele setzen auf spektakuläre Partnerschaften, auf Skript-Momente, auf Effekte. „Planet of Lana“ dagegen findet Pathos in kleinen Bewegungen: im Schatten-Schleichen, im gemeinsamen Springen, im rettenden Zurückblicken.
Die damalige Rezeption – und was sich inzwischen verändert hat
Zum Release wurde „Planet of Lana“ für seine Ästhetik, seinen Sound und seine emotionale Wirkung gefeiert. Kritik entzündete sich vor allem an der spielerischen Schlichtheit und der geringen Spielzeit. Doch diese Faktoren sehen wir inzwischen eher als Vorzüge. In Zeiten, in denen Videospiele oft Hunderte Stunden fordern, ist ein kurzes, konzentriertes Werk eine willkommene Ausnahme.
Gleichzeitig haben die Themen des Spiels eine neue Aktualität gewonnen. Die Fabel vom Eindringen technologischer Macht in natürliche Räume lässt sich 2025 stärker denn je politisch lesen – ob man nun über KI-Ökosysteme, algorithmische Kontrolle oder Umweltzerstörung spricht. „Planet of Lana“ hat keine Agenda, aber sein Schweigen lädt zur Interpretation ein. Und nicht selten sind es die fragilen Erzählungen, die lange nachwirken.
Die Ankündigung von Teil zwei – und warum sie den ersten Teil aufwertet
Dass Wishfully eine Fortsetzung entwickelt, überrascht rückblickend kaum. Doch die Ankündigung von „Planet of Lana II: Children of the Leaf“ macht deutlich, dass die Welt von Novo keine bloße Episode, sondern ein Auftakt war. Der zweite Teil soll größer, erzählerisch umfangreicher und spielerisch vielfältiger werden – eine Weiterführung, nicht nur eine Wiederholung.
Für den ersten Teil bedeutet das: Wir verstehen ihn nun stärker als Fundament. Viele seiner offenen Fragen – die Herkunft der Maschinen, die Rolle der Natur, Lanas eigene Bedeutung – scheinen weniger wie lose Fäden, sondern wie bewusst gesäte Spuren. Gerade weil der erste Teil so leise ist, wirkt der Gedanke eines größer werdenden Narrativs besonders reizvoll.
Wer „Planet of Lana“ wie wir (noch einmal) spielt, tut das heute im Bewusstsein, dass es weitergeht. Das verleiht dem Abenteuer eine neue Resonanz: Es ist nicht mehr „nur“ ein märchenhaftes Indie-Spiel, sondern der erste Satz einer Geschichte, die sich nun weiter entfaltet.
Fazit
„Planet of Lana“ ist eines dieser kleinen Spiele, die mit der Zeit wachsen. Was 2023 wie ein sanftes Sci-Fi-Märchen wirkte, fühlt sich 2025 wie ein wichtiges Stück einer größeren Erzählung an – ästhetisch präzise, emotional warm und thematisch überraschend zeitgenössisch. Seine Wirkung liegt nicht in Lautstärke oder Innovation, sondern in der Intimität eines Abenteuers, das den Mut hat, leise zu sein.
Mit der Aussicht auf eine Fortsetzung lohnt sich das Wiederentdecken umso mehr. Nicht aus Pflichtgefühl, sondern aus jenem Gefühl, das die besten Geschichten auslösen: der Ahnung, dass da noch etwas kommt – und dass das, was wir bereits erlebt haben, dadurch noch wertvoller wird.
„Planet of Lana“ ist seit dem 23. Mai 2023 für PC und Xbox Series X|S sowie seit dem 16. April 2024 für Playstation sowie Nintendo Switch erhältlich. Das Spiel kostet 20 Euro und ist ab 6 Jahren freigegeben.
Transparenzhinweis: Wir haben das Spiel auf einer PS5 Pro getestet und es selbst gekauft.
INFORMATION
Für wen ist „Planet of Lana“ geeignet?
Nicht jedes Spiel ist für jede Art von Spielerin oder Spieler gemacht. Wer hier genau richtig ist – und wer vielleicht besser was anderes spielt – zeigt dieser Überblick:
Eher passend für:
- Spielerinnen und Spieler, die atmosphärische, ruhige Geschichten schätzen
- Fans von erzählerisch starken, visuell poetischen Indie-Abenteuern
- alle, die sich behutsam auf Teil zwei einstimmen möchten
Eher nicht für:
- Menschen, die viel Action oder komplexe Mechaniken erwarten
- Spielerinnen und Spieler, die lange Laufzeiten bevorzugen
- alle, die hohe spielerische Abwechslung suchen

