Mallorca in Sorge: Immer mehr Flüchtlingsboote landen auf den Balearen

Mallorca-Urlauber machten in diesen Januartagen eine grausame Entdeckung: Beim Spaziergang am &bdquo;Ballermann“-Strand Playa de Palma entdeckten sie einen leblosen Körper, der im Wasser trieb. Wenig später rückten Polizeitaucher an und bargen die bereits stark verweste Leiche. Die Ermittler vermuten, dass es sich um einen afrikanischen Flüchtling handelt, der auf der Überfahrt von Nordafrika nach Spanien ertrank. Kurz zuvor waren bereits zwei Wasserleichen am Traumstrand Illetes auf der Nachbarinsel Formentera aus dem Meer gezogen worden. Auch in diesem Fall handelte es sich vermutlich um Flüchtlinge, die im Meer ertranken. Die Polizei schließt nicht aus, dass zwischen den drei Todesfällen ein Zusammenhang besteht. Möglicherweise saßen alle drei Opfer zusammen in einem Flüchtlingsboot, das bei Wind und Wellen in Seenot geriet. Immer wieder erleiden Migrantenschiffe auf dem Weg nach Mallorca oder zu den anderen Baleareninseln Ibiza, Menorca und Formentera Schiffbruch. Hilfsorganisationen schätzen, dass 2024 Hunderte von Migranten vor Mallorca ertranken. Zuverlässige Zahlen gibt es nicht, da viele Opfer im Mittelmeer spurlos verschwinden. Manchmal finden die Retter im Meer nur einen leeren Flüchtlingskahn oder – wie gerade wieder geschehen – im Wasser treibende Leichen. Verzweifelte Familien suchen nach Vermissten Bei den Inselbehörden und beim Roten Kreuz melden sich immer wieder verzweifelte Familienangehörige aus afrikanischen Staaten, die auf der Suche nach vermissten Flüchtlingen sind. So wurde zum Beispiel nun der Fall des 26 Jahre alten Zoubir A. bekannt, der vor einigen Wochen in der algerischen Küstenstadt Tipasa in ein Boot stieg. &bdquo;Ich melde mich, wenn ich angekommen bin“, verabschiedete er sich per Handy. Das war sein letztes Lebenszeichen. Kein Einzelfall: Die Zahl der Todesopfer zwischen Nordafrika und Mallorca wächst im Einklang mit der immer größeren Menge von Flüchtlingen, die auf den balearischen Urlaubsinseln ankommen. Im vergangenen Jahr wurden auf den Baleareninseln 350 Flüchtlingsboote gezählt – so viele wie noch nie. &bdquo;Jeden Tag ein Elendskahn”, titelten Inselzeitungen. Insgesamt registrierten die Behörden auf den Balearen in 2024 nahezu 6.000 Bootsmigranten – mehr als doppelt so viel wie im Vorjahr. &bdquo;Die Balearischen Inseln sind am Limit“, sagt Inselpräsidentin Marga Prohens und verlangt von der spanischen Regierung mehr Unterstützung. Schlepper setzen immer mehr Schnellboote ein Prohens fürchtet, dass Mallorca bald eine humanitäre Krise drohen könnte wie den Kanaren im Atlantik. Dort sind die Aufnahmelager überfüllt, die sozialen Spannungen wachsen. Auf den Kanaren wurden 2024 insgesamt 47.000 Flüchtlinge und Migranten gezählt – 17 Prozent mehr als im Vorjahr. Mallorca und die Nachbarinseln sind inzwischen zusammen mit den Kanaren Spaniens größter Migrationsbrennpunkt. Die Menschenschmuggler auf dem Mittelmeer haben aufgerüstet: Immer öfter setzen sie Schnellboote ein. Diese sind mit bis zu 200 PS starken Motoren ausgestattet und können die 300 Kilometer lange Strecke zwischen Algerien und Mallorca in einem halben Tag zurücklegen. Die Ermittler sprechen bereits von &bdquo;Migranten-Taxis“, die zwischen Nordafrika und Mallorca pendeln. Bisher wurden diese Speedboote vor allem für Drogentransporte benutzt. Viele der auf Mallorca ankommenden Migranten stammen aus Algerien. Aber es sitzen auch zunehmend Menschen aus den Kriegs- und Krisenländern unterhalb der Sahara in den Elendskähnen. Die meisten algerischen Ankommenden dürfen wenig später aufs spanische Festland weiterreisen, weil Algerien eine Rücknahme ablehnt. Viele Algerier versuchen dann, sich nach Frankreich durchzuschlagen, wo sie Freunde oder Familie haben. Algerien war bis 1962 eine französische Kolonie. Migrationsrouten verschieben sich von Italien nach Spanien Insgesamt stieg die Zahl der in Spanien ankommenden irregulären Immigranten in 2024 um 13 Prozent auf 64.000. Das klingt alarmierend. Aber die europäische Grenzschutzagentur Frontex weist in ihrem Jahresbericht darauf hin, dass 2024 insgesamt gesehen der Druck auf die europäischen Südgrenzen zurückging. So sei im vergangenen Jahr die absolute Zahl der Flüchtlinge an den südeuropäischen Küsten um 27 Prozent gesunken. Nimmt man die EU-Landgrenzen hinzu, sanken die irregulären Grenzübertritte sogar um 38 Prozent. Diese unter dem Strich positive Entwicklung erkläre sich unter anderem mit einem starken Rückgang in Italien, sagt Frontex. Dort macht sich die bessere Kooperation mit den nordafrikanischen Transitländern Tunesien und Libyen bemerkbar. Doch der Erfolg Italiens bei der Grenzsicherung hat einen Nebeneffekt: Die Migrationsrouten übers Meer verschoben sich Richtung Spanien und Griechenland, wo die Ankunftszahlen in 2024 stiegen.

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