Kreis Gütersloh (HK/maut). Mit dieser Ankündigung hatte Landrat Sven-Georg Adenauer bei der Pressekonferenz am Sonntag einen echten Paukenschlag gelandet: Es werde die Möglichkeit für jeden Bürger und jede Bürgerin des Kreises geben, sich auf das Corona-Virus testen zu lassen. Und das Unternehmen Tönnies als Auslöser der aktuellen Krise lud er gleich darauf ein, die Kosten dafür zu übernehmen. Prompt kam die Zusage des massiv in der Kritik stehenden Schlachtriesen – womöglich eine Gelegenheit zur Pflege des schwer angeschlagenen Images.
Doch diese Nachricht führte heute zu zahlreichen Anrufen beim Kreis Gütersloh und einen Ansturm auf die Arztpraxen. Zwar habe man seit Ausbruch der Pandemie ohnehin schon deutlich mehr Anrufe und Nachfragen nach Corona-Tests, heißt es etwa aus dem Team einer Versmolder Praxis. Doch am Montag seit der Telefondienst noch einmal deutlich stressiger gewesen. Vor allem, weil viele Angehörige von Tönnies-Mitarbeitern nach Tests fragten: „Sie haben nämlich teilweise von ihren Betrieben die Maßgabe erhalten, erst einen negativen Test vorzulegen, bevor sie zur Arbeit kommen dürfen", berichtet eine Mitarbeiterin dem Haller Kreisblatt.
Aufgrund der enormen Zahl der Nachfragen sah sich der Kreis im Laufe des Tages schließlich genötigt, eine Stellungnahme abzugeben. Das Behandlungszentrum beim Klinikum Gütersloh (Virchowstraße 19) führe keine kostenfreien Tests ohne Anmeldung durch. „Offenbar kursieren hierzu momentan WhatsApp-Nachrichten. Das ist eine Falschmeldung!", heißt es in der Mitteilung. Eine Behandlung beim Behandlungszentrum sei ausschließlich durch Zuweisung und nach vorheriger Anmeldung über den Haus- beziehungsweise. Facharzt oder über den Patientenservice unter der Telefonnummer 11 61 17 möglich." Infektpatienten sollten keinesfalls unangemeldet das Klinikgebäude aufsuchen, betonte der Kreis. man sei „nach wie vor in intensiven Gesprächen" mit der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe, wie der Ablauf der angekündigten Tests für die allgemeine Bevölkerung des Kreises Gütersloh erfolgen könne. „Sobald wir weitere Informationen haben, wird der Kreis Gütersloh darüber unverzüglich informieren."
Überrascht von der Nachricht flächendeckender Testmöglichkeiten zeigte sich auch Borgholzhausens Bürgermeister Dirk Speckmann. Zwar habe das „Tönnies-Versagen zum Glück keine signifikanten Auswirkungen auf Borgholzhausen und unsere Nachbarkommunen", doch fordere er alle Menschen in Pium und Umgebung ausdrücklich auf, besonders auf die Einhaltung der geltenden Regeln zu achten. Mit Blick auf ausgeweitete Tests kündigte Speckmann an: „Ich werde mich dafür einsetzen, diese vorrangig für die Bewohner in unseren fünf größeren Unterkünften osteuropäischer Arbeitsmigranten (ohne jeglichen Bezug zu Tönnies) in Anspruch zu nehmen."
Corona-Diagnosezentrum in Gütersloh
Ab sofort können auch die niedergelassenen Ärzte im Kreis Gütersloh Corona-Tests an asymptomatischen Personen (Bürger ohne Symptome wie Atemwegsbeschwerden oder Fieber) durchführen. Darüber hinaus richtet die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) ab heute ein Corona-Diagnosezentrum (CDZ) für diese Zielgruppe am Gütersloher Carl-Miele-Berufskolleg ein.
„Die Testung von asymptomatischen Personen fällt normalerweise nicht in den Zuständigkeitsbereich der niedergelassenen Ärzte. Angesichts der aktuell besonderen Situation im Kreis Gütersloh hat uns der Öffentliche Gesundheitsdienst jedoch damit beauftragt, diese Tests auch in den Vertragsarztpraxen in der Region durchzuführen", erklärt Dr. Dirk Spelmeyer, Vorsitzender der KVWL.
Die KVWL hatte in der vergangenen Woche zwei Corona-Behandlungszentren zur Versorgung von infektiösen Patienten im Kreis Gütersloh eingerichtet. Das Diagnosezentrum ergänzt nun die Versorgung vor Ort und soll sowohl den Öffentlichen Gesundheitsdienst als auch die niedergelassenen Ärzte in der Region entlasten. "Im Corona-Diagnosezentrum (CDZ) am Carl-Miele-Berufskolleg in Gütersloh werden heute ab 14 Uhr ausschließlich Abstriche bei asymptomatischen Personen durchgeführt.
Das Corona-Behandlungszentrum (CBZ) im Nebengebäude des Klinikums Gütersloh richtet sich hingegen ausschließlich an symptomatische Patienten. Die Schwere der Infektion und der Behandlungsbedarf möglicher Begleiterkrankungen werden eingeschätzt. Die Ausstellung von Rezepten, Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (AU) oder eine stationäre Einweisung ist ebenfalls möglich. Im Corona-Behandlungszentrum auf dem Tönnies-Betriebsgelände in Rheda-Wiedenbrück werden nur Tönnies-Mitarbeiter sowie deren Angehörige behandelt.