Zwischen Rassenwahn und Wiederaufbau: Das war Arminia in den 1940er-Jahren | Haller Kreisblatt

Bielefeld. Die Folgen des 2. Weltkrieges hatten auch fatale Auswirkungen auf den Fußball. Arminia und der VfB 03 Bielefeld schlossen sich daher für zwei Jahre zu einer Kriegsspielgemeinschaft Bielefeld zusammen. 1944 musste der Ligabetrieb fast vollständig eingestellt werden. Die Wirren dieser Zeit forderten auch von König Fußball ihren Tribut. Die Interessenlage war eindeutig. Die Menschen mussten sich mit täglichen Überlebensmaßnahmen beschäftigen.Dramatisch wurde es am 30. September 1944: Ein Luftangriff mit anschließendem Feuersturm zerstörte große Teile der Bielefelder Altstadt und forderte 649 Menschenleben. Zuvor hatte es bereits mehrere Luftattacken der Alliierten gegeben, denen Hunderte Einwohner zum Opfer gefallen waren. Aber es gab auch andere Schauplätze, an denen viele Menschen in dieser Zeit sterben mussten. Am 6. März 1944 wurde Julius Hesse im Alter von 68 Jahren im Vernichtungslager Auschwitz ermordet. Seine Frau Jenni wurde am 8. Mai 1944 für tot erklärt. Die drei Töchter überlebten den Holocaust, da sie rechtzeitig emigriert waren. Der jüdische Kaufmann Hesse, der seit 1903 ein Schuh- und Sportwarengeschäft am Alten Markt betrieben hatte, leitete von 1909 bis 1914 als Präsident äußerst erfolgreich die Geschicke von Arminia Bielefeld. Rassenwahn und Antisemitismus auch bei Arminia Mit der Machtübernahme der Nazis begann der Rassenwahn und Antisemitismus. Die Hesses und andere jüdische Mitglieder, wie Fritz Grünewald, Heinz Köppel und Franz Rothschild, wurden genötigt, den Verein Arminia sofort zu verlassen. Grünewald, Teilhaber einer Pferdeschlachterei, war Mitglied im Vorstand der Arminen sowie Träger der Goldenen Ehrennadel des Vereins. Als Jude verlor er neben der Mitgliedschaft im Verein auch die wegen seiner Verdienste um den Verein erworbene Auszeichnung. Man verwehrte ihm sogar den Einlass ins Stadion. Am 31. März 1942 wurde er im Alter von 45 Jahren von Bielefeld aus mit seiner Frau und seinem dreijährigen Sohn ins Warschauer Ghetto deportiert. Man hat nie wieder etwas von ihnen gehört. Nach einer Initiative der Friedensgruppe der Altstädter Nicolaigemeinde wurde ihm die Ehrennadel am 8. Dezember 2003 während der DSC-Jahreshauptversammlung posthum wieder zuerkannt. Auch die Rehabilitation der Familie Hesse musste lange Jahre auf sich warten. 2012 wurden Stolpersteine für sie an ihrem einstigen Wohnhaus nahe des Alten Marktes verlegt, der DSC übernahm die Patenschaft. Im Sommer 2021 benannte Arminia den ehemaligen Platz für TV-Übertragungswagen am Westeingang des Stadions nach dem einstigen Präsidenten und erinnerte mit einer ausführlichen Gedenktafel an ihn. Regelmäßig bietet Arminia jeweils sonntags ab 10.30 Uhr in Zusammenarbeit mit dem Fanprojekt und der NS-Erinnerungs- und Gedenkstätte Wewelsburg den Rundgang &bdquo;Spurensuche: DSC Arminia Bielefeld und der Nationalsozialismus“ an. Treffpunkt ist der Julius-Hesse-Platz. Am Sonntag, 23. März, startet dort die nächste Spurensuche. Das Gelände der Alm ist mit Trümmerteilen bedeckt Nach dem Ende der zwölfjährigen Schreckensherrschaft 1945 nahmen Tore, Punkte, Meisterschaft für die Menschen in der Prioritätsliste des Daseins nur die hintersten Ränge ein. Vielmehr galt es, im täglichen Überlebenskampf Kleidungsstücke, Kartoffeln, Milch, Speck oder Kartoffeln zu hamstern. Allmählich kam der Ball dann aber doch wieder ins Rollen. Die britische Militärregierung gab schließlich das Einverständnis, das ab März 1946 eine Meisterschaftsrunde beginnen konnte, trotz katastrophaler Rahmenbedingungen. Trümmerteile aus Stahl und Beton bedeckten das Almgelände. Bombenkrater mussten zugeschüttet werden. Die Spielplatzumzäunung war ein Torso. Spielbälle fehlten. An ein normales Training war überhaupt nicht zu denken. Ein Kopfballpendel oder Dribbelstangen kamen nur in den Träumen der Spieler vor. Trotz dieser Schwierigkeiten lebte König Fußball wieder auf. Wie auch die Hockeyabteilung, die 1946 gegründet wurde. Zwei Jahre später stieg die Herrenmannschaft bereits in die Oberliga auf. 1949 geht es für Arminia wieder aufwärts Auch sportlich sorgte die Arminia gleich für Glanz in den Augen ihrer Anhänger. 1949 erfolgte der Aufstieg in die Oberliga, damals höchste deutsche Spielklasse. Bereits ein Jahr später ging es aber wieder abwärts. Auffälligster Armine und Leistungsträger in jener Zeit war Werner &bdquo;Kitti“ Hellweg. Gefürchtet waren vor allem seine Einwürfe, die er aufgrund einer Sondergenehmigung einhändig ausführen durfte. Seinen linken Arm hatte er im Krieg verloren. Seine geschleuderten Bälle von den Seitenlinien irritierten die gegnerischen Abwehrreihen derart, sodass die &bdquo;Hellweg-Variante“ des Einwurfes schließlich doch noch verboten wurde. Während sich Deutschland in den 50er-Jahren am Wirtschaftswunder nach Jahren der Entbehrungen endlich erfreuen durfte, fiel Arminia Bielefeld lange Jahre in eine sportliche Bedeutungslosigkeit zurück.

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