Vierbeiner als Weihnachtsgeschenk? Wie Tierheime in OWL damit umgehen

Bielefeld. Die Temperaturen liegen um den Gefrierpunkt. Katzenhaus und Hundeauslauf im Bielefelder Tierheim sind von zentimeterhohem Schnee bedeckt. Den Hunden Atze (Staffordshire Terrier) und Loki (Rottweiler) scheint Kälte und Eis wenig auszumachen, beide laufen freudig durch ihr Gehege. Sie sind zwei von Hunderten Vierbeinern im Bielefelder Tierheim. Geht es nach Leiterin Jutta Schaper, dann sollen sie schon möglichst bald in ein neues Zuhause ziehen. Nur nicht zu Weihnachten. &bdquo;Vierbeiner gehören nicht unter den Weihnachtsbaum“, bekräftigt Schaper. Helmut Tiekötter, der Vorsitzende des Tierschutzvereins, hat eine bessere Idee. Lieber an Weihnachten gemeinsam und durchdacht beschließen, sich ein Haustier anzuschaffen – und dann den passenden Vierbeiner suchen. Die jährlichen Warnungen von Tierheimen und Tierschützern scheinen inzwischen zu wirken. Einen Ansturm auf die Vierbeiner unmittelbar vor Weihnachten gebe es nicht mehr. &bdquo;Früher waren es die Osterferien – die erste Urlaubszeit nach Weihnachten -, in der dann mehr Tiere bei uns abgegeben wurden“, berichtet Tiekötter. Online-Handel sorgt für angespannte Situation Mittlerweile sei es anders. Besser? Nicht unbedingt. &bdquo;Durch das Internet hat sich der Handel dorthin verlagert“, sagt Jutta Schaper. &bdquo;Hunde, Katzen und andere Vierbeiner sind dort immer verfügbar.“ Die Lage sei jetzt nicht mehr zu ein paar Zeitpunkten im Jahr angespannt, sondern durchgehend, weil immer wieder Tiere im Heim landen, die sich Besitzer durch ein paar Klicks angeschafft haben. &bdquo;Ganzjahreskonjunktur“ nennt Schaper den Online-Tierhandel mit Blick auf die Folgen für Tierschützer. Sie fügt hinzu: &bdquo;Wir kriegen auch ganze Würfe, fast wöchentlich.“ Meist sind es Beschlagnahmungen der Behörden. &bdquo;Gezüchtet mit schon fast krimineller Energie. Das Problem: Jeder Kauf fördert den Nachschub.“ Der Vereinsvorsitzende Tiekötter berichtet zudem: &bdquo;Manche Besitzer geben ihre Tiere schon wenige Tage nach der Anschaffung wieder ab. Es sind Einzelfälle, aber es kommt regelmäßig vor.“ Auch der Haustier-Boom während der Corona-Pandemie (&bdquo;vor allem Katzen“) hat Nachwirkungen. Die Einrichtung ist voll: gut 30 Hunde, etwa 100 Kleintiere, mehr als 250 Katzen, diverse Vögel. Darunter auch ein paar Langzeitinsassen, wie mehrere kleine Papageien, die auch &bdquo;Unzertrennliche“ genannt werden. Jutta Schaper kennt die Heimhunde alle beim Namen. Egal, ob Dobermann-Rüde Kenzo (&bdquo;ein ganz Lieber“) oder Kangal-Weibchen Narin. Sie kennt ihre Vorgeschichten, wie die Vermittlung läuft oder wie die Aussichten sind. &bdquo;Bei manchen Schicksalen der Tiere verliere ich den Glauben an die Menschheit“, sagt sie. Umso glücklicher sei sie, wenn die Tiere ein neues Leben bei einem tierlieben Besitzer finden. Weshalb man den Einzug ein paar Tage verschieben sollte Aber nicht unbedingt an Weihnachten. Schaper empfiehlt generell, Haustiere nicht zwangsläufig an den Feiertagen im Winter anzuschaffen – egal, wie gut es durchdacht ist. &bdquo;Den Einzug lieber ein paar Tage verschieben, etwa auf Neujahr“, empfiehlt sie. &bdquo;An Weihnachten kann den Neuankömmlingen der familiäre Trubel zu viel werden, an Silvester die Feten oder Böllerei.“ Dinge, auf die man Interessenten in der Weihnachtszeit auch hinweise. Andere Tierheime in Deutschland ergreifen deutlich drastischere Maßnahmen und stellen die Vermittlung vor Weihnachten teils ein. Schaper betont: &bdquo;Wenn wir bei der Vermittlung mitbekommen, dass die Tiere als Weihnachtsgeschenk gedacht sind, lehnen wir ohnehin ab.“ Wie gehen andere Tierheime vor? Ein Vorgehen, dem andere Tierheime in Ostwestfalen-Lippe folgen. Im Tierheim Gütersloh, zum Beispiel, wird in der Weihnachtszeit ganz genau hingeschaut. &bdquo;Wir hinterfragen bei der Vermittlung genau. Wollen alle in der Familie das Tier? Oder nur die Kinder - als mögliches Geschenk?“, erklärt eine Mitarbeiterin. Eine Mitarbeiterin im Detmolder Tierheim berichtet von ähnlichen Methoden, wenngleich es auch Fälle gebe, in denen eine Vermittlung an den Feiertagen unproblematisch sei. &bdquo;Tiere als Geschenk lehnen wir prinzipiell ab.“ Ein Tipp von ihr: &bdquo;Wir empfehlen Familien, an Weihnachten spielerisch herauszufinden, was man zum Beispiel einem Tier gegenüber leisten kann und will.“ Beide Tierheim-Mitarbeiterinnen betonen, dass auch deren Einrichtungen voll seien. Im Tierheim Bielefeld steht derweil ein Weihnachtsbaum, direkt am Eingang zum Hauptgebäude. Rote und goldene Kugeln baumeln von den grünen Zweigen. Und ein paar Zettel. Wünsche der Tiere. Rottweiler Loki wünscht sich zum Beispiel ein stabiles Lederhalsband. Tiere zum Fest beschenken, statt sie zu verschenken – den Tierschützern würde diese Sicht der Dinge sicher gefallen.

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