Muttermilchspenden für Frühchen: Bielefelder Arzt kämpft für Verbesserung

Bielefeld. Muttermilch ist die beste Ernährung für Säuglinge. Denn die Inhaltsstoffe wirken gegen Keime, hemmen Entzündungen, unterstützen beim Reifen und stärken das Immunsystem. Für Frühgeborene ist Muttermilch besonders wichtig. In vielen Fällen können Mütter jedoch nicht stillen. Um diese Kinder trotzdem versorgen zu können, bauen immer mehr Kinderkliniken Frauenmilchbanken auf. Der neue ärztliche Leiter der Neonatologie und Kinder-Intensivmedizin am Kinderzentrum Bethel, Daniel Klotz, forscht zur Ernährungsmedizin bei Frühgeborenen und erklärt zum Welt-Frühgeborenen-Tag, welche Vorteile Muttermilch für die kleinen Patienten hat. &bdquo;Die Versorgung mit Muttermilch ist für frühgeborene Kinder sehr wichtig, weil die Gabe das Risiko für lebensgefährliche Erkrankungen senkt“, erklärt Klotz, der seit September im Kinderzentrum Bethel tätig ist und zum Universitätsprofessor für das Fach Neonatologie an der Medizinischen Fakultät OWL der Universität Bielefeld berufen wurde. Dazu zähle vor allem die häufig vorkommende nekrotisierende Enterokolitis, eine Darmerkrankung, die zu einem Multiorganversagen führen kann. &bdquo;Frühgeborene, die mit Muttermilch versorgt werden, erkranken seltener an dieser Krankheit, als Frühgeborene, die industriell gefertigten Muttermilchersatz erhalten.“ Warum Muttermilch Säuglingen so viele Vorteile bietet, ist nach Angaben Klotz’ nicht klar. &bdquo;Vielleicht hängt es mit der Vermeidung tierischer Proteine oder mit den protektiven Zellen in der Muttermilch zusammen.“ Diesen Vorteil bietet Muttermilch Frühgeborenen laut Klotz auch dann, wenn sie von anderen Frauen gespendet wird. &bdquo;Am besten ist immer die Milch der Mutter, weil diese perfekt auf die Bedürfnisse des Kindes abgestimmt ist. Doch auch die Milch von Spenderinnen, die wärmebehandelt werden muss, senkt das Risiko für Krankheiten erheblich.“ Bisher zwei Frauenmilchbanken in OWL Aus diesem Grund haben nach Angaben der Initiative Frauenmilchbanken inzwischen 50 der etwa 210 Perinatalzentren in Deutschland Frauenmilchbanken aufgebaut. In OWL gibt es zwei im Klinikum Lippe in Detmold und im evangelischen Klinikum Bethel in Bielefeld. &bdquo;Die meisten Zentren versorgen ausschließlich Patienten der eigenen Klinik. Einige Frauenmilchbanken haben darüber hinaus die Möglichkeit, Milch an andere Kliniken abzugeben“, erklärt ein Sprecher. Ein Großteil der Perinatalzentren habe jedoch trotz der Fortschritte weiterhin keinen Zugang zu gespendeter Milch und könne Frühgeborene deshalb nicht bestmöglich versorgen. Das bestätigt auch Klotz. &bdquo;Der Bedarf ist gewaltig, wir erhalten sehr viele Anfragen von anderen Kliniken. Der Betrieb einer Frauenmilchbank bedeutet aber leider nicht, dass immer auch alle Frühgeborenen versorgt werden können. Es mangelt an gespendeter Milch.“ Die überwältigende Mehrheit der Frühgeborenen sei jedoch im Laufe der Behandlung auf Spendermilch angewiesen. &bdquo;Kommt ein Kind zu früh auf die Welt, ist nicht nur das Kind unreif, sondern auch das Stillvermögen der Mutter“, erklärt Klotz. Zudem seien Mütter von Frühgeborenen häufig selber krank und litten unter einer enormen psychischen Belastung, wenn das Kind ums Überleben ringt. &bdquo;All diese Gründe können dazu führen, dass Mütter gar nicht oder über einen gewissen Zeitraum nicht stillen können.“ Nicht alle Frauen in NRW dürfen Muttermilch spenden Der Umgang mit gespendeter Muttermilch ist in der Europäischen Union jedoch nicht einheitlich geregelt. Während einige Mitgliedsstaaten die Gesetzgebung für Blut, Gewebe und Zellen anwenden, gilt Spendermilch in anderen rechtlich als Lebensmittel, so auch in Deutschland. &bdquo;Hinzu kommt in Deutschland ein unterschiedlicher Umgang der Bundesländer. In NRW dürfen in der Regel nur Frauen spenden, die einen Bezug zur Klinik haben, beispielsweise, wenn das Kind Patient ist“, erklärt Klotz. Der Neonatologe rechnet jedoch wegen einer Anpassung auf Ebene der EU-Kommission spätestens in drei Jahren mit Anpassungen in Deutschland. &bdquo;Dann wird es vielleicht möglich sein, dass auch Frauen Muttermilch spenden dürfen, die keinen Bezug zur Klinik haben.“ Ziel muss nach Angaben des 48-Jährigen der Aufbau weiterer Frauenmilchbanken und bessere Kooperationen sein, damit Frühgeborene künftig flächendeckend bestmöglich versorgt werden können. &bdquo;Der Aufbau von Frauenmilchbanken ist jedoch sehr aufwendig und teuer, deshalb wird es nur langsam Fortschritte geben.“ Bielefelder Mediziner sieht Chancen in NRW Vor seinem Wechsel nach Bielefeld hat Klotz als Leiter der Neonatologie am Universitätsklinikum Freiburg bereits an dem Netzwerk Frauenmilchbanken Baden-Württemberg mitgewirkt. &bdquo;In einigen Kliniken gibt es leistungsfähige Frauenmilchbanken und die anderen Kliniken schicken Milch von Spenderinnen ein. Das wäre auch eine gute Möglichkeit für NRW.“ Chancen dafür sieht Klotz auch aufgrund der laufenden Klinikreform in NRW. &bdquo;Wir müssen es schaffen, alle Frühgeborenen bestmöglich zu versorgen - in allen Bereichen. Das ist möglich, wenn die Kliniken gut kooperieren. Mein Anliegen ist, dass wir das in OWL gemeinsam entwickeln.“

Meistgelesen

Aus für Frühchen-Versorgung in Herford und Detmold

Muttermilch als rettende Spende für Frühchen

Kinderklinik Herford kämpft um Frühchen-Versorgung

Klinikum Bethel sucht Familien für einzigartige Studie zur Kindergesundheit

Mordkommission ermittelt nach Messerattacke

Autos als Stromspeicher: Eon sieht großes Potenzial