Arminia Bielefeld kurz vor Konkurs: Wie Jungspunde den DSC gerettet haben | Haller Kreisblatt

Bielefeld. Wie wird man Vorstandsmitglied beim DSC Arminia Bielefeld? Rainer Kempas Weg zu diesem verantwortungsvollen Betätigungsfeld geschah rein zufällig. Der Finanzfachmann ließ sich beim Besuch eines Geschäftes für Büromaterial mit dem ihm bereits bekannten Inhaber Jochen Willmann auf ein Gespräch über Arminia Bielefeld ein. &bdquo;Wenige Stunden später saß ich dann mit einigen anderen DSC-Sympathisanten bei ihm zu Hause. Sie hatten den Plan, die missliche Lage beim DSC Arminia zu verbessern.“ Kempas Geschichte spielte sich im Frühsommer 1986 ab. Wie schon so häufig war Arminias Finanzsituation wieder einmal prekär. Der damals amtierende Vorstand um Gisela Schwerdt (&bdquo;Mutter Teresa des Fußballs“) hatte ein Defizit in Höhe von 1,3 Millionen Mark zu verantworten. Gestolpert war die FDP-Politikerin aber letztlich über eine Affäre über die Ablösesumme für den jugoslawischen Abwehrspieler Boris Ticic. Arminia zahlte 120.000 Mark an einen Spielervermittler. Später stellte sich heraus, dass Ticic ohne Ablöse hätte wechseln können. Aufgedeckt hatte diesen Skandal Jochen Willmann. Wegen der Ungereimtheiten bei diesem Transfer war der Unternehmer vorzeitig aus dem Schwerdt-Vorstand zurückgetreten. Er suchte Kandidaten für ein neues Team, um Arminia in ein ruhigeres Fahrwasser zu führen. &bdquo;Und ich wurde ausgeguckt, weil ich einen Job im Finanzbereich hatte“, berichtet Kempa. Kampfabstimmung stürzt Schwerdt-Präsidium Mit Zahnarzt Michael Jährling hatte Willmann (damals 40 Jahre alt) bereits einen weiteren Mitstreiter für sein Arminen-Projekt gewinnen können. Jetzt fehlte nur noch das Aushängeschild &bdquo;ein für die Öffentlichkeit vertrauenswürdiger Präsident“, erzählt Kempa, der damals mit 34 Jahren ebenso wie Jährling (33) zu der Fraktion der ehrgeizigen Jungspunde gehörte. Wolfgang Walkenhorst, ein Urgestein der Arminen, ließ sich überzeugen und schloss sich schließlich der Oppositionsbewegung an. Der Oberstudiendirektor des Bielefelder Max-Planck-Gymnasiums hatte sich als Vizepräsident in der Aufarbeitung des Bestechungsskandals von 1971 bis 1973 einen legendären Ruf erworben. Dank seiner Glaubwürdigkeit und Authentizität erfolgte am 25. November 1986 um 23.44 Uhr im Haus des Handwerks der spektakuläre Wechsel an der Spitze der Arminen. Mit 178:99 gewann das Walkenhorst-Team die Kampfabstimmung gegen Gisela Schwerdt. Das &bdquo;Jahr der Frau“ beim Fußball-Zweitligisten endete nach nur 266 Tagen. Bei Arminia schrillen die Alarmglocken &bdquo;Das einzige Vermögen, das wir zurzeit haben, sind ein Sack Bälle und ein Eimer Kreide.“ Mit dieser drastischen Bestandsaufnahme hatte der abgewählte Schatzmeister Hubert Neugebauer die Finanzsituation realistisch beschrieben. Es sollte aber noch dramatischer werden. Zehn Monate später klingelten die Alarmglocken lauter denn je. Die Schulden-Altlasten waren auf 4,5 Millionen Mark gestiegen. Der Verein stand zwei Jahre nach dem Bundesligaabstieg vor dem Konkurs. In diesem Fall wäre der Verein liquidiert, das heißt aufgelöst worden. Schatzmeister Kempa und die drei übrigen Krisenmanager holten den erfahrenen Wirtschaftsprüfer Klaus-Dieter Stiegert mit ins zu sinken drohende Boot. Ihr Sanierungskonzept: keinen Stein auf dem anderen zu lassen. Größtmögliche Transparenz bildete beim Rettungsprojekt den Schlüssel für alle vorgenommenen Entscheidungen. Die Medien wurden über jeden Schritt des Krisenmanagements informiert. Und damit auch die Öffentlichkeit. Jede Position, wie beispielsweise die 1,4 Millionen Mark Verbindlichkeiten bei der Bank für Gemeinwirtschaft oder aber die unbezahlte Rechnung über 300 Mark bei einem Handwerksbetrieb, wurde offen gelegt. &bdquo;Diese Transparenz war nötig, um mit unseren Maßnahmen Vertrauen zu schaffen“, argumentiert Kempa. &bdquo;Wir haben allen Partnern immer reinen Wein eingeschenkt, um für ein vertrauensvolles Miteinander zu sorgen.“ Präsidium verringert Arminias Schuldenlast Ein regulärer Vergleich, bei dem eine Quote von 35 Prozent der Gläubigerforderungen zu erfüllen gewesen wäre, war vom Verein nicht mehr realisierbar. Übrig blieb nur ein Vergleich im Vergleich mit Sonderregelungen auf privatrechtlicher Basis. Mit Knurren akzeptierten die Hauptgläubiger die auf zehn Prozent gedrückte Quote ihrer Forderungen. Eine einmalige Umlage der Mitglieder in Höhe von 200 Mark sowie drei Benefizspiele von Bayern München, des 1. FC Köln und einer Zweitligaauswahl mit den Trainern Gerd Roggensack und Klaus Schlappner auf der Alm trugen zur Festigung der Finanzen bei. Am 27. November 1987 gab das Bielefelder Amtsgericht schließlich dem Antrag des Zweitligisten Arminia Bielefeld auf Eröffnung des Vergleichsverfahrens statt. Am 30. November 1988 stimmte das Amtsgericht dem Vergleich zu. Innerhalb eines Jahres hatte das Walkenhorst-Team den Schuldenstand auf nur 600.000 Mark reduziert. Das Präsidium blieb noch bis zum 1. August 1990 im Amt. Dann endete diese Ära, &bdquo;weil wir uns als Übergangsregierung gesehen hatten. Und zu diesem Zeitpunkt hatten wir das Ziel erreicht. Bei unserem Ausscheiden besaß Arminia sogar wieder ein Festgeldkonto über 500.000 Mark“, erzählt Rainer Kempa. Galionsfigur Wolfgang Walkenhorst, der 2024 100 Jahre alt geworden wäre, starb 2002 mit 77 Jahren. Sein Nachfolger als Präsident hieß Winfried Rojahn, der nur vier Monate das Amt innehatte. Der einstige Walkenhorst-Schüler am Max-Planck-Gymnasium, Hans-Hermann Schwick, hielt es dann sage und schreibe 19 Jahre als oberster Armine aus.

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