Rheda-Wiedenbrück. Der Schlachtkonzern Tönnies fordert knapp 40.000 Euro Schadensersatz von Aktivisten der Klimagerechtigkeits - und Tierbefreiungsbewegung "Tear down Tönnies". Das teilt das Bündnis "Gemeinsam gegen die Tierindustrie" auf seiner Homepage mit. Deutschlands größtes Fleischunternehmen wirft den Aktivisten demnach vor, die Fabrik mit einer Blockade-Aktion seines Schlachthofs in Kellinghusen in Schleswig-Holstein wirtschaftlich geschädigt zu haben. Die Betroffenen bereiten sich nun darauf vor, sich mit juristischen Mitteln gegen die Zahlungsaufforderung zu wehren, heißt es auf der Homepage weiter.
Hintergrund: Am 21.Oktober 2019 blockierten etwa 30 Aktivistinnen und Aktivisten der Aktionsgruppe " Tear down Tönnies” den Tönnies-Schlachthof "Thomsen” in Kellinghusen. Knapp elf Stunden lang verhinderten sie laut Mitteilung so den regulären Schlachtbetrieb. Ziel der Aktion sei es gewesen, "auf die prekären Arbeitsbedingungen, das endlose Tierleid und die starke Klima- und Umweltbelastung durch die Tierindustrie aufmerksam zu machen". Acht Monate nach der Blockade fordert der Konzern Tönnies mit Hauptsitz in Rheda-Wiedenbrück jetzt von mehreren Teilnehmern knapp 40.000 Euro Schadensersatz und droht damit, die Zahlung gerichtlich durchsetzen.
„Das Geschäftsmodell von Konzernen wie Tönnies beruht auf Tierleid"
Die Aktivisten kritisieren das Unternehmen, das für einen massiven Ausbruch des Coronavirus mit weitreichenden Folgen für den Kreis Gütersloh wie einem Lockdown verantwortlich gemacht wird, für die Arbeits- und Lebensbedingungen der Mitarbeiter. Ebenso prangern sie Tierleid an und Umwelt- und Klimaschädigungen. „Das Geschäftsmodell von Konzernen wie Tönnies beruht auf Tierleid, Naturzerstörung und Ausbeutung", sagt Katja Suhr vom Bündnis „Gemeinsam gegen die Tierindustrie". „Während Tönnies für all die vom Unternehmen verursachten Schäden nicht aufkommen muss – von denen viele gar nicht in Geld zu bemessen sind –, sollen jetzt diejenigen bezahlen, die die tödliche Maschinerie für ein paar Stunden unterbrochen haben? Das darf nicht sein. Konzerne wie Tönnies und Schlachtbetriebe wie der in Kellinghusen müssen endlich der Vergangenheit angehören. Wir fordern die Enteignung der Fleischkonzerne und die sofortige Umstellung auf eine ökologische und solidarische Produktion von Nahrungsmitteln."Von der Schadensersatzforderung wollen die Aktivisten sich nicht einschüchtern lassen und ihre Proteste fortsetzen. „Tönnies Profite in Milliardenhöhe schöpfen sich aus extremer Ausbeutung von Arbeiter*innen, Umwelt- und Klimazerstörung sowie Gewalt an Tieren. In NRW beantragt Tönnies Geld für seinen selbstverschuldeten Betriebsausfall vom Staat und in Schleswig-Holstein werden Protestierende zur Kasse gebeten. Dass dies in einer Zeit passiert, in der die Tierindustrie noch nie so breit und kritisch diskutiert wurde und der Widerstand vor den Schlachthoftoren stetig wächst, ist kein Zufall. Diese dreisten Geldforderungen lassen sich als Reaktion eines schlechten Verlierers verstehen. Dies dürfen wir uns nicht gefallen lassen. Stattdessen sollten die Fleischkonzerne wie Tönnies enteignet und der längst überfällige Ausstieg aus der Tierindustrie eingeleitet werden", sagt Aktivistin Maxi.
Für Aktivisten kommt Forderung überraschend
Für die Aktivisten komme diese Forderung so viele Monate nach der Aktion überraschend, heißt es in einem Bericht der Berliner Tageszeitung taz. Auf Anfrage der taz, bestätigte Tönnies-Unternehmenssprecher André Vielstädte die erhobene Forderung. Es sei demnach ein „nicht unerheblicher Schaden entstanden", insbesondere da die Auflösung der Protestaktion durch die Polizei „gegen teils massiven Widerstand" erfolgt sei. Nach Angaben der Polizei sei die Räumung damals jedoch friedlich verlaufen, berichtet die taz. Auf weitere Fragen, warum beispielsweise die Schadensersatzforderung erst so spät geltend gemacht wurde, ging der Pressesprecher auf Nachfrage der taz nicht ein.
Um ihrem Protest Nachdruck zu verleihen, ruft das überregionale Bündnis "Gemeinsam gegen die Tierindustrie” zur Solidarität mit den Aktivisten auf und will zu einer Demonstration gegen Tönnies am 29. August in Kellinghusen in Schleswig-Holstein mobilisieren.
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