Die 1950er-Jahre: Die Wirtschaft boomt, Arminia Bielefeld floppt | Haller Kreisblatt

Bielefeld. Während die Wirtschaft in Deutschland in den 50er-Jahren boomte, floppte der Fußball in Bielefeld auf der ganzen Linie. Arminia Bielefeld lief Gefahr, in der sportlichen Versenkung zu verschwinden. Trost fanden die ostwestfälischen Fans bei der Nationalmannschaft. Das legendäre Team um Kapitän Fritz Walter und Bundestrainer Sepp Herberger gewann 1954 sensationell den WM-Titel in der Schweiz mit einem 3:2-Endspielsieg gegen die bis dahin als unschlagbar geltenden Ungarn. Und die Arminen? Nach dem Abstieg 1950 aus der Oberliga in die 2. Liga West versuchten sie mit großem Engagement, die Rückkehr nach oben zu schaffen. Hellmut Meidt war von 1951 bis 1953 der Coach. Wegen interner Querelen warf er letztlich frustriert das Handtuch. Einige Vorstandsmitglieder wollten ihm bei der Mannschaftsaufstellung ständig reinreden und sagen, wie der Hase zu laufen habe. Diese Einmischung von außen ging dem Fußball-Fachmann gehörig auf den Geist. Nach zwei Spielzeiten hatte Meidt die Nase gestrichen voll und schmiss die Brocken hin. Genau ein Jahrzehnt später sollte Meidt, dessen Markenzeichen die Mütze war, ein glanzvolles Comeback auf der Alm feiern. Dass die Arminen mit ihrem Fußballprojekt letztlich gescheitert sind, lag an den Standortnachteilen gegenüber der Konkurrenz. Ein schmuckes Stadion und komfortable Trainingsbedingungen, mit denen andere Klubs punkteten, hatten die Bielefelder nicht zu bieten. So mussten sich die Spieler noch Ende der 50er-Jahre in einer Dachkammer über dem Vereinslokal Schütze am Bürgerpark umziehen und von dort zu Fuß zur Alm gehen. Arminias Fusionspläne scheitern Sicherlich nicht die beste Werbung, sich als talentierter Fußballer für einen Wechsel nach Bielefeld zu entscheiden, zumal auch die finanziellen Voraussetzungen (Handgeld, lukrative Nebenjobs) kaum Veranlassung für einen Wechsel boten. Die Folge: Die Qualität der Mannschaft sank von Jahr zu Jahr. 1954, also im Jahr des WM-Gewinns, folgte dann mit dem Abstieg in die Landesliga der Super-GAU. Arminia war im Amateurbereich angekommen. In dieser schwierigen Lage erinnerte man sich wieder an eine mögliche Fusion mit dem Lokalrivalen VfB 03 Bielefeld. Den Hüpkern ging es im Amateurbereich auch nicht viel besser als den Arminen. In den Jahren zuvor waren solche Gespräche stets gescheitert. Auch diese Fusionsgespräche waren nicht von Erfolg gekrönt. Als Konsequenz dieser erneuten Bankrotterklärung ergaben sich zwei spektakuläre Wechsel innerhalb der Bielefelder Fußball-Landschaft. Herbert Kordfunke, 26 Jahre lang ein treuer und vorbildlicher Armine, wechselte zum VfB 03. Die Hüpker indes mussten sich einen neuen zweiten Vorsitzenden suchen. Aus Frust über die geplatzten Verhandlungen trat Karl Lamker umgehend aus dem Verein aus und meldete sich bei den Arminen an. Ein Jahr später wurde er zum Präsidenten des DSC gewählt und füllte dieses Amt bis 1960 aus. VfB 03 zieht kurzzeitig an Arminia vorbei Lamker, Sohn eines Fleischermeisters und gelernter Jurist, hatte als NSDAP-Mitglied und Wehrmachtsoffizier Karriere gemacht. Er zählte 1964 zu den Mitgründern der NPD und wurde drei Jahre später zum stellvertretenden Vorsitzenden gewählt. Lamkers &bdquo;braune“ Vergangenheit hatte bei der Mitglieder-Wahl zum DSC-Präsidenten keine Rolle gespielt. Die Aufarbeitung der jüngeren Geschichte befand sich in der Bundesrepublik noch in den Startlöchern. 1955 dann ein weiterer Schlag in die Magengrube für sämtliche Arminia-Anhänger. Lokalrivale VfB 03 stieg unter Trainer Hellmut Meidt in den bezahlten Fußball auf. Arminia spielte nur noch die zweite Geige. Die Saison 1955/56 war allerdings die letzte, in der der VfB 03 eine Liga höher als Arminia spielte. Das Meidt-Team stieg sofort wieder in die Verbandsliga ab. 1959 wurden zwischen beiden Klubs erneut Sondierungsgespräche aufgenommen. Auch diese platzten, weil VfB-Präsident Walter Goldmann forderte, dass Arminia erst einmal ihre Finanzen in Ordnung bringen müsse. Arminias Leichtathleten überzeugen Freude in diesem Jahrzehnt bereiteten nur die Leichtathleten. 1952 schloss sich der Olympische Sportclub Bielefeld dem DSC an. Aushängeschild war Paul Schmidt, der in seiner Karriere acht deutsche Meistertitel über 800 Meter errang und 1960 bei den Olympischen Spielen in Rom in dieser Disziplin den vierten Platz belegte. Später wurde Schmidt Bundestrainer für die Mittelstreckenläufer. Bereits 1956 erfolgte die Trennung vom DSC Arminia. Der Etat für die Leichtathletik-Abteilung mit mehr als 100 Mitgliedern war zu hoch, brachte aber trotz großer Erfolge kein Geld ein. 1964 wurde die Abteilung, allerdings in abgespeckter Form, wiederbelebt. Sprinter Hans-Herbert Tamm, der auch ein talentierter Fußballer war, stach hervor. Die Bestzeit des späteren Sportredakteurs über 100 Meter: glatte 11,0 Sekunden. Dieses Kapitel der Leichtathletik bei den Arminen endete 1973.

Meistgelesen

Arminia Bielefelds 1960er-Jahre: Aus dem Amateurfußball in die Bundesliga

Zwischen Gauliga und Gleichschaltung: Arminia zu Beginn der NS-Zeit

Engagiert, streitbar, hilfsbereit: Fußballer trauern um einen Ex-Versmolder

Zwischen Rassenwahn und Wiederaufbau: Das war Arminia in den 1940er-Jahren

DFB-Coach Nagelsmann nach Slowakei-Debakel stocksauer – das hat Arminia damit zu tun Das 0:2 der DFB-Elf in der Slowakei wurmt den 38-Jährigen gewaltig. Im TV-Interview spannt er unvermittelt den Bogen nach Bielefeld. Die Arminia kontert.

So läuft Arminia Bielefelds Torwart-Suche Zwei Keeper trainierten beim...