Arminias Aufsichtsratschef im Interview: „Das Trainingszentrum ist ein echter Meilenstein“ | Haller Kreisblatt

Herr Eschweiler, wie zufrieden ist der Aufsichtsrat mit dem Geschehen rund um Arminia Bielefeld? Wir sind mit der Entwicklung der letzten zwei Jahre mehr als zufrieden. Die beiden Geschäftsführer und das gesamte Team haben einen hervorragenden Job gemacht. Das heißt aber nicht, dass die Arbeit in dem schnelllebigen Geschäft zu Ende ist. Man macht in Zeiten des Erfolgs nicht selten die größten Fehler. Was wären solche Fehler? Es gibt nicht das eine Thema, auf das man achten muss. Es geht um viele große und kleine Dinge. Wir müssen sehr wachsam bleiben und legen Wert auf intensiven Austausch, maximale Offenheit und Vertrauen. Ein Beispiel: Ich stehe als Aufsichtsratsvorsitzender nahezu täglich im Austausch mit den Geschäftsführern Michael Mutzel und Christoph Wortmann, um zu unterstützen und zu hinterfragen. Welche Erwartungen hat der Aufsichtsrat an die Saison? Unser Ziel war und ist maximale Stabilität auf allen Ebenen. Der Aufsichtsrat unterstützt die Zielstellung von Michael Mutzel, als Aufsteiger mit einer jungen Mannschaft möglichst sorgenfrei den Klassenerhalt zu erreichen. Dabei sind wir sehr ambitioniert und zuversichtlich, dass wir auch bei mitunter etwas rauerer See sicher durch das Jahr segeln werden. Sind die finanziellen Voraussetzungen dafür gegeben? Die Voraussetzungen sind deutlich besser als vor zwei Jahren, aber nicht komfortabel. Wir müssen unsere Mittel sehr effizient einsetzen und grundsolide managen. Das Kerngeschäft bleibt der Profifußball, das muss funktionieren. Wie lässt sich das Schiff &bdquo;Arminia“ vom sportlichen Erfolg unabhängig machen? Man kann über verschiedene Erlössäulen die Rahmenbedingungen stetig verbessern und so die Erfolgswahrscheinlichkeiten für das Kerngeschäft Profifußball erhöhen. Die finanziellen Voraussetzungen dafür sind für einen Traditionsverein wie Arminia Bielefeld in der 2. Liga natürlich ganz andere als in der 3. Liga. Wir arbeiten intensiv daran, unser finanzielles Fundament zu verbessern, damit Arminia auch in schwierigen Phasen widerstandsfähig ist. Gehört Nachwuchsförderung dazu? Die Akademinia ist elementarer Bestandteil unserer Strategie. Wir investieren dort erheblich und können Erfolge nachweisen. Denken Sie an die Deutsche Meisterschaft der U17 im Jahr 2023 oder den geglückten Start der U21 in der Oberliga. Mitch Kniat scheut sich nicht, Jugendspieler bei den Profis einzusetzen. Zum Beispiel Daniel Richter, der regelmäßig im Kader steht, oder Daniel Sumbu, der im Winter für eine erfreuliche Ablöse zu Sturm Graz transferiert wurde. Wenn es für einen Verein über viele Jahre hinweg ums finanzielle Überleben geht, entsteht ein Investitionsstau. Wo muss am dringendsten Geld hineingesteckt werden? Wir investieren in Steine und Beine. In der Geschäftsstelle wird an der Runderneuerung der IT gearbeitet, wo erheblicher Nachholbedarf besteht. Und wir werden am Trainingszentrum an der Friedrich-Hagemann-Straße kurzfristig etwas bei den Trainingsplätzen tun. Das neue Zentrum ist ein zentraler Erfolgsfaktor der letzten Saison. Es ermöglicht auf Jahre hinaus hervorragende Rahmenbedingungen. Gibt es Maßnahmen oder Entwicklungen, auf die sich die Fans freuen können? Ja, der Fokus bleibt auf Stabilität und Schaffung von echten Werten, z.B. nachhaltige Steigerung des Kaderwerts und Entwicklung der Akademinia und Weiterentwicklung der Infrastruktur. Alle Verantwortlichen arbeiten daran, Arminia Bielefeld langfristig stabil aufzustellen – mit einer Mannschaft, die sich permanent weiterentwickelt, einer Infrastruktur, die das unterstützt, und vor allem einer Gemeinschaft, die eng zusammenhält. Wo stehen Sie im Vergleich zu anderen Zweitligisten mit dem Trainingszentrum? Das neue Zentrum ist ein echter Meilenstein für Arminia und hat uns in der 2. Liga mindestens auf Augenhöhe gebracht. Das ist auch wichtig, wenn es darum geht, als Verein attraktiv für neue Spieler zu sein. Im Trainingszentrum verbringen die Spieler schließlich sehr viel Zeit. Hier wird im Sport die eigentliche Arbeit gemacht. Finanzielle Stabilität kennt Arminia kaum. Denken wir an die existenzielle Krise 2017/18 oder den Zustand nach dem Abstieg vor zwei Jahren. Heute hat man das Gefühl, alles liege in ruhigerer Hand. Liegt das nur an den Einnahmen aus dem Pokal? Nein, das liegt an unserem generellen Ansatz, der stark daten- und faktenbasiert ist. Sowohl im Sport als auch im kaufmännischen Bereich arbeitet das Team sehr analytisch und systematisch. Die Verantwortlichen prüfen permanent, ob unsere Entscheidungen zu unserer Strategie passen. Emotionen sollen dabei allenfalls am Rande eine Rolle spielen. Sie stehen jetzt bei rund 29.000 Mitgliedern. Das sind mehr, als Sie Plätze im Stadion haben. Wirkt sich der Mitgliederzustrom finanziell aus? Für den gemeinnützigen e.V. sind Mitgliedsbeiträge eine wichtige Erlössäule. Abseits von finanziellen Zahlen ist das Entscheidende aber, dass Arminia es geschafft hat, sich nachhaltig in die Herzen der Stadt und der Region zu spielen. Was müsste passieren, damit die See finanziell wieder rauer wird? Der sportliche Erfolg ist und bleibt entscheidend. Wir glauben, dass sich die Mannschaft einigen Kredit erspielt hat, sodass Mitglieder und Sponsoren auch in sportlich schwierigeren Zeiten bei der Stange bleiben. Die außergewöhnliche Treue der Fans hat sich über viele Jahre entwickelt. Das ist ein echter Trumpf, mit dem Arminia in guten wie in schlechten Zeiten wuchern kann. Wie sieht Ihre Sponsorenlandschaft aus? Gibt es Wachstumspotenzial jenseits der ostwestfälischen Grenzen? Im Sponsoring sind heute individuelle Konzepte gefordert. Die Werbebande allein reicht da nicht. Je mehr Sponsoren mit passgenauen und kreativen Ansätzen angesprochen werden, umso eher kann Arminia hier wachsen. Christoph Wortmann ist auch darin ein absoluter Fachmann. Arminia ist die größte Business-Plattform in Ostwestfalen. Das sieht man an jedem Spieltag, wo sich die ostwestfälische Wirtschaft im Stadion trifft. Richtig ist, dass die regionalen Sponsoren und Partner dabei deutlich überwiegen. Hilft es dem Verein, dass man nicht einen Großsponsor hat, sondern eine Gruppe von finanzstarken Familienunternehmern unterstützt? Der breite Zuspruch der ostwestfälischen Wirtschaft ist ein echter Wettbewerbsvorteil für uns. Und damit meine ich nicht nur das Bündnis Ostwestfalen, sondern auch die vielen anderen Partner, auf die wir uns verlassen können. Und keiner von denen drängt sich nach vorne und will Einfluss auf das operative Geschäft nehmen. Man lässt uns unsere Arbeit machen. Zur Arbeit eines modernen Trainers gehört auch, dass er einzelne Spieler besser macht. Ist das bei Mitch Kniat der Fall? Unbedingt. Nur eines von vielen Beispielen: Louis Oppie ist aus der Regionalliga zu uns gestoßen. Heute ist er Stammspieler in der Bundesliga. Von diesen Entwicklungen sehen wir mehrere. Denken wir an Jonas Kersken, Leon Schneider, Maximilian Großer oder Felix Hagmann. Michael Mutzel hat es geschafft, nahezu alle Spieler längerfristig an Arminia zu binden. Es sind echte Werte im Kader entwickelt worden. Kommt ein höherklassiger Verein und will einen Spieler verpflichten, generieren wir Ablösesummen. Das zahlt auf Stabilität für die Zukunft ein. Welche Rolle spielen Fans in diesem stabilen Bild des Vereins? Unsere Fans sind der Stabilitätsanker schlechthin. Ihr Engagement, ihr Zusammenhalt mit der Mannschaft – für die ganze Welt sichtbar beim Pokalfinale – zeigt, wie stark die Bindung ist. Wir wollen eine Mannschaft, die nah an den Fans ist und die Identifikation lebt. Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an Ein Beitrag geteilt von DFB-Pokal (@dfb_pokal) Wie identifiziert sich die Mannschaft mit der Stadt und der Region? Die Mannschaft geht gerne in die Stadt, oft gemeinsam, trifft überall Fans. Es geht um eine echte Identifikation, die weit über den Spieltag im Stadion hinausgeht. Regelmäßig öffentliche Trainings, Begegnungen zu allen möglichen Anlässen – wir wollen aktiver Teil der Stadt sein. Die Spieler, die Trainer, die Entscheidungsträger, wir sind alle offen und wollen nahbar sein. Wenn jemand etwas möchte von Arminia Bielefeld, bekommt sie oder er eine Möglichkeit des Austauschs. Trainer und Sportgeschäftsführer sind die Schlüsselpersonen im sportlichen Bereich. Doch deren Erfolg bleibt nicht unbemerkt. Wären Sie darauf vorbereitet, wenn einer der beiden abgeworben würde, so wie es dem SC Paderborn mit Lukas Kwasniok passiert ist? Wir haben ein sehr vertrauensvolles und transparentes Miteinander. Es gibt derzeit keine Hinweise darauf, dass sich an unserer Konstellation etwas ändert. Wir haben mit beiden Geschäftsführern kürzlich eine neue Vereinbarung unterzeichnet; und auch mit dem Trainer ist frühzeitig in der letzten Saison der Vertrag verlängert worden. Wir wollen unseren Weg gemeinsam weitergehen – eben Kontinuität und Stabilität auf allen Ebenen.

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