230 Kilometer durch die Alpen: Borgholzhausener erfüllt sich einen Traum

Borgholzhausen. Selbst erfahrene Marathon-Routiniers werden von diesen Zahlen eingeschüchtert: ein Lauf über 230 Kilometer in sieben aufeinanderfolgenden Tagesetappen mit insgesamt 13.500 Höhenmetern. Auch Benedikt Brockmann hat der Transalpine Run bis an die Leistungsgrenze gefordert. Trotzdem schwärmt der Borgholzhausener ausgerechnet vom Erholungswert der ultimativen Herausforderung für Ultraläufer: &bdquo;Von der Energie aus diesem Erlebnis kann man lange zehren. Für meinen Kopf ist das so erholsam und entspannend wie für andere vier Wochen Urlaub am Strand.“ Das muss am Zusammenspiel zwischen extremer Anstrengung und der Belohnung durch das einzigartige Naturerlebnis in den Alpen liegen: &bdquo;Die letzte Etappe führte auf den ersten zehn Kilometern bis auf fast 3.000 Meter – so hoch wie die Zugspitze. Die Landschaft und die Ausblicke, die man dann erlebt, sind einfach gigantisch“, schwärmt der 45-Jährige. Und schildert begeistert ein weiteres Highlight im Rätikon-Gebiet mit dem malerischen Lüner-Bergsee: &bdquo;Auf der dritten Etappe war der Start schon um 6 Uhr bei Dunkelheit. Im ersten Anstieg den Sonnenaufgang zu erleben – das sind Bilder, die man nie vergisst.“ Schon viele Jahre ist Benedikt Brockmann vom RSV Borgholzhausen als Ultralangstreckler unterwegs, bevorzugt bei Trailläufen von 50 und mehr Kilometern in der Natur. Der ideale Ausgleich zum beruflichen Alltag, wo er als Steuerberater mit Zahlen und Regularien ein trockenes Arbeitsfeld beackert. Dabei hat er beim Zugspitz-Ultratrail im Juni 2024 auf 111 Kilometern in fast 20 Stunden auch schon Deutschlands höchsten Berg in Laufschuhen umrundet. &bdquo;Aber der Transalpine Run fehlte mir noch – damit habe ich mir einen langgehegten Läufertraum erfüllt.“ Borgholzhausener findet gleichgesinnten Teampartner Voraussetzung für eine erfolgreiche Premiere war das Zusammenspiel mit einem etwa gleichstarken Laufpartner. Die seit 2005 organisierte Extremsport-Prüfung wird in der Regel in Zweier-Teams absolviert, weil das auf unwegsamen Pfaden im Hochgebirge mehr Sicherheit bietet. &bdquo;88 Prozent der Finisher laufen in der Teamwertung“, sagt Benedikt Brockmann. Beim Moselsteig-Etappenlauf im September 2024 traf er einen gleichgesinnten Ultramitstreiter, bei dem Kondition und Zielsetzung passten: &bdquo;Während eines Abendessens sind wir uns schnell einig geworden: Wir gehen das zusammen an“, sagt Brockmann über die Verbindung zu Iakov Zhabitskiy aus Sindelfingen. Mit dem 41-Jährigen bildete der Ostwestfale nach individueller Vorbereitung ein harmonisches Gespann: &bdquo;Auf den ersten zwei Dritteln der Etappen hat Iakov meistens das Tempo bestimmt. Hinten raus konnte ich ihn dann unterstützen, weil ich die etwas größeren Umfänge laufe. Beide Läufer eines Teams müssen innerhalb von zwei Minuten die Kontrollen an den Verpflegungsstellen erreichen“, erläutert Brockmann. Als erfahrene Dauerleister auf Streckenlängen jenseits der 50 Kilometer wussten beide: &bdquo;Irgendwie gehts immer weiter. Nach einem Tief kommt auch wieder ein Hoch.“ Laufband im Büro simuliert steile Ansteige So platzierte sich das Duo &bdquo;Moselsteig Express“ in der Klasse &bdquo;Masters“ (Teamalter 81 bis 100 Jahre) mit einer Gesamtzeit von 36:00:31 Stunden auf dem 15. Rang unter 32 Duos im Ziel. Auf dem verschlungenen Weg von Lech am Arlberg in Österreich durch die Schweizer Alpen bis zum Südtiroler Reschensee ging es über elf Gipfel oder Pässe mit mehr als 2.000 Meter Höhe. Um sich am Teuto mit seinen bescheidenen 300-Meter-Anhöhen dafür zu rüsten, hatte sich Benedikt Brockmann eigens ein spezielles Laufband ins Arbeitszimmer gestellt: &bdquo;Damit kann ich Steigungen von bis zu 18 Prozent simulieren. Aber die Kraxelei auf Passagen, wo man sich am Drahtseil hochziehen muss, die lässt sich natürlich nicht üben. Ebenso wenig wie die steilen Downhills über Stock und Stein.“ Brockmann veranschaulicht das mit Zahlen: &bdquo;Auf den ersten zwei Etappen ging es insgesamt 4.200 Höhenmeter bergab.“ Zum Vergleich: Beim Hermannslauf sind es 710 – was bereits schmerzhaft in die Oberschenkel zieht. Lesen Sie auch: Im Tal des Todes: Ultra-Läufer aus Werther meistert extreme Herausforderung Deshalb ließ der Moselsteig Express in gefährlichen Situationen Vorsicht walten: &bdquo;Die Zeit war nicht entscheidend. Wir wollten Spaß haben und sicher ins Ziel kommen. Bei anderen haben wir auch aufgeschlagene Knie und eine gebrochene Nase gesehen.“ Das blieb Brockmann und Zhabitskiy erspart. Wenngleich sie in Höhenlagen zwischen 500 und 3.000 Metern mit wechselndem Wetter zu kämpfen hatten: &bdquo;Am Tag der Anreise hatte es geschneit, die ersten drei Renntage waren sonnig, ehe am vierten Starkregen einsetzte. Am fünften musste die Etappe wegen Wind und Regen auf 15 Kilometer verkürzt werden, zuletzt schien aber wieder die Sonne.“ Deshalb ließen sich alle Finisher am Reschensee in euphorischer Hochstimmung feiern: &bdquo;95 Prozent von uns hätten in dem Moment wahrscheinlich gleich wieder das Meldeformular fürs nächste Jahr unterschrieben. Die total entspannte Stimmung und der Zusammenhalt im Feld waren eines der absoluten Highlights.“ Benedikt Brockmann hat sich aber erst mal einen &bdquo;KoBoLT“ in den Kopf gesetzt: Beim in dieser Weise abgekürzten &bdquo;Koblenz-Bonn-Trail“ läuft er am 29. November auf dem Rheinsteig 140 Kilometer – mit harmlosen 5.300 Höhenmetern. Aktuelle News bekommen Sie täglich über den WhatsApp-Kanal des HK

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