Immer mehr Bänke im Wald verschwinden – Wanderer in OWL kämpfen um Rastplätze

Bielefeld/Osnabrück. Was für viele Spaziergänger und Wanderer selbstverständlich ist, steht plötzlich auf der Kippe: Immer mehr Bänke, Schutzhütten und Informationstafeln sollen aus den Wäldern verschwinden. Grund sind bürokratische Auflagen zur sogenannten Verkehrssicherungspflicht – und die Angst von Kommunen und Waldbesitzern, im Schadensfall haftbar gemacht zu werden. &bdquo;Wir haben in den vergangenen Monaten immer häufiger gesehen, dass Rastplätze abgebaut werden – teilweise mit 14-tägiger Frist“, berichtet Wolfgang Greve, Vorstand des Wiehengebirgsverbandes Weser-Ems. &bdquo;Das betrifft nicht nur unsere Region, sondern mittlerweile ganz Deutschland.“ Um das zu stoppen, hat der Verband im Mai eine Online-Petition gestartet. Mehr als 8.600 Menschen haben bislang unterschrieben. Die Petition läuft noch bis Mitte November. Ziel ist eine Änderung des Bundeswaldgesetzes, um den Abbau der Wanderinfrastruktur zu stoppen. Unklare Haftungsregeln sorgen für Verunsicherung Auch Stefan Genster, langjähriger Wanderer und Mitglied im Teutoburger-Wald-Verein Bielefeld, unterstützt die Petition. Er lebte 15 Jahre im Bielefelder Stadtteil Hoberge-Uerentrup und war fast täglich im Teutoburger Wald unterwegs. Inzwischen wohnt der 37-Jährige in Duisburg, ist seinem Verein aber treu geblieben. &bdquo;Wenn Sitzgelegenheiten wegfallen, verlieren ältere oder gehbehinderte Menschen Stück für Stück ihre Möglichkeit, draußen aktiv zu bleiben.“ Der Hintergrund: Nach aktueller Rechtsauslegung haften Eigentümer, wenn sich jemand an einer Bank oder Schutzhütte verletzt – etwa durch herabfallende Äste. Im Umkreis von 30 Metern um jede Bank müssen laut Greve regelmäßig Bäume kontrolliert werden. &bdquo;Das kann keine Kommune und kein Verein leisten.“ Genster kritisiert, dass der Begriff Verkehrssicherungspflicht im Gesetz gar nicht eindeutig definiert sei. &bdquo;Das führt zu einem Flickenteppich in Deutschland. In manchen Regionen werden Bänke abgebaut, in anderen neue aufgestellt. Das finde ich schon absurd“, sagt Genster. Folgen für ältere Menschen und Familien in der Region In Georgsmarienhütte bei Osnabrück – etwa 50 Kilometer von Bielefeld entfernt – mussten Vereine bereits Dutzende Bänke entfernen. Auch im Schwarzwald sei der Druck hoch. Viele Kommunen reagierten mit Vorsicht – und dem Abbau der Sitzgelegenheiten. &bdquo;Eine abgebaute Bank wird nie wieder aufgestellt“, warnt Greve. Besonders für ältere Menschen sei das fatal: &bdquo;Wir werden alle nicht jünger. Eine Rastbank ist für viele mehr als nur ein Stück Holz – sie bedeutet Teilhabe.“ Auch Genster sieht darin eine gesellschaftliche Schieflage: &bdquo;Gerade ältere Menschen brauchen die Gewissheit, dass ihre Bank noch da ist. Wenn sie verschwindet, gehen viele erst gar nicht mehr raus.“ Die Landesseniorenvertretung NRW und der Landesseniorenrat Baden-Württemberg unterstützen deshalb die Petition ausdrücklich. Tourismus und Ehrenamt unter Druck &bdquo;Der Wald ist auch für Kinder ein wichtiger Lern- und Erlebnisraum“, sagt Genster. &bdquo;Wer früh die Natur entdecken darf, entwickelt oft eine dauerhafte Verbundenheit zu ihr. Wenn solche Orte verloren gehen, verlieren Kinder Gelegenheiten, Neugier und Respekt vor der Natur zu entwickeln.“ Der Abbau habe nicht nur soziale, sondern auch wirtschaftliche Folgen, so Genster: &bdquo;Wenn Wanderinfrastruktur verschwindet, leidet auch der Tourismus. Regionen, die Bänke abbauen, verlieren Besucher – während andere profitieren. Das spaltet die Wanderlandschaft.“ Zudem seien viele der Bänke und Hütten über Jahrzehnte ehrenamtlich gebaut worden. &bdquo;Das ist eine Herzensangelegenheit der Wandervereine“, sagt Greve. &bdquo;Wenn man sieht, wie solche Rastplätze abmontiert werden, ist das ein Schlag ins Gesicht für die Ehrenamtlichen.“ Hoffnung auf politische Bewegung Sowohl Greve als auch Genster fordern eine gesetzliche Klarstellung: Bänke, Hütten und Tafeln sollen künftig als waldtypische Gefahrenquellen gelten, wie der Wald selbst. Die Haftung würde sich dann nur auf die Bank selbst beziehen, nicht auf die umliegenden 30 Meter. &bdquo;Wir wollen Rechtssicherheit und gesunden Menschenverstand“, fordert Genster. &bdquo;Der Wald ist kein Spielplatz. Natürlich gibt es Risiken, aber die gehören zur Natur dazu.“ Ein bundesweit einheitlicher Rechtsrahmen würde laut beiden Wanderfreunden verhindern, dass ein &bdquo;Flickenteppich der Auslegung“ entsteht. Petition läuft bis Ende November Im Schwarzwald habe sich bereits ein Politiker der Sache angenommen. Auch wenn das Quorum von 30.000 Unterschriften voraussichtlich nicht erreicht werde, soll die Petition dem Petitionsausschuss des Bundestages vorgelegt werden. &bdquo;Jede Unterschrift zählt“, sagt Genster. &bdquo;Denn sie zeigt, dass den Menschen ihre Wälder am Herzen liegen.“ Greve hofft ebenfalls auf eine politische Lösung: &bdquo;Wir wollen, dass unsere Wälder lebenswert bleiben – mit Bänken, Schutzhütten und Tafeln. Sie gehören einfach dazu.“

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