Offene Worte zur Transsexualität: Als Frau geboren, zum Mann geworden

Häger. Selbstbewusst steht Till Sponholz auf dem Hägeraner Sportplatz vor der Kamera von RTL und erzählt seine Geschichte. Im Mittelpunkt stehen, dazu noch vor einem größeren Publikum, ist eigentlich nicht sein Ding. Dass sich der 36-jährige Maschinenbau-Ingenieur dennoch überwindet, hat zwei Gründe. Zum einen wird er von seiner ehemaligen Mannschaftskameradin Jessica Matyschok interviewt, die mittlerweile für den Kölner Privatsender arbeitet. Viel wichtiger aber ist: Er möchte anderen Menschen, die so fühlen wie er und sich noch nicht getraut haben, offen damit umzugehen, ein positives Beispiel geben. &bdquo;Mir fehlten Vorbilder, die gezeigt haben, dass es so etwas gibt" Denn Till Sponholz ist ein Transmann. Das heißt, er wurde mit weiblichen Geschlechtsmerkmalen geboren, als Frau erzogen und von anderen Menschen auch so wahrgenommen. Dabei hat er sich in seinem Inneren schon immer als Mann und niemals als Frau gefühlt. &bdquo;Als Kind habe ich nicht gemerkt, dass ich kein Junge bin, sondern ich habe gemerkt, dass ich keinen zu einem Jungen passenden Körper habe. Ich habe dann gedacht, dass ich mir irgendwie aneignen muss, wie man ein Mädchen wird", erklärt Sponholz. Was folgt, ist ein jahrzehntelanger Kampf mit sich selbst und den gesellschaftlichen Erwartungen. In der Kindheit sind die Geschlechtergrenzen noch nicht so stark definiert. Judo, Fußball, Schwimmen in Badehose statt im Badeanzug – das ist alles noch mit den Jungs möglich. Doch mit der Pubertät ändern sich die Dinge schlagartig. &bdquo;Das war ein Knick für mich, weil ich auf einmal nicht mehr zu den Jungs gehören konnte. Da bin ich dann immer introvertierter geworden, weil ich mich gefragt habe, was kaputt mit mir ist", sagt Sponholz rückblickend. "Mir fehlten Vorbilder" Einfach mal googeln ist Ende der 90er Jahre nämlich noch nicht möglich. Öffentlichkeitswirksame Aktionen für Diversität wie das Tragen der regenbogenfarbenen Kapitänsbinde von Fußballnationaltorwart Manuel Neuer während der EM gibt es nicht. &bdquo;Mir fehlten Vorbilder, die mir gezeigt haben, dass es so etwas überhaupt gibt und dass das normal ist", sagt Sponholz, &bdquo;und so hat es gedauert, dass überhaupt rauszufinden". Das Aha-Erlebnis kommt erst mit Mitte 20, als Sponholz zufällig einen anderen Transmann kennenlernt. &bdquo;Er hat direkt zu mir gesagt ’Hi, ich bin Phil und du bist wie ich’", erinnert sich Sponholz, &bdquo;da habe ich gemerkt, dass ich nicht alleine bin, und was mich die ganze Zeit fertiggemacht hat. Endlich konnte ich die Gefühle einordnen, warum ich mich nicht für Frauendinge interessiere, sondern lieber mit Männern an der Theke stehe und Bier trinke." Nach dieser Begegnung überlegt Sponholz, ob er etwas ändern will. Jahrelang lautet die Antwort jedoch Nein. Zu groß ist die Angst vor einer negativen Reaktion seines Umfelds. Irgendwann entscheidet er sich doch dafür. &bdquo;Es fühlte sich einfach schrecklich an. Ich bin regelrecht zusammengezuckt, wenn mich jemand als Frau Sponholz angesprochen hat." &bdquo;Ich habe mich 30 Jahre gequält und will jetzt endlich glücklich sein" Als er sich im März 2018 schließlich outet, fallen die Reaktionen durchweg positiv aus. Seine Familie steht zu ihm. Genau wie seine Freundin. Auch bei der Arbeit gibt es keine Probleme, ebenso wenig beim Fußball. Die Hägeraner Fußballerinnen betrachten ihn weiterhin als Teil ihrer Mannschaft und sind auch beim RTL-Dreh mit von der Partie. Im Juni 2018 beginnt Sponholz die Geschlechtsangleichung mit einer vom Gesetzgeber vorgeschriebenen Psychotherapie. Ende 2018 startet die Testosteronbehandlung, im September 2019 ändert er offiziell seinen Namen und sein Geschlecht. Anfang 2020 legt er sich das erste Mal unters Messer. Ende dieses Jahres folgt schließlich die letzte Operation. Danach ist er auch körperlich ein Mann. Angst vor den durchaus mit Risiken behafteten Eingriffen hat er nicht. &bdquo;Ich habe mich 30 Jahre gequält und will jetzt endlich glücklich sein. Die psychischen Schmerzen und Leiden sind viel größer als das Risiko der Operationen. Als die erste OP anstand, habe ich über das ganze Gesicht gestrahlt", erklärt Sponholz. Lesen Sie auch: "Du willst nur Aufmerksamkeit": Eltern ignorieren Transsexualität ihres Kindes Für ihn hat sich die langwierige Prozedur auf jeden Fall gelohnt. Die Komplikationen nach den Operationen halten sich in erträglichen Grenzen. Sein Körper und seine Seele befinden sich endlich im Einklang. Und auch mit Fußball will er vielleicht wieder anfangen. &bdquo;Wenn ich mich 20 Jahre früher getraut hätte, hätte ich früher glücklich sein können. Aber vielleicht ist es auch richtig so. Jetzt habe ich ein stabiles Umfeld mit einer Freundin und einem guten Job. Ich bin glücklich im Moment."

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