Rocker-Szene in NRW vor neuer Veränderung: Bandidos gründen wieder Ableger

Bielefeld. Eigentlich wurden die Bandidos vor einigen Jahren in Westdeutschland verboten. Doch nun gründet die berüchtigte Rocker-Gruppe offenbar wieder mehrere sogenannte Chapter (also Ortsgruppen) in NRW, wie exklusive Recherchen dieser Redaktion ergeben. 2021 schlugen die Sicherheitsbehörden zu. Zeitgleich machten Hunderte Polizisten mehrere Dutzend Chapter der Bandidos vor allem in NRW, aber auch in Hessen und Niedersachsen, dicht. Die Dachorganisation &bdquo;Federation West Central“ der Bandidos, in der Rocker samt Ortsgruppen aus Westdeutschland organisiert waren, wurde auf einen Schlag verboten. Denn laut Behörden diente der Rocker-Club unter anderem zur Durchsetzung krimineller Machenschaften, zudem gab es zuvor blutige Auseinandersetzungen mit anderen Motorradclubs. Ein Gericht bestätigte das Verbot im Jahr 2023. In sozialen Medien posteten Mitglieder der Bandidos in der Vergangenheit regelmäßig Beiträge mit dem Titel &bdquo;Trotz Verbot nicht tot“, neben dem Verbot von 2021 auch auf das sogenannte Kuttenverbot bezogen, was es den Rockern untersagt, ihre Clubabzeichen öffentlich zu tragen. Rocker-Treffen am Wochenende in Iserlohn Und nun gibt es nach Recherchen dieser Redaktion wieder Gründungen neuer Bandidos-Chapter in NRW. Schon vor einigen Monaten hatte auch das Landeskriminalamt (LKA) in einem internen Papier, das dieser Redaktion vorliegt, vor solchen Bestrebungen und Plänen gewarnt. Iserlohn, Mitte Januar. In einer ehemaligen Kneipe am Rande der Stadt im östlichen Ruhrgebiet hatten Bandidos zu einem &bdquo;offenen Abend“ eingeladen. Nach Informationen dieser Redaktion hatte die Polizei bereits im Oktober 2024 etwa 100 Personen in dem neuen Lokal festgestellt, die einen Rocker-Bezug hatten. Für die Feier vor wenigen Tagen richteten die Behörden nun großräumige Kontrollen ein. Mehr als 50 Personen mit Szene-Bezug und 15 Fahrzeuge wurden kontrolliert, erfuhr diese Redaktion aus Sicherheitskreisen. Festgestellt wurden mehrere Bandidos-Kutten, aber auch drei Verstöße gegen das Waffen- oder Drogengesetz. Paderborner Rocker wandern nach Osnabrück ab Neben dem offenbar neu gegründeten Chapter in Iserlohn sind dieser Redaktion Hinweise zu etwa zehn weiteren Bandidos-Gruppen aus NRW und den angrenzenden Bundesländern bekannt, vor allem in eher ländlichen Regionen. So berichteten beispielsweise niederländische Bandidos-Mitglieder vor wenigen Tagen von einem Besuch in einem Chapter in Issum (Kreis Kleve) und gratulierten einem Chapter in Ahlen (Kreis Warendorf) zum sogenannten &bdquo;Probationary-Status“ (also der Mitgliedschaft auf Probe). Weitere Chapter sollen sich nach Informationen dieser Redaktion unter anderem in Hamminkeln (Kreis Wesel) oder Halver (Märkischer Kreis) gegründet haben. Zudem gibt es offenbar eine neue Ortsgruppe in Osnabrück – samt Folgen für die Rocker-Szene in OWL. Denn vor geraumer Zeit gründete sich im Raum Paderborn eine sogenannte Supporter-Gruppe der dort ansässigen und verbotenen Bandidos namens &bdquo;Vatos Locos“. Die Polizei Bielefeld beobachtete die Entstehung damals genau. Nach der mutmaßlichen Gründung des Bandidos-Chapters mit dem Namen &bdquo;Osnabrück South“ wechselte nun der Unterstützer-Club offenbar seinen Standort – von Paderborn in die niedersächsische Großstadt. Auch einzelne ehemalige Paderborner Bandidos sollen nun in dem neuen Chapter in Osnabrück untergekommen sein. Neue Bandidos-Chapter trotz Verbot – wie ist das möglich? Doch wie ist es überhaupt möglich, dass die Bandidos neue Chapter trotz des geltenden Verbots der &bdquo;Federation West Central“ gründen? Generell, so heißt es in gut unterrichteten Kreisen, sei es nicht verboten, neue Chapter zu gründen. Untersagt sei es schlichtweg, verbotene Organisationen weiterzubetreiben oder Nachfolgeorganisationen zu gründen, die sich beispielsweise personell nicht unterscheiden. Abgesehen davon, so heißt es aus Sicherheitskreisen, sei es aus Ermittlersicht aber enorm schwierig, in solchen Fällen überhaupt eine Nachfolgeorganisation nachzuweisen. Aus Sicherheitskreisen heißt es: &bdquo;Im Grunde beginnen wir mit der Erkenntnisgewinnung nun bei null.“ In NRW, so berichtet eine LKA-Sprecherin, werde jedes mögliche neue Chapter in der Rocker-Szene nach Bekanntwerden geprüft. Mit Blick auf die Bandidos sei dabei generell bisher keine Nachfolgeorganisation nachgewiesen worden, heißt es weiter. Viele Ex-Bandidos schlossen sich Hells Angels an Insgesamt haben sich die Bandidos mittlerweile personell deutlich verändert. Viele ehemalige Mitglieder, vor allem aus dem Ruhrgebiet, haben sich im Herbst 2024 den rivalisierenden Hells Angels angeschlossen. Über die genaue Zahl der gewechselten Rocker ist nichts bekannt. Das LKA hält sich bedeckt. Es dürfte sicherlich aber eine niedrige dreistellige Zahl an Ex-Bandidos die Seiten gewechselt haben. Laut eigenen Angaben haben die Hells Angels nach dem Massenüberlauf zwölf neue Ortsgruppen in NRW gegründet, unter anderem in Dortmund, Hamm oder Gelsenkirchen. Generell bedeckt hält sich das LKA auch zu den möglichen neuen Bandidos-Chaptern in NRW. Eine Sprecherin betont, das LKA beobachte die Situation generell fortlaufend. Das gilt auch für die Polizei vor Ort. Diese Redaktion fragte bei sämtlichen Polizeibehörden an, in deren Zuständigkeitsbereichen sich offenbar neue Bandidos-Chapter gegründet haben. Konkrete Angaben machten die Behörden nicht – mal aus ermittlungstaktischen Gründen, mal wegen fehlender belastbarer Erkenntnisse. Auch zu möglichen Folgen der Neugründungen für die Szene in NRW – etwa neue Konflikte mit den Rivalen von den Hells Angels – wollte sich das LKA nicht wirklich äußern, antwortete allgemein: &bdquo;Zwischen den großen Gruppierungen in Deutschland besteht untereinander ein grundsätzliches Konkurrenzverhalten, das die Gefahr von gewalttätigen Auseinandersetzungen per se einschließt.“ Lürbke: Bandidos-Verbot könnte zur Farce werden Der innenpolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Marc Lürbke aus Paderborn, sieht neben der Bundesregierung auch die schwarz-grüne NRW-Landesregierung in der Pflicht. &bdquo;Es war bereits ein besorgniserregendes Signal, dass ehemalige Mitglieder der verbotenen Bandidos in den letzten Monaten scharenweise zu den Hells Angels in NRW überlaufen. Doch wenn es nun sogar ganz offen zu Neugründungen der verbotenen Bandidos in NRW kommt, droht das Vereinsverbot zur rechtsstaatlichen Farce zu verkommen.“ Generell müsse Rockerkriminalität in NRW &bdquo;mit aller rechtsstaatlichen Härte bekämpft werden“. Lürkbe weiter: &bdquo;Ein erneutes Erstarken dieser Strukturen wäre wie ein Brand, der sich unkontrolliert ausbreitet – die schwarz-grüne Landesregierung darf nicht länger zusehen, sondern muss entschieden löschen.“

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