Pizza statt Passbilder: So arbeitet eine Food-Fotografin in Werther

Werther. Oft wenn sie durch einen Supermarkt geht, muss Janine Kromminga schmunzeln. Denn vieles, was sie aus den Regalen heraus anblickt, kennt sie nur allzu gut. Backmischungen, Tiefkühlpizza oder Pastasoßen - die Bilder davon, die auf den Verpackungen zu sehen sind und die Kunden zum Kaufen animieren sollen, sind in Janine Krommingas Fotostudio entstanden. Mitten im Herzen von Werther in einem kleinen Fachwerkhaus an der Rosenstraße hat die Food-Fotografin aus Wallenhorst ihr berufliches Domizil. Und räumt direkt mit einem Vorurteil auf: &bdquo;Bei uns kann man die Sachen nach dem Fotografieren alle noch essen“, sagt sie lachend. Will sagen: Rasierschaum, Haarspray oder Lack, mit denen noch vor zehn Jahren Lebensmittel und Gerichte vor der Kamera optisch präpariert wurden, werden nicht mehr verwendet. &bdquo;Die Zeiten sind vorbei, in denen alles so perfekt aussehen muss“, sagt Janine Kromminga. Heute sind Natürlichkeit und eine Portion Lässigkeit gefragt. &bdquo;Die Verbraucher müssen sich auch trauen, die Sachen nachzukochen“, sagt sie. Da finden es die Kunden auch schon mal ganz gut, wenn noch ein bisschen Soße an der Auflaufform herunterläuft. Die Foodstylistin ist immer dabei Trotzdem wird auch heute noch auf jedes Detail geachtet. &bdquo;Unperfekt, aber in Schön“, sagt Janine Kromminga. Dafür arbeitet sie bei den meisten Aufträgen mit einer Foodstylistin zusammen. Und natürlich wird auch da die Soße schon einmal mit einer Pipette auf das Menü geträufelt und das Essen ansehnlich auf dem Teller drapiert. Aber wenn alle Fotos im Kasten sind, dann freuen sie sich schon aufs gemeinsame Essen. &bdquo;Oder wir finden andere Abnehmer für Kuchen oder Teilchen. Die Zeiten, in denen man Essen wegwirft, sind einfach vorbei“, sagt sie. Und auch in anderer Hinsicht muss die 43-Jährige die aktuellen Trends immer im Blick haben: Im Keller des Fachwerkhauses ist ein ganzer Raum bis zur Decke gefüllt mit Requisiten. Teller, Tassen, Schalen und Tortenplatten in allen Größen und Formen. Dabei dominiert handgemachtes Keramikgeschirr aus Portugal. &bdquo;Das ist im Moment sehr gefragt“, sagt die Fotografin. Links und rechts geht die Welt noch weiter In einer Ecke des Studios stehen unzählige Holz- und Kunststoffplatten mit verschiedenen Strukturen und Farben, die als Unter- und Hintergründe dienen. Darauf baut Janine Kromminga dann die Szenen auf, die fotografiert werden. &bdquo;Man denkt sich eine Geschichte aus und baut das Ganze dann so auf, dabei muss es natürlich so aussehen, als ob links und rechts die Welt noch weitergeht“, erklärt sie. Für den Besuch des &bdquo;Haller Kreisblatts“ hat sie ein paar Schokokekse mit Erdnussfüllung aufgebaut, lässig ein weißes Tuch davor drapiert und ein paar Erdnüsse rund um den Teller verstreut. Eine halbvolle Flasche Milch und ein Kuchengitter markieren den Hintergrund. Das Händchen fürs Dekorieren hat sie schon immer. &bdquo;Das kommt einfach so aus mir raus“, sagt sie. Das erlernte Handwerk kommt an anderer Stelle zum Tragen: bei der Ausleuchtung der Szene, oder - wie die Fotografen sagen - beim &bdquo;Licht bauen“. Jede Tageszeit lässt sich künstlich nachbauen Die Erdnusskekse sollen in einem Morgenlicht erstrahlen, das von der Seite durch ein Fenster fällt. Fenster sucht man in der Ecke des Studios vergeblich. Das ist auch besser so, denn Janine Kromminga baut jede Lichtstimmung mit riesigen Lampen genauso nach, wie der Kunde das haben möchte. Das genau ist ihre Kunst. Aussagen wie: Ihr Fotografen drückt doch nur auf den Knopf, kennt sie gut. &bdquo;Klar, ist es einfach, bei Tageslicht ein schönes Foto zu machen“, sagt sie. &bdquo;Aber mein Beruf ist es ja, es so zu bauen, wie der Kunde sich das vorstellt“, erklärt sie. Jede Tageszeit, jede Stimmung hat ein anderes Licht, einen anderen Lichteinfall und einen anderen Farbton. Hinzu kommt, dass bei Verpackungen, die oft in Szene gesetzt werden, natürlich nichts auf der Packung reflektieren darf. &bdquo;Man muss die Technik der Kamera verstehen und sich mit Licht auskennen“, fasst sie zusammen. Einfacher macht es heutzutage, dass die Bilder direkt digital auf dem Bildschirm zu sehen sind. Und seit Corona ist es auch für die Kunden selbstverständlich, dass sie nicht extra anreisen müssen, um beim Shooting dabei zu sein, sondern, dass sie per Videocall zusehen und die Bilder absegnen. Große Kunden setzen auf die Fotografin in Werther Über ihre Kunden schweigt Janine Kromminga und verrät nur, dass sie unter anderem für den Bielefelder Lebensmittelkonzern Dr. Oetker arbeitet und natürlich für viele andere Lebensmittelhersteller, aber auch für das Kundenmagazin einer Supermarktkette fotografiert sie die Titelbilder, ebenso wie für die Homepage eines Backformenherstellers. Dabei sind nicht nur einzelne Fotos gefragt. Oftmals wünschen sich die Kunden ganze Rezeptstrecken. Für die Entwicklung der Rezepte sind dann die Foodstylisten verantwortlich. Für sie gibt es eine eigene Küche im Studio, in der sie in der Regel die Gerichte kochen, während die Fotografin das Set aufbaut. Für die Rezeptstrecken wird aber natürlich jeder Schritt fotografisch festgehalten. &bdquo;Dafür habe ich einen Untergrund, der aussieht wie die Kochfelder eines Induktionsherdes, so dass wir die Kochsituation hier im Studio nachbauen können“, erklärt sie. Auch Instagram muss bedient werden Vier bis fünf Rezepte können so am Tag produziert werden - und meistens auch noch in verschiedenen Formaten. Denn neben Verpackungen, Printprodukten und Internetseiten muss auch Instagram mit verschiedenen Formen für Stories, Feed und Reels bedient werden. Dass dafür dann auch Videos produziert werden müssen, versteht sich fast von selbst. Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an Ein Beitrag geteilt von Janine Kromminga (@kromminga_fotografie) Seit 2005 ist Janine Kromminga als Werbefotografin selbstständig. Nach einer Ausbildung zur Mediengestalterin ging es für die gebürtige Gütersloherin als Fotoassistentin des Bielefelder Foodfotografen Uli Hartmann weiter. &bdquo;So bin ich zur Werbefotografie gekommen, und der Schwerpunkt Food passte gut, weil ich schon immer gerne gekocht und gegessen habe“, sagt sie lachend. Als selbstständige freie Fotografin hat sie sich zusammen mit Hartmann ein Studio in Hörste geteilt. &bdquo;Als Uli in Rente ging, musste ich mir dann ein eigenes Studio suchen“, erzählt sie. In Werther wurde sie fündig und hat sich sofort in das kleine, denkmalgeschützte Handwerkerhaus verliebt. Bitte keine Passfotos Seit 2020 ist sie dort nun ansässig. Ganz versteckt, ohne ein Schild an der Tür, das auf die Fotografin und die Kunst, die dahinter entsteht, hinweist. Das sei so gewollt. So kann sie sicher sein, dass niemand anklopft und nach Passfotos fragt. Denn das sei etwas, sagt sie und lacht, was sie nun gar nicht gerne machen würde.

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