Gericht hat entschieden: Vodafone muss Sendemast in Werther abbauen

Werther. Es ist die Geschichte von David gegen Goliath. David, das ist in diesem Fall die Immobilienfirma von Karl-Otto Cord, Goliath der Telekommunikations-Riese Vodafone mit seiner Tochter Vantage-Towers, einer der größten Betreiber von Sendemasten in Europa. Cord zog gegen Vodafone vor Gericht, weil Vodafone sich weigerte, einen Sendemast auf dem ehemaligen Fitness-Factory-Gebäude abzubauen. Dieses will Eigentümer Cord bekanntlich abreißen, um hier mehrere große Wohnobjekte zu realisieren. Nachdem er im März in erster Instanz vor dem Amtsgericht in Halle gescheitert war, ist er heilfroh, Berufung gegen das damalige Urteil eingelegt zu haben. Denn das Landgericht Bielefeld gab ihm jetzt uneingeschränkt Recht. "Bei der Urteilsverkündung vor Gericht hätte man eine Feder fallen hören", schildert Cord. So gut die Nachricht für ihn ist, so schlecht dürfte sie allerdings für die Wertheraner Vodafone-Kunden sein. Denn sie müssen sich demnächst auf einige Einschränkungen gefasst machen. Wäre der Streit um den Funkmasten nicht eskaliert, gäbe es das Gebäude an der Engerstraße womöglich gar nicht mehr. Denn eigentlich wollte es Karl-Otto Cord bereits im Frühjahr abreißen, um in der zweiten Jahreshälfte mit dem Bau des ersten von insgesamt fünf Wohnkomplexen zu beginnen. "Vodafone und Vantage-Towers wussten seit Dezember 2019, dass wir das Gebäude abreißen wollen", schildert Cord gegenüber dem "Haller Kreisblatt". War die Kündigung gerechtfertigt? Doch statt sich um einen Ersatzstandort zu kümmern, hätten die Unternehmen die Sache einfach aussitzen wollen. Umso ärgerlicher für Cord, "zumal es die anderen auch alle sauber hinbekommen haben", verweist der Investor auf die übrigen Telekommunikationsunternehmen, die sich rechtzeitig um einen anderen Standort für ihre Antennen gekümmert hätten. Vodafone hingegen habe die Kündigung des Mietvertrags nicht hinnehmen wollen und sich darauf bezogen, dass er bis 2024 Gültigkeit habe. Vor dem Haller Amtsgericht zog der Immobilienbesitzer im März zunächst den Kürzeren. Das Gericht schloss sich damals den Argumenten von Vodafone an, beim geplanten Abriss des Gebäudes handele es sich nicht um eine betriebliche Notwendigkeit, die die Kündigung des Mietvertrags rechtfertigen würde. Cord legte Berufung ein und die Sache landete vor dem Bielefelder Landgericht. Dessen Urteil liest sich nun komplett anders, wie Gerichtssprecher Guiskard Eisenberg darlegt. Demnach muss Vodafone den Funkmasten samt Nebenanlagen umgehend abbauen und entfernen. Zwar seien beide Parteien mit einem Mietvertrag verbunden gewesen, der nach ordentlichem Kündigungsrecht erst Ende 2024 aufgehoben hätte werden können. Nach außerordentlichem Kündigungsrecht würde jedoch eine Kündigungsfrist von zwölf Monaten ausreichen, wenn dafür "nachweislich eine betriebliche Notwendigkeit" vorliegen würde. Verfassungsbeschwerde ist möglich Und das sei hier der Fall, schildert Eisenberg die Entscheidung des Gerichts. Demnach bestehe eine betriebliche Notwendigkeit, wenn der Vermieter seine Immobilie nicht mehr angemessen vermieten kann oder sie wirtschaftlich nicht mehr vernünftig nutzbar ist. Zudem seien die Firmen Vodafone und Vantage-Towers rechtzeitig über die Veränderungen in Kenntnis gesetzt worden. Wie Eisenberg weiter ausführt, sei das Urteil des Landgerichts nicht angreifbar. Es wäre für Vodafone und Vantage Towers höchstens möglich, Verfassungsbeschwerde einzulegen. Der Inhaber der Immobilie habe nun die Möglichkeit, auf den Abbau zu bestehen. Sollte dies nicht passieren, könne er eine Zwangsvollstreckung einleiten. So weit will Karl-Otto Cord nicht gehen. Er hofft, dass Vodafone von selbst aktiv wird und die Antenne abbaut. Mit dem bevorstehenden Winter könne er ohnehin nicht mit dem Abriss der Altimmobilie beginnen. Er sagt allerdings, dass ihm mit der Gerichtsentscheidung "ein Fels vom Herzen gefallen" sei. Jetzt sei die Sach- und Rechtslage endgültig geklärt. Dass er beim Ausgang des Verfahrens eine gewisse Genugtuung empfindet, gibt er offen zu. "Hochmut kommt eben vor dem Fall", bezieht er sich auch auf das Auftreten des Vodafone-Anwalts vor Gericht. "Nur, weil ein Unternehmen groß ist, heißt das nicht, dass es Recht hat." Millionen-Investition wird noch teurer Ganz ausgestanden ist die Sache für Cord indes noch nicht. Denn durch die Verhinderung des Baubeginns seien ihm Fördergelder durch die Lappen gegangen, die Zinsen hätten sich vervierfacht und die Baukosten seien um 30 Prozent gestiegen. "Das ist keine Kleinigkeit. Wir sprechen hier von erheblichen Summen, die mir verloren gegangen sind", so der Investor. Er erwarte von Vodafone, den entstandenen Schaden angemessen zu ersetzen. Trotz aller wirtschaftlicher Unwägbarkeiten will Cord an dem 20-Millionen-Projekt festhalten - das nach aktuellem Stand wohl ein paar Millionen mehr kosten dürfe. "Ja, wir haben das fest vor, weil es ein so tolles Projekt ist", kündigt er an. Allerdings wolle er damit auch nicht pleite gehen. "Ich hoffe und gehe davon aus, dass sich die Marktlage 2023 beruhigt. Angst habe ich zwar keine, doch es dürfte ein steiniger Weg werden. Und Sie können mir glauben, uns beschäftigt dieses Projekt jeden Tag." Dass es nun ein abschließendes Gerichtsurteil gibt, erleichtere ihn sehr. "Wenn sich Vodafone nicht rührt, kann ich notfalls immer noch einen Gerichtsvollzieher einschalten und die Antenne abreißen lassen." So weit wird es nach Aussage von Vantage Towers nicht kommen müssen. "Wir bedauern die Entscheidung des Landgerichts, werden dem Urteil aber selbstverständlich Folge leisten und den Standort so schnell wie möglich abbauen", sagt Unternehmenssprecher Robin Hagenmüller. Dies habe Vantage Towers bislang nur aus dem Grund nicht getan, um die Mobilfunkversorgung in Werther aufrecht zu erhalten. Man sei weiterhin auf der Suche nach einem Ersatzstandort. "Bis dahin bemühen wir uns, eine mobile Anlage zu stellen. Temporäre Einschränkungen in der Mobilfunkversorgung werden sich aber leider nicht verhindern lassen", bedauert er.

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