Krise der Männlichkeit: Mit Männercoaching in Werther Klischees überwinden

Werther/Kirchdornberg. Männer müssen stark sein, müssen sich durchsetzen können und müssen im Wettbewerb mit anderen möglichst der Schlauste, der Stärkste, der Erste sein – so wird es seit Generationen vermittelt und erwartet. Und was, wenn sie das gar nicht wollen? Wenn sie selbst unter diesen Erwartungen und den typisch männlichen Umgangsformen leiden? Dann kommt Norbert Gahbler ins Spiel. Seit gut 25 Jahren leitet der 70-Jährige Männergruppen. &bdquo;In den 1990er Jahren, da hat es schon ausgereicht, das Wort Männergruppe auszusprechen, und man wurde lächerlich gemacht“, sagt er. Doch der Bedarf ist da, denn seit 25 Jahren werden die Angebote des Coaches nachgefragt. &bdquo;Wenngleich es auch heute noch ein Problem ist, mit Männerthemen in die Öffentlichkeit zu gehen“, sagt er. Zumindest mit denen, die Norbert Gahbler und seinen Klienten am Herzen liegen. Denn parallel sprießen immer mehr Angebote aus dem Boden, bei denen Männer, oft in Verbindung mit der Natur, ihre Männlichkeit entdecken sollen. &bdquo;Das sind Seminare, bei denen es um Stärke geht. Das genau machen wir nicht“, sagt der Männercoach. Norbert Gahbler lernte die Kostbarkeit der Natur schätzen Angefangen hat Norbert Gahblers Weg zu sich selbst und zu dem, was er heute macht, mit Anfang 30. Nach einem Studium der Elektrotechnik, einem Jahrespraktikum in einer Obdachlosensiedlung, dem Studium der Sozialarbeit und freier Kulturarbeit, brach er zu einer großen Reise auf. Eigentlich sollte es nur ein Jahr werden, aber dann blieb er insgesamt drei Jahre zunächst in Schottland, dann in Australien und schließlich in Indien. Mehr dazu: Es wird heiß in Werther: 1.400 Grad heiße Steine für ein indianisches Ritual Er lernte viel über das Leben. &bdquo;Ab 30 ist man für sein Gesicht selbst verantwortlich“, beschreibt er lachend die Erkenntnis daraus. Und er lernte, die Kostbarkeit der Natur zu schätzen. Wieder zurück, wandte er sich 1989 der Tiefenökologie zu, machte entsprechende Ausbildungen und arbeitete fortan als Trainer in und mit der Natur. &bdquo;In der Tiefenökologie geht es um die Gefühle und Empfindungen, darüber, dass wir Teil einer bedrohten Umwelt sind, um dann daraus Kraft zu ziehen“, fasst er zusammen. &bdquo;Es geht um Wertschätzung für das Leben.“ 2001 kam dann der Gedanke auf, speziell etwas für Männer anzubieten. So entstand &bdquo;Der Kreis der Männer“, zwölf Abende, in denen sich Männer treffen und &bdquo;auf gleichwertiger Ebene austauschen“, erklärt Norbert Gahbler. Dabei gehe es eben nicht um Konkurrenz, um Ellenbogen oder darum, &bdquo;mit dem Auto zu protzen“, sondern von sich zu erzählen, mal zum Thema Väter, mal zur Beziehung zu Frauen, zu Arbeit oder was sich ergibt. Frauen bringen mehr Handlungskompetenz mit Die Natur spielt auch dabei wieder eine Rolle. &bdquo;Manchmal setzen wir uns jeder für sich 20 Minuten in die Heide und gucken, wie die Sonne untergeht; ein anderes Mal gehen wir ohne Taschenlampen im Dunklen abseits der Wege durch den Wald. Es ist interessant sich darauf einzulassen und die Tiefe der Natur zu erleben. Eigentlich kann das jeder auch so machen, aber wir leisten uns das im Alltag leider nicht.“ Lesen Sie auch: Spirituelle Hallerin schreibt ein Buch für mehr Lebensfreude Die Männer, die zu ihm kommen, sind meistens über 40 und an einem Punkt im Leben, an dem sie sich durch eine Krise oder Rat von Therapeuten auf den Weg machen. Anders als Frauen fällt das vielen Männern schwerer. &bdquo;Frauen bringen da mehr Handlungskompetenz mit, haben besseren Zugriff auf Werkzeug, um da rauszukommen“, sagt Norbert Gahbler. Er habe keine fertigen Lösungen für seine Klienten, die er in der Praxis in seinem Haus genau auf der Grenze zwischen Isingdorf und Kirchdornberg empfängt, &bdquo;aber ich kann einen Raum eröffnen, in dem wir gemeinsam danach suchen“. Grundsätzlich gilt: &bdquo;Bevor ich etwas loswerden kann, muss ich es erst einmal annehmen.“ &bdquo;Auch Männer leiden unter dem Patriarchat“ Einen Großteil ihrer Probleme haben die Männer, weil sie Männer sind. Das Gefühl, stark sein zu müssen, aushalten müssen – &bdquo;das erwarten die Männer oft von sich selbst“. Und auch die Erziehung nach dem Motto: Indianer kennen keinen Schmerz, führe dazu, dass Signale oft ignoriert werden. Und dann sagt Norbert Gahbler etwas, das vielleicht im ersten Moment verwundert: &bdquo;Männer leiden genauso unter dem Patriarchat beziehungsweise unter dessen Folgen wie Frauen.“ Weil Konkurrenz großgeschrieben und nicht von Herz zu Herz geteilt werde. Aber auch weil die Umwelt zerstört wird, weil Pflegearbeit – auch die der Männer – schlecht bezahlt werde, nennt er Beispiele und wehrt sich dagegen, dass Männern per se die Auswirkung der patriarchalen Strukturen angelastet werden. Mehr zum Thema: Psychische Gesundheit: Wenn Hemmungen Hilfe im Weg stehen &bdquo;Das Patriarchat besteht aus unreifen Knaben, die rücksichtslos auf Kohle und Macht aus sind“, sagt er. Und natürlich gebe es eine lange Tradition männlicher Dominanz, ebenso wie Frauen immer eine latente Bedrohung durch Männer fühlen. Aber gestützt und aufrechterhalten werde dieses System von Männern ebenso wie von Frauen. Mit Friedenstänzen heilend wirken Norbert Gahbler hat auf seine Weise einen Weg gefunden, dem etwas entgegenzusetzen. Neben seiner Arbeit mit Männern und in der Natur lädt er gemeinsam mit Ehefrau Karin und anderen einmal im Monat zu Friedenstänzen in die Kapelle des städtischen Krankenhauses in Bielefeld ein. &bdquo;Wir tanzen dort im Kreis und singen Worte aus unterschiedlichen spirituellen Traditionen. So entsteht eine Verbundenheit, die auch über den Kreis hinaus heilsam wirken kann.“ Sich berühren zu lassen und auf diese Weise zu heilen, zieht sich durch die gesamte Arbeit des Männercoachs. Dazu erzählt er gerne eine Geschichte über einen Stamm amerikanischer Ureinwohner. Dort werden junge Männer an der Waffe ausgebildet für die Jagd und für den Kampf. Doch losziehen und ihre Waffen benutzen dürfen sie erst, nachdem sie werdendes Leben sowie Sterbende begleitet und sich auf die Liebe zu einer Frau eingelassen haben. &bdquo;Es ist wichtig, die Kostbarkeit des Lebens zu erkennen und seine weiche Seite zuzulassen, bevor man Härte beweisen kann.“ Aktuelle News bekommen Sie täglich über den WhatsApp-Kanal des HK

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