Blitzerwarnung per Radio: Unmoralisch oder sinnvoll?

Nachgefragt: Wegen drastisch steigender Unfallzahlen verzichtet ein Berliner Radiosender jetzt auf Blitzermeldungen – beim heimischen Lokalradio in Gütersloh kann man das überhaupt nicht verstehen

31.05.2019 | 31.05.2019, 05:10
Radarfalle - © CC0 Pixabay
Radarfalle (© CC0 Pixabay)

Kreis Gütersloh. Achtung Autofahrer, hier wird geblitzt! Wer viel Radio hört, dem ist dieser Spruch nicht fremd. Regelmäßig warnen etliche Sender in ihrem Nachrichten vor den mobilen Radarfallen im Umkreis. Bei einem Berliner Radiosender ist damit jetzt Schluss. Er hat entschieden, komplett auf die Blitzermeldungen zu verzichten.

Die Begründung dahinter? Die hohe Zahl der Verkehrstoten durch Raserei. Man wollte zukünftig nicht dazu verleiten, jenseits der Radarfallen ordentlich aufs Tempo zu drücken, weil man dort vermeintlich ungestraft davon komme, heißt es von radioeins. Beim heimischen Lokalradio in Gütersloh sieht man das derweil ganz anders. Carsten Schoßmeier, Chefredakteur bei Radio Gütersloh, „Unsere Hörer sind gut informiert und achten auf die angemessene Geschwindigkeit, wenn sie den Blitzerservice hören – egal, wo sie sich gerade befinden. Der Service ist kein Freifahrtsschein. Es gibt keine Garantie, nicht erwischt zu werden, wenn man zu schnell ist."

Man habe „noch nie" darüber diskutiert, die Blitzerwarnungen bei Radio Gütersloh abzuschaffen. Im Gegenteil. Die Nennung der Orte, an denen geblitzt wird, ist Teil des Konzepts. Das Lokalradio hat eine Verkehrshotline, über die Hörer Blitzer, Staus und Co. melden können. Und das machen sie laut Schoßmeier auch „unglaublich viel". Die Zahlen würden weiter steigen.

„Da der Kreis Gütersloh zu den Regionen in Deutschland gehört, in denen sehr viel geblitzt wird, erhalten wir täglich extrem viele positive Rückmeldungen von unseren Hörern, die diesen Service ohnehin erst möglich machen. Wenn sie nicht anrufen, funktioniert der Service auch nicht." Kritik gebe es kaum. Einmal im Jahr melde sich vielleicht jemand, der anmerkt, dass der Sender mit dem Service alle Raser schützen würde und niemand mehr geblitzt werde. „Die hervorragenden Einnahmen der Blitzeranlagen widerlegen diese Annahme allerdings immer wieder", meint Schoßmeier.

„Ich hoffe, das findet viele Nachahmer in der Radiowelt"

Die Gütersloher Polizei sieht das ähnlich. Es gehe in erster Linie darum, den Verkehr im Kreis Gütersloh so sicher wie möglich zu gestalten und das Geschwindigkeitsniveau zu senken, sagt Polizeisprecherin Corinna Koptik. „Wir haben nichts dagegen, wenn die Stellen veröffentlicht werden, an denen wir stehen. Wir handeln da transparent und es gibt auch keine Überlegungen, das zu ändern." Raser würden sich von den Warnungen eh nicht abhalten lassen, so Koptik. Sie erinnert an vergangene Blitzer-Marathons, bei denen lang und breit angekündigt wurde, wo Radarfallen stehen, trotzdem seien etliche Autofahrer geblitzt worden.

In den sozialen Netzwerken hingegen gab es viel Lob für radioeins, künftig auf Blitzermeldungen zu verzichten. „Ich hoffe, das findet viele Nachahmer in der Radiowelt", schreibt ein Twitter-Nutzer. Er habe sich sowieso gefragt, was das eigentlich für ein Service ist, der zum Tricksen bei der Raserei animiert."

Die Gütersloher Leser sind sich hingegen nicht wirklich einig, wenn es um das Thema Blitzerwarnungen geht. Bei einer nicht repräsentativen Umfrage auf Facebook sprechen sich 50,2 Prozent für die Warnungen aus. „Das Ziel, den zu schnellen Fahrern zu verlangsamen ist doch damit erreicht", schreibt zum Beispiel ein Leser. 49,8 Prozent halten gar nichts davon. „Für Blitzer gibt es Apps, die wesentlich zuverlässiger sind", kommentiert ein anderer Leser. Aber Vorsicht! Denn genau diese Apps sind illegal.

Die Nutzung von Radarwarnern, Blitzerapps und Navigationssystemen ist laut Polizei Gütersloh generell verboten. Wer das ignoriert, muss zahlen. „75 Euro, ein Punkt plus Verwarngeld. Da ist man schnell bei mehr als 100 Euro insgesamt", sagt Polizeisprecherin Katharina Felsch. Dabei gehe es vor allem um die während der Fahrt verbotene „Blickzuwendung", die den Fahrer schnell ablenke. „Beim Radio hört man zu. Wenn man eine App nutzt, dann guckt man länger aufs Handy."